Das AG Erkelenz hat eine bauausführende Firma mit Urteil vom 02.04.2015, Az. 15 C 198/14, zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt. Der Geschädigte war mit seinem Fahrzeug gegen einen Stapel aus Gehwegplatten gefahren, den die Mitarbeiter der Firma bei Straßenbauarbeiten ohne Absicherung auf der Fahrbahn gestapelt hatten. Allerdings zog das Gericht einen Mithaftungsanteil von 1/3 ab, weil der Fahrzeugführer eingeräumt hatte, sich beim Abbiegen nach links mehr nach rechts denn nach links, wo der Stapel stand, orientiert zu haben.
Hier das Urteil im Volltext (Download hier):
15 C 198/14
verkündet am 02.04.2015
Amtsgericht Erkelenz
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
ln dem Rechtsstreit
Klägers,
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Busch & Kollegen,
Schafhausener Straße 38, 52525 Heinsberg,
gegen
GmbH,
Beklagte,
Prozessbevollmächtigte:
hat das Amtsgericht Erkelenz
auf die mündliche Verhandlung vom 25.02.2015
durch die Richterin von Papen-Hubold
für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.713,89 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.08.0214 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird weiter verurteilt, den Kläger von der Forderung des Ingenieurbüros gemäß Rechnung vom 07.04.2014 (Rechnung Nr.: RE20051401) in Höhe von 413,33 EUR freizustellen.
3. Der Beklagte wird weiter verurteilt, den Kläger von Rechtsanwaltsvergütungsansprüchen der Rechtsanwälte Busch & Kollegen aus 52525 Heinberg in Höhe von 413,64 EUR freizustellen.
4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
5. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 1/3 und die Beklagte zu 2/3.
6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Zahlung von Schadensersatz.
Die Ehefrau des Klägers, die Zeugin Andrea i, befuhr am 08.05.2014 mit dem Fahrzeug des Typs Audi Q5 TDI, amtliches Kennzeichen HS-X 2009, dessen Halter der Kläger ist, die Straße Klosterberg in Hückelhoven-Brachelen und bog von dort nach links in die Hauptstraße ein. Auf dieser befand sich zum Unfallzeitpunkt eine ca. vier Wochen zuvor von der Beklagten eingerichtete Wanderbaustelle. Auf dieser wurden Glasfaserverlegearbeiten ausgeführt, weshalb auf der rechten und linken Gehwegseite der Bürgersteig geöffnet worden war. Die entnommenen Gehwegplatten befanden sich zum Unfallzeitpunkt in einem Abstand von ca. 10-15 m vom Kreuzungsbereich Hauptstraße/Klosterberg entfernt auf der Fahrbahn auf einer 100 cm breiten und 120 cm langen Holzpalette ca. 70 cm hoch gestapelt, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob und auf welche Weise die Palette durch Warnbarken gesichert worden war. Die Zeugin fuhr mit dem klägerischen
Fahrzeug in die gestapelten Gehwegplatten hinein, wobei das klägerische Fahrzeug an der vorderen rechten Ecke beschädigt wurde. Die Zeugin rief den Kläger
zum Unfallort, der Fotoaufnahmen fertigte.
Der Kläger holte ein Privatgutachten des Ingenieurbüro ein (Bl. 10 ff. d.A.), das einen Netto-Reparaturschaden in Höhe von 3.570,84 EUR und eine Wertminderung in Höhe von 500,- EUR feststellte. Für die Erstellung des Gutachtens stellte das Ingenieurbüro am 02.06.2014 eine Rechnung über 619,99 EUR (BI.38 d.A.).
