Das AG Walsrode hat mit Beschluß vom 15.02.2013 meinen auf Einsichtnahme in die Bedienungsanleitung, das “Lebensbuch” bzw. technische Unterlagen und die digitalen Daten gerichteten Antrag abgelehnt. Die Entscheidungsgründe sind “nach Cierniak” als prähistorisch zu bezeichnen. Das Gericht vermag nicht zwischen Akteneinsichtsgesuch und den Anspruch auf rechtliches Gehör zu differenzieren. Schlicht widersprüchlich und unlogisch ist die Begründung, warum keine Einsicht in die technische Dokumentation des Geräts oder die digitalen Messdaten gewährt wird – ich hätte ja schließlich keinen Fehler aufgezeigt. Dabei ist doch gerade die Einsicht in diese Unterlagen erforderlich, um die Messung überprüfen zu lassen !
Die erste Hauptverhandlung wird kurz. Der Antrag wird dort wiederholt werden. Sollte er abschlägig beschieden werden, ist der Weg in die Rechtsbeschwerde vorgezeichnet.
Hier die Entscheidung:
Amtsgericht
WalsrodeBeschluss
In der Bußgeldsache
gegenVerteidiger:
Rechtsanwalt Jürgen Frese, Schafhausener Straße 38, 52525 Heinsbergwegen Ordnungswidrigkeit
hat das Amtsgericht Walsrode durch den Richter am Amtsgericht Gruß am
15.02.2013 beschlossen:Der Antrag des Betroffenen vom 08.02.2013 auf gerichtliche Entscheidung wird auf
seine Kosten als unbegründet zurückgewiesen.Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Gründe:
Eine Übersendung der Bedienungsanleitung im Rahmen einer Akteneinsicht in die
Kanzleiräume des Verteidigers kommt nicht in Betracht. Die Bedienungsanleitung ist
kein Aktenbestandteil.
Gegenstand des Akteneinsichtsrechts sind die dem Gericht vorliegenden oder ihm im
Fall einer Anklage vorzulegenden Akten, wozu das gesamte vom ersten Zugriff an
gesammelte Beweismaterial, einschließlich etwaiger Bild- und Tonaufnahmen, die
gerade in dem gegen den Angeklagten gerichteten Ermittlungsverfahren angefallen
sind, zählt. Eine Bedienungsanleitung stellt kein solches in einem
Ermittlungsverfahren gesammeltes Beweismaterial dar, welches dem Gericht als
Aktenbestandteil im Fall einer Anklage vorzulegen wäre (vgl. Beschluss OLG Celle
vom 11.09.2012, 311SsRs124/12).
Sollte sich der Verteidiger nicht dazu entscheiden wollen, die Bedienungsanleitung
beim Hersteller des Geschwindigkeitsmessgerätes (LEIVTEC Verkehrstechnik GmbH
in Wetzlar) zu einem Kaufpreis von 25,- Euro zzgl. 4,- Euro Versandkosten zzgl.
Mehrwertsteuer käuflich zu erwerben – diese Entscheidung ist dem Verteidiger
selbstverständlich unbenommen -, hat er eine Reihe von Möglichkeiten der Einsicht in
die Bedienungsanleitung. So kann er die Bedienungsanleitung in den Räumen der
Verwaltungsbehörde einsehen. Dies gilt auch für den Fall einer weiten Entfernung
zwischen dem Sitz der Verwaltungsbehörde und der Niederlassung des Verteidigers
(Beschluss OLG Hamm vom 03.09.2012, 3 RBs 235/12). Einen Anspruch darauf,
dass ihm Kopien der im Original für die Behörde unentbehrlichen
Bedienungsanleitung zugesandt werden, hat ein Verteidiger nicht (vgl. Landgericht
Aachen, Beschluss vom 01.02.2012, 62 Qs 8/12). Gleiches gilt für eine beantragte
Übersendung der in Papierform vorliegenden Bedienungsanleitung per Email. Ferner
ist das Gericht bereit, dem Verteidiger – nach Voranmeldung – auf der Geschäftsstelle
der Strafabteilung des Amtsgerichts Walsrode Einsicht in die dem Gericht vorliegende
Bedienungsanleitung zu gewähren.
Zudem ist darauf hinzuweisen, dass die Bedienungsanleitung auch als pdf-Datei
angefordert werden kann unter www.leivtec.deLde/service, Unterpunkt “Dokumente”.
Eine Gewährung von Einsicht in eine so genannte Lebensakte des Messgerätes ist
schon deshalb ausgeschlossen, da eine solche auch gerichtsbekannt für das
1verwendete Messgerät nicht geführt wird. Auch besteht keine Veranlassung für eine
‘Übersendung von etwaig vorhandenen Reparatur- oder Wartungsunterlagen, denn
einem solchen Begehren wäre möglicherweise allenfalls dann nachzugehen, wenn
Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Fehlmessung bestehen. Gleiches gilt für die
beantragte Übersendung des kompletten Beweisdatensatzes der Messserie. Da
solche Anhaltspunkte nach Aktenlage nicht vorliegen, besteht auch insoweit im
Ergebnis kein Anspruch auf Bildung eines größeren Aktenbestandes.
Hinsichtlich der vom Betroffenen angeforderten digitalen Messfotos hat er bereits
entsprechende Angebote mit Schreiben des Landkreises vom 18.01.2013 erhalten.
Gleiches gilt im Hinblick auf die Ausführungen des Landkreises zur geforderten
verwaltungsbehördlichen Anordnung.
Die Kostenentscheidung beruht auf§§ 473 Abs. 1 StPO, 62 Abs. 2 S. 2 OWiG.
Die Entscheidung über die Unanfechtbarkeit der gerichtlichen Entscheidung ergibt
sich aus § 62 OWiG.Gruß
Richter am Amtsgericht”