Die beinahe klassische Unfallsituation: Ein Linksabbieger stößt mit einem überholenden Fahrzeug zusammen. Das Amtsgericht Heinsberg hat mit Urteil vom 21.08.2009, Az. 14 C 80/09 (nicht rechtskräftig), dem Abbieger die Alleinhaftung auferlegt.
Das AG bestätigt auch die von einer anderen Abteilung des AG Heinsberg aufgestellte Rechtsauffassung, dass bei einem Totalschaden Nutzungsausfall ohne Nachweis der Ersatzbeschaffung gefordert werden kann.
Das Urteil kann nachfolgend im Volltext gelesen oder hier als pdf heruntergeladen werden.
Update 04.11.2009
Die Beklagte und Widerklägerin (Abbiegende) hat den Mut besessen, gegen das Urteil des AG Heinsberg Berufung einzulegen und zwar nur wegen der Widerklage. Die Klageforderung ist in Rechtskraft erwachsen. Das Landgericht hat sich mit deutlichen Worten der Wertung des AG Heinsberg und unserer Auffassung angeschlossen. Der Hinweis auf einen drohenden Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO kann unten im Volltext gelesen oder hier als pdf heruntergeladen werden.
Abschrift
Verkündet am 21.08.2009
Kremers-Beckers
Justizbeschäftigte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Amtsgericht Heinsberg
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
In dem Rechtsstreit
1. des Herrn , 52525 Heinsberg,
Klägers und Widerbeklagten,
2. der J Versicherungs AG,
Widerbeklagten ,
Prozessbevollmächtigte zu 1: Rechtsanwälte Busch & Kollegen, Schafhausener Str. 38, 52525 Heinsberg,
zu 2: Rechtsanwälte Busch & Kollegen,
gegen
1. Frau ,
2. die W Versicherung AG,
Beklagten,
3. Herrn ,
Widerkläger,
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte N und Kollegen,
hat das Amtsgericht Heinsberg
auf die mündliche Verhandlung vom 08.07.2009
durch die Richterin am Landgericht Köppen
für Recht erkannt:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 2190,04 € nebst 5
% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 21.02.2009 zu zahlen. Die Beklagten
werden des weiteren als Gesamtschuldner verurteilt, den Kläger von vorgerichtlichen
Rechtsanwaltsgebührenansprüchen seiner Prozessbevollmächtigten Rechtsanwälten
Busch & Kollegen aus Heinsberg in Höhe von 272,87 € nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.02.2009 freizustellen.
Im übrigen werden Klage und Widerklage abgewiesen.
Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen die Beklagten als Gesamtschuldner zu 63 % und der Widerkläger zu 37 %. Die außergerichtlichen Kosten der Widerbeklagten zu 2) trägt der Widerkläger. Im übrigen
tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden
Betrages vorläufig vollstreckbar. Der Widerkläger kann die Vollstreckung der
Widerbeklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden
Betrages abwenden, wenn nicht die Widerbeklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in
gleicher Höhe leisten.
Tatbestand
Der Kläger und der Widerkläger verlangen wechselseitig Schadensersatz aus einem
Verkehrsunfall, der sich am 25.01.2009 auf der Pstraße in Höhe der Einmündung
zur linksgelegenen Hstraße in Heinsberg ereignet hat. Der Kläger fuhr
mit seinem Motorrad ca. 300 m lang hinter der Erstbeklagten auf der Parkstraße her,
auf der zum Unfallzeitpunkt eine Geschwindigkeit von 50 km/h zugelassen war, da es
Sonntag war. An Werktagen ist dort eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h
vorhanden. Die Erstbeklagte fuhr ca. 30 km/h. Sie bog dann nach links in die
Händelstraße ab. Im Einmündungsbereich kam es zum Zusammenstoß mit dem zu
diesem Zeitpunkt den Pkw überholenden Kläger. Der Kläger verlangt von den
Beklagten jeweils 75 % von 1700,- Wiederbeschaffungskosten für das Motorrad, von
396,77 € Gutachterkosten, von 784,- € Nutzungsausfall, von 14,28 €
Akteneinsichtspauschale, von 30,- € Unkostenpauschale und von 50,- € An- und
Abmeldekosten für das Motorrad.
Er trägt vor:
Die Erstbeklagte habe allein schuldhaft den Verkehrsunfall verursacht, da sie weder vor dem Abbiegen nach links geblinkt, noch sich nach links eingeordnet habe und ihrer
doppelten Rückschaupflicht vor dem Abbiegen nicht nachgekommen sei. Für ihn habe
weder ein Überholverbot bestanden noch eine unklare Verkehrslage.