Der Kläger berechnet seinen Schaden wie folgt:
1. Netto-Reparaturschaden: 3.570,84 EUR
2. Wertminderung: 500,00 EUR
3. Gutachtenkosten: 619,99 EUR
4. Unkostenpauschale: 30,00 EUR
Gesamt: 4.720,83 EUR
Der Kläger behauptet, die Gehwegplatten hätten ohne jede Absicherung auf der Fahrbahn gelegen. Aus der Fahrtrichtung der Zeugin sei das Hindernis erst nach dem Abbiegen auf die Hauptsraße erkennbar gewesen, zumal deren Farbe -unstreitig- auch der Farbe der Straße gleiche und die Straße dort ansteige. Soweit sich auf den von der Beklagten vorgelegten Lichtbildern der Unfallstelle (Bl. 5 ff. u. 70 ff. d.A.) eine Warnbarke vor dem Hindernis erkennen lasse, sei diese erst nach dem Verkehrsunfall dort aufgestellt worden. Im Unfallzeitpunkt hätten die Barken nahe am Bürgersteig in einiger Entfernung gestanden, wie aus den von ihm gefertigten Lichtbildern vom Unfallort folge (Bl. 5 ff. und 70 ff. d.A.). Hätte sich dort vor dem Gehwegplattenstapel eine Warnbarke befunden, so wäre das Fahrzeug auch gegen diese gefahren und es hätte sich am Fahrzeug ein Schaden auch in mittlerer Höhe an der Fahrzeugfront ergeben müssen. Er meint, die Steine hätten dort aufgrund der nahen Kreuzung überhaupt nicht abgestellt werden dürfen, zumal dies aufgrund der örtlichen Gegebenheiten auch nicht zwingend erforderlich gewesen sei. Die Beklagte habe daher gegen ihre Verkehrssicherungspflicht verstoßen.
Er behauptet, das verunfallte Fahrzeug im Juni 2013 bei der Fa. Jacobs Automobile GmbH & Co. KG in Geilenkirchen erworben und bar bezahlt zu haben, wie sich aus dem Bestellformular (Bl. 69 d.A.) ergebe. Er habe die Beklagte mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 05.06.2014 unter Fristsetzung bis zum 16.06,2014 zur Bezahlung seines Schadens aufgefordert, wodurch ihm Kosten in Höhe von 492,54 EUR entstanden seien. Die Sachverständigenkosten in Höhe von 619,99 EUR habe er gezahlt.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.720,83 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 17.06.0214 zu zahlen;
die Beklagte zu verurteilen, ihn von Rechtsanwaltsvergütungsansprüchen der Rechtsanwälte Busch & Kollegen aus 52525 Heinberg in Höhe von 492,54 EUR freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, der Unfall beruhe allein auf Unachtsamkeit der Zeugin . Der Stapel Gehwegplatten sei ordnungsgemäß gesichert gewesen, nämlich mit einer rot-weiß schraffierten Warn-, bzw. Leitbarke mit nach unten links fallenden Streifen, wie sich auch aus den nach dem Unfall gefertigten Lichtbildern (Bl. 55 ff. d.A.) ergebe. Sie meint, die Zeugin habe entsprechend vorsichtig in den Baustellenbereich einfahren müssen, zumal sie die Baustelle gekannt habe, weil sie -unstreitig- in unmittelbarer Nähe zur Baustelle wohne. Zudem sei der Stapel auch ohne besondere Absicherung ohne weiteres zu erkennen gewesen. Sie behauptet, vor der Straßenkreuzung Hauptstraße/Klosterberg habe sich zum Unfallzeitpunkt das Hinweisschild „Achtung Baustelle“ befunden.
Die Beklagte bestreitet die Höhe des Sachschadens mit Nichtwissen. Mit Nichtwissen bestreitet sie zudem die Eigentümerstellung des Klägers hinsichtlich des verunfallten Fahrzeugs, den Erwerb des Fahrzeugs im Juni 2013 bei der Jacobs Automobile GmbH und Co. KG sowie die Einigkeit über den Eigentumsübergang bei Fahrzeugübergabe; hierzu bestreitet sie eine entsprechende Bevollmächtigung des Verkäufers. Weiter bestreitet sie die Bezahlung der Gutachterkosten mit Nichtwissen und behauptet, das Schreiben vom 05.06.2014 nicht zu kennen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen . Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 25.02.2015 (Bl. 88 ff. d.A.) Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Die Klage ist der Beklagten am 20.08.2014 zugestellt worden.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist teilweise begründet.
