Der BGH hat in seinem Urteil vom 04.03.2009 (Az. VIII ZR 160/08; Pressemitteilung hier) entschieden, dass die Erforderlichkeit von Regenerationsfahrten bei Kurzstreckenbetrieb von Dieselfahrzeugen mit Partikelfiltern kein Sachmangel ist. Damit wurde eine Entscheidung des OLG Stuttgart abgeändert.
Die Frage ist heftig umstritten gewesen. Das OLG Stuttgart hatte darauf abgestellt, dass bei “ganzheitlicher Betrachtungsweise” ein Mangel im Sinne des § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB vorliege. Hierbei wurde die Vergleichsgruppe aller Dieselfahrzeuge – also auch anderer Hersteller – genommen und gefragt, ob diese generell nicht kurzstreckentauglich seien. Der “nicht gezielt aufgeklärte Duchschnittskäufer” gehe bei einem Dieselfahrzeug von einer uneingeschränkten, nicht durch Regenerationsfahrten unterbrochenen Kurzstreckentauglichkeit aus. Der Einbau eines Partikelfilters diene nach seiner Vorstellung nur der Verringerung des Schadstoffausstoßes.
Der BGH hat demgegenüber als Vergleichsgruppe “Fahrzeuge mit Partikelfilter” herangezogen. Da nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgericht nach Einholung eines Sachverständigengutachtens die Fahrzeuge aller Hersteller mit Partikelfilter nicht kurzstreckentauglich seien, liege kein Mangel vor. Außerdem komme es für die Ermittlung der zu erwartenden Beschaffenheit weder auf die konkret vorhandene Vorstellung des Käufers an noch auf einen durchschnittlichen technischen Informationsstand. Da alle Fahrzeuge vergleichbarer Bauart mangelnde Kurzstreckentauglichkeit aufwiesen, fehle es schon einer Grundlage für eine entgegenstehende Erwartung.
Das Urteil liegt noch nicht vollständig in schriftlicher Form vor. Allerdings dürften die oben verkürzt wiedergegebenen Standpunkte dazu führen, dass der Mangelbegriff – insbesondere was die Auslegung der Tatbestandsmerkmale des § 434 Abs. 1 Ziffer 2 BGB angeht – neu diskutiert werden muß. Zu dieser Thematik haben sich ähnlich kritisch bereits Reinking/Eggert, Der Autokauf, 10. Auflage, Rnr. 209 ff., geäußert.
Ergänzung 05.03.2009: Der Rechtsstreit wurde allerdings an das OLG zurückverwiesen, da das OLG nun in tatsächlicher Hinsicht überprüfen muß, ob – wie vom Kläger vorgetragen – das System mangelhaft ist.
Update 30.09.2009: Das OLG Hamm (Urteil vom 19.03.2009, Az. I-2 U 194/08) hat sich nunmehr der Auffassung des BGH angeschlossen; außerdem ist das OLG der Auffassung, dass ein mangelhaftes Handbuch, welches auf die Problematik nicht hinweist, nur eine Bagatelle darstellt, die nicht zum Rücktritt berechtigt (zitiert nach ADAJUR Newsletter vom 29.09.2009).
das BGH-Urteil bezieht sich auf “Kurzstreckeneinsatz” ! Was ist, wenn ich überwiegend lange Strecken fahre und kaum Kurzstrecken … ?!
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