Der Kläger beantragt,
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 2231,29 € nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit
dem 21.01.2009 zu zahlen.
ihn von Rechtsanwaltsvergütungsansprüchen der Rechtsanwälte Busch und Kollegen
aus Heinsberg in Höhe von 272,87 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über
dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 21.02.2009
freizustellen.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Der Widerkläger beantragt,
den Kläger und die Widerbeklagte zu 2. als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn
1316,54 € nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligenBasiszinssatz seit Klagezustellung zu
zahlen.
die Widerbeklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, ihn von den vorgerichtlich
entstandenen Anwaltskosten freizustellen.
Der Kläger und die Widerbeklagte zu 2. beantragen,
die Widerklage abzuweisen.
Die Beklagten und der Widerkläger tragen vor:
Der Unfall sei allein auf das Verschulden des Klägers zurückzuführen, der verbotswidrig überholt habe. Die Erstbeklagte habe bereits 10m vor einer Straßenverengung auf der Parkstraße vor der Einmündung Händelstraße geblinkt und so ihren Abbiegevorgang angezeigt. Sie habe auch die doppelte Rückschaupflicht eingehalten. Trotz des Blinkens habe der Kläger überholt und dadurch den Unfall verursacht. Nutzungsausfallentschädigung sowie An- und Abmeldekosten stünden dem Kläger nicht zu, weil er nichts zu einer Wiederbeschaffung vorgetragen habe. Die Unkostenpauschale sei übersetzt.
Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten
Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Die Akte 509 Js /09 war beigezogen
und Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß
Beweisbeschluss vom 8.07.2009, Blatt 63 ff. GA, durch Vernehmung der Zeugin R
und Anhörung des Klägers. Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das
Sitzungsprotokoll vom 08.07.2009, Blatt 63 ff. GA, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist überwiegend begründet. Die Widerklage ist zulässig, aber
unbegründet.
Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung von 2190,04 € gegenüber den Beklagten
aus den §§ 7,18 StVG, 3 PfIVG.
Da beide Parteien nicht nachgewiesen haben, dass der Unfall durch höhere Gewalt (§
7 Abs. 2 StVG) oder ein unabwendbares Ereignis (§ 17 Abs. 3 StVG) verursacht
worden ist, hängt der Umfang der Haftung von dem Ergebnis der nach § 17 Abs. 1
StVG vorzunehmenden Abwägung der Verschuldens- und Verursachungsbeiträge ab.
Hierbei dürfen zu Lasten einer Partei nur unstreitige oder bewiesene Tatsachen
berücksichtigt werden.
Der Beweis des ersten Anscheins spricht bereits für eine Verursachung des Unfalls
durch die Erstbeklagte. Sie hat gegen § 9 Abs. 1 StVO verstoßen, indem sie beim
Abbiegen nach links nicht ausreichend den rückwärtigen Verkehr beobachtet hat,
mithin ihrer doppelten Rückschaupflicht nicht nachgekommen ist. Dies ergibt sich
zwangslos aus dem Unfallgeschehen. Hätte die Erstbeklagte sich ordnungsgemäß
nach hinten über die Schulter vergewissert, hätte sie den auf seinem Motorrad
überholenden Kläger erkennen und ihren Abbiegevorgang zurückstellen können.
Diesen Anscheinsbeweis hat die Erstbeklagte nicht durch die Aussage der Zeugin
R erschüttern können. Denn die Zeugin hat zu einer ausreichenden Rückschau
der Erstbeklagten keine Angaben machen können.
Demgegenüber trifft den Kläger kein Verschulden an dem Verkehrsunfall. Es lag weder
ein Überholverbot vor, noch bestand eine unklare Verkehrslage, die dem Kläger das
Überholen untersagt hätte, § 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO. Durch Verkehrszeichen war ein
Überholen nicht verboten. Auch war dem Kläger das Überholen nicht untersagt, weil die
Erstbeklagte deutlich ihre Abbiegeabsicht durch Einordnen nach links, Verlangsamen
der Fahrtund rechtzeitiges Blinken angekündigt gehabt hätte. Die Erstbeklagte hat sich nicht nach links eingeordnet und ist mit ihrer Geschwindigkeit nicht deutlich langsamer geworden. Die Zeugin R hat ebenso wie der Kläger angegeben, die Erstbeklagte sei von rechts fahrend abgebogen. Eine Verlangsamung der Geschwindigkeit oder gar ein Abbremsen haben beide nicht festgestellt. Dass die Erstbeklagte rechtzeitig geblinkt hat, konnte das Gericht ebenfalls nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Wahrscheinlichkeit feststellen. Die Aussage der Zeugin R reicht zum Beweis nicht aus. Das Gericht bezweifelt, dass die 75 jährige Zeugin, die nie einen Führerschein besessen hat und nie selbst Auto gefahren ist, bereits vor der Straßenverengung auf ein Blinkzeichen geachtet haben bzw. dieses mitbekommen haben will, zumal es keinen Anlass gab, auf das Fahrverhalten der Erstbeklagten besonders zu achten.