Die Klage ist zulässig. Das Gericht ist sachlich gemäß §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG und örtlich gemäß § 32 ZPO zuständig, weil die Klageforderung einen Betrag von 5.000,- EUR nicht überschreitet und sich das Unfallereignis, aus dem der Kläger seine Ansprüche gegen die Beklagte herleitet, in Hückelhoven und somit im Bezirk des angerufenen Gerichts ereignete.
Die Klage hat in der Sache teilweise Erfolg.
1.
Der Kläger ist aktivlegitmiert. Aus dem von dem Kläger vorgelegten Bestellformular der Jacobs Gruppe – Audi Zentrum Aachen Jacobs Automobile GmbH & Co. KG vom 15.12.2012, der die Beklagte auch nicht entgegengetreten ist und deren Echtheit nicht in Abrede gestellt wurde, ergibt sich die Bestellung des verunfallten Fahrzeugs. Angesichts dessen hätte die Beklagte substantiiert unter Darlegung tatsächlicher Anhaltspunkte vortragen müssen, warum Zweifel an der Eigentümerstellung des Geschädigten bestehen sollten, zumal die
Eigentümerstellung des Klägers durch die Indizien der -unstreitigen- Haltereigenschaft sowie die Beauftragung des Privatgutachtens gestützt. Das Bestreiten mit Nichtwissen ist insoweit zwar gemäß § 138 Abs. 4 ZPO möglich, geschieht aber “ins Blaue hinein”, weil insoweit die Vermutung des § 1006 Abs, 1 BGB für den Kläger streitet (vgl. etwa Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 28. Februar 2013 – 4 U 406/11 – 126, 4 U 406/11 Rn. 23, juris).
2.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 3.127,22 EUR gemäß § 823 Abs. 1 BGB. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme haftet die Beklagte dem Kläger wegen der fahrlässigen Verletzung einer Schutzpflicht.
a) Diese Haftung rechtfertigt sich dort, wo jemand eine besondere Gefahrenlage schafft und erforderliche und zumutbare Maßnahmen zum Schutz Dritter vor Schädigungen vorsätzlich oder fahrlässig unterlässt und hierdurch ein Schaden verursacht wird (Sprau in: Palandt, 74. Auflage 2015, § 823 BGB, Rn. 46). Die rechtlich gebotene Verkehrssicherung umfasst diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren (BGH, Urteil vom 31.10.2006 -VI ZR 223/05-, Rn. 11, juris). Der Verkehrssicherungspflichtige muss dabei diejenigen Gefahren ausräumen oder vor ihnen warnen, die für den Benutzer, der die erforderliche Sorgfalt walten lässt, nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar sind und auf die er sich nicht oder nicht rechtzeitig einzurichten vermag (vgl. OLG Celle, Urteil vom 08. Februar 2007 – 8 U 199/06 juris). Dabei steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts gemäß § 286 ZPO fest, dass die Beklagte die auf der Fahrbahn abgestellte und mit Gehwegplatten beladene Palette im Unfallzeitpunkt nicht durch eine Warnbarke gesichert hatte und somit gegen die sie bei der Baustelleneinrichtung und dem Baustellenbetrieb treffende Verkehrssicherungspflicht verstoßen hat.
