Der Wiehltalbrückenunfall-ein Lehrstück der Unfallrekonstruktion

Am 26.08.2004 kam es zu einer Kollision zwischen einem PKW und einem Tanklastzug, der sich zu einem Horrorszenario bei denUnfallbeteiligten, auch den beteiligten Versicherungen, entwickelte. Der Tanklastzug stürzte in die Tiefe und brannte dort völlig aus. Es kam zu einem enormen Substanzschaden an der Brücke.

Der Unfallhergang war lange Zeit streitig. Bei einem Dozenten unseres Fachanwaltslehrgangs, Herrn Sachverständigen Dipl.-Ing. Alexander Wiek, stieß ich auf einen Beitrag zu diesem Thema, der hier online abrufbar ist.

Der Beitrag ist meines Ermessens eine Pflichtlektüre für jeden Verkehrsrechtler und Strafverteidiger.  Er zeigt, dass inbesondere Sachverständigengutachten immer kritisch hinterfragt werden müssen, auch wenn “alles passt” (oder gerade dann….). Es waren diverse Gutachten eingeholt worden. Der Erstgutachter hatte Reifenspuren gefunden, die er für eine Schleuderspur hielt und dem BMW zuordnete; erstaunlich war, dass diese Spuren zunächst nicht sichtbar waren bzw. wegen des Zustands und der Hitzeentwicklung nicht gesichert werden konnten, sondern erst im Rahmen einer Nachbesichtigung 4 Tage später “entdeckt” wurden.  Weitere Gutachter hinterfragten dies nicht und orientierten sich an dieser Spur. Erst SV Wiek fand dann heraus, dass es sich um Bergungsspuren handelte, die durch das Abschleppunternehmen verursacht wurden, welches den BMW mittels Seil von der Brücke zog. Die Polizei hatte ein Betreten nicht erlaubt. Erst nachdem diese Spur aus den Überlegungen herausgenommen wurde, gelang eine vollständige und widerspruchsfreie Unfallrekonstruktion.

Auch mir liegt derzeit so ein Fall vor. Dem Mandanten wird der Vorwurf der fahrlässigen Körperverletzung gemacht. Als Fahrer eines älteren Fahrzeugs soll er mit überalteten Reifen auf der Autobahn einen Reifenplatzer erlitten haben. Er blieb mit dem Fahrzeug auf der Überholspur liegen, in der Folge rasten zwei weitere Fahrzeuge mit nicht angepasster Geschwindigkeit bei Dunkelheit in die Unfallstelle. Hierbei wurden er und seine Freundin schwer verletzt. Der hinzugezogene Sachverständige stellte nach aufwändiger Nachfrage beim Reifenhersteller das angeblich wahre Alter der Reifen fest. Ohne weiteres war das Alter der Reifen nicht feststellbar (und wer weiß schon, was eine DOT-Nummer ist und wie diese zu lesen ist…). Außerdem war das in den Niederlanden zugelassene Fahrzeug nicht mal einen Monat vorher bei einem dem deutschen TÜV/DEKRA vergleichbaren Organisation vorgeführt worden,  die keine Beanstandungen hatte. Lediglich das Reifenprofil wurde als auffällig notiert. In Unkenntnis dieses Umstands wurde vom zuständigen Staatsanwalt Strafbefehl beantragt, dessen Erlaß aber nach Eingang unserer Schutzschrift vom Strafrichter abgelehnt wurde. Wie man sieht, kann bereits ein kleines Detail dem Sachverhalt eine ganz andere Richtung geben.

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