Der Bundesgerichtshof (Urteil vom 25.03.2009, Az. XII ZR 117/07) hatte erneut Gelegenheit, zu diversen Streitpunkten im Mietwagengeschäft Stellung zu nehmen. Allerdings muss bei der Lektüre der Urteilsgründe der Sachverhalt berücksichtigt werden, insbesondere das schon länger zurückliegende Unfalldatum.
Im entschiedenen Fall (Unfalldatum Juni 2005) stellte das klagende Mietwagenunternehmen dem später verklagten Unfallgeschädigten ein Mietfahrzeug zur Verfügung. Dies war zunächst für die vorgesehene Dauer der Reparatur von 7 Tagen geplant. Die Klägerin bezeichnete den verwendeten Tarif als “Unfallersatztarif”. Der Mietwagen wurde für die Dauer von 16 Tagen zur Verfügung gestellt und mit ca. 2.900,00 € berechnet. Als Normaltarif hatte das Landgericht zugrundegelegt die Schwacke-Liste 2003 in Form einer Wochenpauschale sowie 9 x 1- Tagestarif. Außerdem wurden Nebenkosten berechnet für Vollkaskoversicherung, Zustellung/Abholung sowie für einen Zusatzfahrer.
Der Mieter weigerte sich, über die Zahlung der Haftfpflichtversicherung hinaus selber Zahlungen zu leisten. Er warf dem Mietwagenunternehmen vor, seine Aufklärungspflicht verletzt zu haben. Dies stellte der BGH in Fortführung seiner Rechtsprechung auch entsprechend fest, denn der Autovermieter habe, wenn er einen über dem Normaltarif liegenden Tarif berechne, auf die damit zusammenhängenden Risiken hinzuweisen. Andernfalls habe der Mieter einen aufrechenbaren Schadensersatzanspruch. Insoweit hat der BGH nichts neues entschieden. Er stellte nur klar, dass es eine Aufklärungspflicht nicht erst dann gebe, wenn der Normaltarif zuzüglich 30 % überschritten werde (das LG hat einen solchen Spielraum angenommen).
Auf aktuelle Fälle ist das Urteil nicht ohne weiteres übertragbar; der BGH spricht davon, dass die Aufklärungspflicht den “wissenden” Vermieter gegenüber einen “unwissenden” Mieter trifft. Angesichts der seit Jahren ausufernden Diskussion über die Mietwagentarife muss sich ein Geschädigter schon die Frage gefallen lassen, ob er denn “Unwissender” ist.
Interessant ist allerdings, dass der BGH nicht beanstandet hat, dass das Landgericht zur Berechnung des Normaltarifs die Schwacke-Liste heranzog und auch die Zusatzleistungen akzeptierte. Aufgrund des Unfalldatums dürfte die von der Versicherungswirtschaft gerne in’s Spiel gebrachte Fraunhofer-Untersuchung aus 2008 auch keine Rolle spielen. Ebenfalls erwähnenswert ist, dass die Berechnung mit dem Wochentarif und anschließend dem Tagestarif für jeweils neun Mal einem Tag gebilligt wurde. Der BGH bringt deutlich zum Ausdruck, dass ein Anspruch auf eine Berechnungsmethode mit der “für die gesamte Vertragsdauer günstigsten Mietwagentarif” nicht begründet sei. Das ist in Fällen wichtig, in denen die Reparatur oder Ersatzbeschaffung länger dauert, als dies der Sachverständige anfangs geschätzt hat. Dies ist sehr häufig der Fall bei fehlenden Ersatzteilen, Personalausfällen der Reparaturwerkstatt oder – aktuell – Beschaffungsproblemen aufgrund der Umweltprämie. Da diese Punkte immer wieder pauschal und falsch bei Abrechnungen von Haftpflichtversicherungen nicht zugrundegelegt werden, sollen die Urteilsgründe hier vollständig zitiert werden:
“Soweit es danach auf die Höhe des in Ansatz zu bringenden örtlichen Normaltarifs ankommen sollte, weist der Senat darauf hin, dass gegen die von dem Berufungsgericht für den vorliegenden Mietvertrag durchgeführte Berechnung des Normaltarifs keine Bedenken bestehen. Insbesondere durfte das Berufungsgericht zur Ermittlung des Normaltarifs von dem sog. gewichteten Normaltarif nach dem Schwacke-Automietpreisspiegel 2003 für das jeweilige Postleitzahlengebiet der Beklagten ausgehen, der hierfür einen geeigneten Anknüpfungspunkt darstellt (BGH Urteil vom 4. Juli 2006 – VI ZR 237/05 – NJW 2006, 2693). Auch die Berechnung des Normaltarifs für die Mietdauer von sechzehn Tagen auf der Grundlage eines Wochentarifs von 657 € und weiteren neun Einzeltagen à 145 € = 1.305 € ist, entgegen der Ansicht der Revision, nicht zu beanstanden. Bei der Ermittlung des vergleichbaren örtlichen Normaltarifs ist auf die zwischen den Parteien vereinbarte Mietvertragsdauer abzustellen. Diese haben die Parteien zunächst auf ca. eine Woche angesetzt. Sie sollte aber für die gesamte Reparaturdauer, somit ggf. auch länger als eine Woche gelten und folglich nach Ablauf von einer Woche täglich beendet werden können. Angesichts dieser vertraglichen Vereinbarungen ist es nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht für die Miettage nach Ablauf einer Woche den Tagestarif für den Mietwagen angesetzt hat. Ein Anspruch auf den von der Revision verlangten, in der Rückschau für die gesamte Vertragsdauer günstigsten Mietwa-gentarif ist nach dem Mietvertrag nicht begründet.
Die weiter von dem Berufungsgericht zu dem so ermittelten Normaltarif auf der Grundlage der Nebenkostentabelle zum Schwacke-Automietpreisspiegel 2003 addierten Kosten für die zusätzlich vereinbarte Zustellung und Abholung des Fahrzeugs von 32 € (2 x 16 €), sowie die Vollkaskoversicherung für eine Woche von 147 € und neun Tage à 21 € (189 €) sind ebenfalls nicht zu beanstanden. Vielmehr können diese regelmäßig auch gemäß § 249 BGB erforderlichen Kosten grundsätzlich nach der Nebenkostentabelle zum Schwacke-Automietpreisspiegel gesondert neben dem Normaltarif verlangt werden. Für die von dem Berufungsgericht in Ansatz gebrachten Kosten für einen Zusatzfahrer in Höhe von 10 € fehlt es allerdings an einer Feststellung dazu, dass die Parteien einen Zusatzfahrer vereinbart haben. Sollte dies der Fall sein, wären insoweit nicht nur Kosten in Höhe von 10 €, sondern von 160 € in Ansatz zu bringen, da nach der Nebenkostentabelle zum Schwacke-Automietpreisspiegel für den Zusatzfahrer 10 € pro Miettag verlangt werden können.”