Die Zeugin hat ausgesagt, die Warnbarke sei erst nach der Kollision mit dem Gehwegplattenstapel herbeigeholt und unmittelbar vor diesem aufgestellt worden, wobei die Barke zunächst 2-3 m von dem Stapel entfernt gestanden habe. Dieser Aussage schenkt das Gericht Glauben, denn sie ist in sich schlüssig und glaubhaft vorgebracht. Zudem ist sie frei von Belastungstendenzen, denn sie beinhaltet auch die für den Kläger nachteilige Erklärung, sie, die Zeugin , habe im Unfallzeitpunkt auf von rechts kommenden Verkehr geachtet – dazu sogleich. Vor diesem Hintergrund sieht das Gericht keinen Anlass, die Aussage in Zweifel zu ziehen, zumal die Aussagen der von der Beklagten benannten Zeugen der Aussage der Zeugin auch nicht -eindeutig- widersprechen. Insofern ist die Aussage der Zeugin nicht durch die Aussagen der Zeugen und widerlegt. Der für die Baustellensicherung zuständige Zeuge hat den Standort der Barke, wie er von der Beklagten behauptet wird, nicht ausdrücklich bestätigt, sondern ausweichend geantwortet und seine Aussage immer wieder relativiert. So hat er ausgesagt, erst nach der Kollision zum Unfallort gekommen zu sein – was sich insoweit mit der Aussage der Zeugir deckt. Eine Aussage über den vorherigen Standort der Warnbarke konnte er aus eigener Wahrnehmung daher naturgemäß nicht treffen. Als er zum Unfallort kam, hätten dort Barken „im Bereich der Palette“ gestanden, wobei sich der Zeuge allerdings nicht festlegen mochte, wo genau diese aufgestellt waren. Dass der Zeuge sich gerade hieran nicht zu erinnern vermochte, spricht allerdings gegen die Glaubhaftigkeit der Aussage. Es erscheint lebensfremd und unwahrscheinlich, dass der für die Sicherung der Baustelle zuständige Mitarbeiter der Beklagten trotz des Unfalls gerade hierauf nicht geachtet haben soll. Entsprechend hat der Zeuge auch auf Nachfragen des Gerichts zum Standort der Barken bei seinem Eintreffen und zu weiteren am Unfallort anwesenden Mitarbeitern nur ausweichend geantwortet. Weiter hat er ausgesagt, der Kläger habe die Barken hin- und hergeschoben, wobei die weitere Aussage des Zeugen hierzu wenig stringent gewesen ist. Auf Nachfrage hat der Zeuge nämlich eingeräumt, ein Mitarbeiter der Beklagten habe die Barken zuvor nach links -also vom Straßenrand vor die Palette- gerückt, diese Aussage dann aber dahingehend korrigiert, lediglich gesehen zu haben, wie der Kläger die Barke zur Anfertigung der Fotoaufnahmen nach rechts geschoben habe und sich auf die Aussage zurückgezogen, über den vorherigen Standort nur mutmaßen zu können. Zugleich hat er eingeräumt, dass „schon mal die eine oder andere Barke dahin [rutsche], wo sie nicht hin soll“. Diese Aussage kann nur so verstanden werden, dass der Zeuge selbst von der ordnungsgemäßen Absicherung des Hindernisses -die er im Übrigen auch zu keinem Zeitpunkt ausdrücklich behauptet hat- nicht ausgeht. Hierzu passt schließlich auch Aussage der Zeugen Machmut Auch dieser hat die Absicherung des Palettenstapels durch eine Warnbarke nicht bekundet, sondern hat zu dem am Unfallort vorgefundnen Zustand befragt, den Standort der Barken nicht mit Sicherheit zu rekonstruieren vermocht. Stattdessen hat er ausgesagt, alle 10 m hätten Warnbarken gestanden hätten (,,/c/j weiß nur, dass die Barken alle 10 m gestanden haben“). Eine zusätzliche Barke zur Absicherung der auf der Fahrbahn stehenden Palette hat der Zeuge nicht beschrieben. Die Aussage des Zeugen Osman schließlich war bereits unergiebig. Der Zeuge hat ausgesagt, erst zum Unfallort gekommen zu sein, nachdem das klägerische Fahrzeug den Unfallort bereits verlassen hatte.
