Der BGH hatte im Urteil vom 15.04.2008, Az. 4 StR 639/07 Gelegenheit, zum Thema Fahruntüchtigkeit bei Drogenkonsum Stellung zu nehmen. Der Angeklagte – heroinabhängig – hatte einen Diebstahl begangen und war mit seinem PKW geflüchtet, dabei aber durch einen Detektiv verfolgt worden. Der Angeklagte flüchtete mit seinem Fahrzeug u.a. auf eine Ampel zu, die für ihn Rotlicht anzeigte. Als er sich nach hinten zu seinem Verfolger umdrehte, überfuhr eine Fußgängerin, die gerade bei Grünlicht über die Kreuzung ging. Der BGH hat eine Verurteilung u.a. wegen Verstosses gegen § 315 c Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StGB aufgehoben, weil die Feststellungen des Landgerichts nicht ausreichend seien, um absolute Fahruntüchtigkeit anzunehmen.
“Da sich die “absolute” von der “relativen” Fahruntüchtigkeit allein in ihrem Nachweis unterscheidet (BGHSt 31, 42, 44), erscheint bereits fraglich, ob außerhalb des Bereichs der unwiderlegbaren Vermutung der Fahruntüchtigkeit auf Grund eines Blutalkoholgrenzwerts der Begriff der “absoluten” Fahruntüchtigkeit überhaupt Verwendung finden kann. In Extremfällen (z.B. der blinde Fahrzeugführer) mag dies zutreffen; ein solcher Extremfall lag hier aber jedenfalls nicht vor. Relative Fahruntüchtigkeit (genauer: Fahrunsicherheit), wie sie hier allein in Betracht zu ziehen ist, setzt voraus, dass die Gesamtleistungsfähigkeit des Fahrzeugführers infolge geistiger und/oder körperlicher Mängel soweit herabgesetzt ist, dass er nicht mehr fähig ist, sein Fahrzeug im Straßenverkehr eine längere Strecke, auch bei Eintritt schwieriger Verkehrslagen, sicher zu steuern (BGHSt 13, 83, 90; 44, 219, 221). Zwar ist – wie bei rauschmittelbedingter Fahrunsicherheit – nicht unbedingt erforderlich, dass sich die körperlichen bzw. geistigen Mängel in Fahrfehlern ausgewirkt haben. Vielmehr können unter Umständen zum Nachweis der Fahrunsicherheit auch sonstige Auffälligkeiten im Verhalten des Fahrzeugführers genügen, sofern sie konkrete Hinweise auf eine schwerwiegende Beeinträchtigung seiner psychophysischen Leistungsfähigkeit, insbesondere seiner Wahrnehmungs- und Reaktionsfähigkeit geben (vgl. BGHSt 31, 42, 44 f.; 44, 221 f.).”
Zu Recht nimmt der BGH hier eine Differenzierung zwischen Fahruntüchtigkeit aufgrund Alkohols und wegen Drogen vor. Wann bei Alkoholkonsum absolute Fahruntüchtigkeit vorliegt, ist durch den bekannten Grenzwert festgelegt. Bei Drogen gibt es aber keinen solchen Grenzwert. Dies führt dazu, dass in aller Regel anhand vieler Kriterien überprüft werden muss, ob Fahruntüchtigkeit vorlag oder nicht. Wie schwierig das ist, zeigen die Urteilsgründe deutlich.
Gerade bei Drogenkonsum sind die Grenzwerte aber sehr umstritten. Dies gilt nicht nur für den Bereich der Fahrtüchtigkeit, sondern auch für die Frage der Fahrungeeignetheit im Fahrerlaubnisrecht. Ein Teil der Rechtsprechung greift bei Cannabiskonsum auf 1,0 ng/ml THC zurück, der für die Verwirklichung von § 24a StVG – maßgeblich ist. Andere Gerichte nehmen erst bei 2,0 ng/ml THC eine Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit an.