Hinzu kommt, dass die Zeugin nicht neutral ist, sondern als Mutter der Erstbeklagten
auf deren Seite steht, was den Beweiswert der Aussage weiter einschränkt. Ohne dass
es hierauf ankommt, war auch unstreitig geblieben, dass die Zeugin vor Ort gegenüber
der Polizei angegeben haben soll, sie habe nichts mitbekommen.
Die Abwägung ergibt, dass der Unfall allein auf das Verschulden der Erstbeklagten
zurückzuführen ist, die gegen § 9 Abs. 1 StVO verstoßen hat. Dies haben sich der
Widerkläger und die Zweitbeklagte zurechnen zu lassen. Demgegenüber trifft den
Kläger kein Verschulden an dem Verkehrsunfall. Die Betriebsgefahr seines Motorrads
tritt hinter dem überwiegenden Verschulden der Erstbeklagten zurück.
Der Kläger kann demnach seine sämtlichen Schäden ersetzt verlangen. Dies sind
1700,- € Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert, 396,77 € Gutachterkosten,
14,28 € Akteneinsichtskosten, 25,- € Unkostenpauschale und 784,- €
Nutzungsausfallentschädigung. Hinsichtlich der Pauschale hält das Gericht nach wie
vor einen Betrag von 30,- € angesichts immer weiter sinkender Telefonkosten für
übersetzt. Nutzungsausfallentschädigung kann der Kläger unabhängig von der
tatsächlichen Wiederbeschaffung eines Motorrades verlangen (vgl. Palandt, 68.
Auflage, vor § 249, Rz. 20 ff.) Weitere Angriffe gegen die Nutzungsentschädigung sind
von Widerkläger und Beklagten nicht erfolgt. Allerdings kann der Kläger keine An- und
Abmeldekosten ohne konkreten Nachweis verlangen, da insoweit ein Schaden bei
Nichtanmeldung eines neuen Motorrades gar nicht erst entsteht. Insoweit und
hinsichtlich der Unkostenpauschale war der Schadensersatzanspruch zu kürzen. Da
der Kläger nur 75 % von allen Schäden geltend gemacht hat und sich nicht hilfsweise
auf eine 100 %ige Haftung gestützt hat, konnte ihm nicht der volle
Schadensersatzbetrag, sondern nur 75 % von 2920,05 €, mithin 2190,04 €,zugesprochen werden.
Der Zinsanspruch rechtfertigt sich aus den §§ 286, 288 BGB. Freistellung von
vorgerichtlichen Anwaltskosten kann der Kläger in Höhe von 272,87 € nach den §§
280, 286 BGB verlangen.
Aus den genannten Gründen ist die Widerklage nicht begründet.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91,92 Abs. 2 ZPO. Die Entscheidung über
die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 11,709, 711 ZPO.
Streitwert: 3547,83 €
Köppen
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– Abschrift –
Landgericht Aachen – Postfach 101946 – 52019 Aachen – 5 –
Geschäftsnummer:
5 S 237/09
Rechtsanwälte Nobis & Backes
Mühlenstraße 45
41836 Hückelhoven
Ihr Zeichen: 3/2009-23-BAITH
Sehr geehrte Herren Rechtsanwälte,
In dem Rechtsstreit
beabsichtigt die Kammer, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen
Beschluss zurückzuweisen. Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg. Die Sache hat
keine grundsätzliche Bedeutung und eine Entscheidung durch Urteil ist auch nicht zur
Rechtsfortbildung oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.
Zu Recht hat das Amtsgericht die Widerklage abgewiesen. Auf die zutreffenden und
durch das Berufungsvorbringen nicht entkräfteten Gründe der angefochtenen
Entscheidung kann zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen werden.
Das Berufungsvorbringen gibt lediglich zu folgenden ergänzenden Anmerkungen
Anlass:
Das Amtsgericht hat zu Recht festgestellt, dass dem Widerkläger kein
SChadensersatzanspruch gemäß §§ 7, 17 StVG, 832 BGB gegen die Widerbeklagten
zusteht.
Bei seiner rechtlichen Prüfung ist das Amtsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass
der Beweis des ersten Anscheins gegen die Beklagte zu 1), die Fahrerin des PKW des
Widerklägers spricht, und zwar für einen Verstoß gegen § 9 Abs. 1 StVO. Diesen
gegen ihn sprechenden Anscheinsbeweis hat der Widerkläger nicht auszuräumen
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vermocht. Dass die Beklagte zu 1) ihrer zweiten Rückschaupflicht nachgekommen ist,
konnte die Zeugin _ nicht bestätigen. Hiergegen spricht im Übrigen auch, dass die
Beklagte zu 1) den Kläger hätte bemerken müssen, wenn sie ihrer zweiten
Rückschaupflicht nachgekommen wäre. Hat sie trotz zweiter Rückschau den Kläger
nicht bemerkt, so hat sie diese nicht mit der erforderlichen Sorgfalt gehalten.
Abgesehen hiervon, liegt ein Verstoß der Beklagten zu 1) darin, dass sie den linken
Blinker nicht gesetzt hat, dies jedenfalls nicht hat beweisen können. Das Amtsgericht ist
nach Vernehmung der Zeugin _zu dem Ergebnis gekommen, dass auf Grund der
Aussage dieser Zeugin nicht bewiesen ist, dass die Beklagte zu 1) tatsächlich den
linker Blinker betätigt hat. An dieses Beweisergebnis ist die Kammer gemäß § 529 ZPO
gebunden, da weder die Beweisaufnahme noch die Beweiswürdigung Verfahrensfehler
aufweisen.
Nach der Regelung des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hat das Berufungsgericht grundsätzlich
die vom erstinstanzlichen Gericht festgestellten Tatsachen der eigenen Entscheidung
zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und
Vollständigkeit der Feststellung der Tatsachen begründen. Konkrete Anhaltspunkte für
renler- oaer iuckennafre Feststeilungen aes erstinstanzilcnen Gencmes nesterten, wenn
die Tatsachenfeststellung verfahrensfehlerhaft gewonnen wurde, die Beweiswürdigung
gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstößt, gerichts- oder
allgemein bekannte Tatsachen bei der Beweiswürdigung keine Berücksichtigung
erfahren oder materiell-rechtliche Fehler Auswirkungen auf die Tatsachenfeststellung
haben, wie beispielsweise die Verkennung der Beweislast (OLG Saarbrücken NJW-RR
2003, 139; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 62. Aufl. 2004, § 529
Rdnr.3; Zöller-Gummer/Heßler, ZPO, 26. Aufl. 2007, § 529 Rdnr.2.). Diese
Neuregelung hat dabei nicht die Zu lässigkeit neuer Beweismittel oder neuen
Tatsachenvortrages zum Gegenstand, sondern zielt auf eine Stärkung des
erstinstanzlichen Erkenntnisprozesses, indem die Feststellung der Tatsachen nur unter
bestimmten Voraussetzungen von dem Berufungsgericht überprüft und selbst neu
vorgenommen werden dürfen. Eine vom Beweisergebnis des Amtsgerichts
abweichende Bewertung ist danach nur möglich, wenn dessen Tatsachenfeststellung
fehlerhaft gewesen ist, das heißt entweder Beweisantritte übergangen oder die
Beweiswürdigung selbst in dem oben genannten Umfang fehlerhaft ist, so dass Zweifel
an der Richtigkeit der Feststellung begründet sind. Dies ist jedoch nicht der Fall. Zwar
hat die Zeugin _ bekundet, dass die Beklagte zu 1) den Blinker gesetzt habe.
Jedoch hat das Amtsgericht dargelegt, weshalb es der Aussage der Zeugin nicht zu
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folgen vermag. Die insofern vom Amtsgericht ausgeführten Argumente überzeugen
auch. Die – 75 Jahre alte – Zeugin, die nach eigenem Bekunden nie einen Führerschein
besessen hat, will den Blinker nicht nur gehört, sondern auch den “Pfeil” gesehen
haben. Dass ein Beifahrer – ohne besonderen Anlass – derart auf das Fahrverhalten
des Fahrzeugführers achtet, ist bereits ungewöhnlich. Noch ungewöhnlicher erscheint
es bei einer Person, die selbst kein Fahrzeug führen darf. Hinzu kommt, dass sie
derartige Angaben an der UnfallsteIle nicht gemacht hat. Berücksichtigt man ferner,
dass die Zeugin als Mutter der Beklagten zu 1) ein Interesse am Ausgang des
Rechtsstreites hat, im Übrigen der Kläger nach seinen Angaben keinen Blinker
wahrgenommen hat, so ist die Aussage der Zeugin _ zur Beweisführung nicht
ausreichend. Das danach allenfalls bestehende non-liquet geht zu Lasten des
Widerklägers, welchem die Beweisführung obliegt.
Da mithin dem – nicht unerheblichen – Verschulden der Beklagten zu 1) und der vom
Fahrzeug des Widerklägers ausgehenden Betriebsgefahr auf Seiten des Klägers
lediglich die Betriebsgefahr seines Motorrades gegenübersteht, ist nicht zu
beanstanden, dass das Amtsgericht diese gänzlich hat zurücktreten lassen.
Es wird Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 3 Wochen ab Zugang gegeben.
Gleichzeitig wird angefragt, ob die Berufung aus Kostengründen zurückgenommen
wird.
Mit freundlichen Grüßen
Napierala
Vizepräsident des Landgerichts