Die Unfallstelle befand sich somit nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme in einem objektiv verkehrswidrigen Zustand, weil die vorgenommenen Sicherungsvorkehrungen (aufgestellte Warnbarken lediglich am Straßenrand) nicht genügten, um den Verkehr vor der durch das Abstellen der Palette geschaffenen Gefahrensituation zu warnen, und zwar unabhängig davon, ob sich vor der Straßenkreuzung Hauptstraße/Klosterberg zum Unfallzeitpunkt das Hinweisschild „Achtung Baustelle“ befunden hat. Denn auch innerhalb einer Baustelle muss durch besondere Warnzeichen auf besondere Gefahrenquellen hingewiesen werden, wenn sie ein sorgfältiger Verkehrsteiknehmer nicht mit einem beiläufigen Blick erfassen kann (Heß in: Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 23. Auflage 2014, § 45 StVO, Rn. 19). Dabei ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Beklagte grundsätzlich verpflichtet gewesen ist, die auf der Fahrbahn aufgestellte Palette durch eine Warnbarke zu kennzeichnen. Diese Maßnahme war der Beklagten ohne weiteres zumutbar, wie der Umstand zeigt, dass die Warnbarke nach dem Unfall unmittelbar vor die Palette gerückt wurde. Sie war auch erforderlich, denn dass Aufstellen von Warnbaken hat einen weit höheren Warnwert als die bloße Kennzeichnung einer weitläufigen Baustelleneinrichtung mit dem Hinweisschild „Achtung Baustelle“, da die Warnbarke allein durch ihre Größe und die offensichtliche Abgrenzung eines Baustellenbereiches den Verkehrsteilnehmer zu erhöhter Aufmerksamkeit veranlasst und ihm bestehende Hindernisse anzeigt.
b) Die Schadensersatzverpflichtung der Beklagten besteht jedoch nur in einem um 1/3 Mitverantwortlichkeit des Klägers reduzierten Umfang, wobei sich der Kläger das Verschulden der Zeugin als Führerin des Fahrzeugs als einen die Betriebsgefahr seines Fahrzeugs erhöhenden Umstand in rechtsanaloger Anwendung von § 254 BGB auch gegenüber der Verschuldenshaftung des Beklagten zurechnen lassen muss (vgl. Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 15. Mai 2012 – 4 U 54/11 -16, 4 U 54/11 juris; Oetker in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage 2012, § 254 BGB, Rn. 5,14).
Auch die Zeugin ist ihrer im Baustellenbereich gesteigert bestehenden Sorgfaltspflicht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme (§ 286 ZPO) nicht hinreichend nachgekommen. Sie hat diejenige Sorgfalt außer Acht gelassen, die jedem verständigen Menschen obliegt, um sich selbst vor Schaden zu bewahren. § 254 BGB beruht auf dem Rechtsgedanken, dass derjenige, der die Sorgfalt außer Acht lässt, die nach Lage der Sache geboten erscheint, um sich selbst vor Schaden zu bewahren, den Verlust oder die Kürzung seines Schadensersatzanspruchs hinnehmen muss (vgl. Heinrichs in: Palandt, 74. Auflage 2015, § 254 BGB, Rn. 1,8). Die Zeugin hat selbst ausgesagt, sie habe sich auf den Verkehr konzentriert, wobei ihre Sicht durch den rechts parkenden Bus behindert gewesen sei. Sie sei dann nach links eingebogen und sogleich gegen die dort auf der Straße befindlichen Gehwegplatten gefahren. Diese Aussage kann nur dahingehend verstanden werden, dass die Zeugin ihre Aufmerksamkeit nicht in Fahrtrichtung, sondern nach rechts gerichtet hat. Insofern ist auch nach den von beiden Parteien vorgelegten Lichtbildern davon auszugehen, dass der Baustellenbereich am Unfallort ohne weiteres als solcher zu erkennen gewesen ist ~ etwas Gegenteiliges trägt auch der Kläger nicht vor. Im Baustellenbereich ist grundsätzlich eine erhöhte Aufmerksamkeit angezeigt, weil mit baustellenbedingten Einschränkungen und Hindernissen zu rechnen ist. Dabei ist vorliegend zu Gunsten der Zeugin zu berücksichtigen, dass die Gehwegplatten aufgrund ihrer von dem Fahrbahnbelag wenig unterschiedlichen Farbe nicht schon bei einem raschen Blick als Hindernis erkennbar gewesen sind. Bei der gebotenen gesteigerten Aufmerksamkeit hätte die Zeugin das Hindernis allerdings auch ohne eine entsprechende Warnbarke erkennen müssen, zumal zum Unfallzeitpunkt gute Sichtverhältnisse herrschten – es war Tageszeit und ausweislich der vorgelegten Fotografien, die nur wenige Minuten nach dem Unfall gefertigt wurden, war die Sicht auch nicht aufgrund besonderer Witterungsverhältnisse beeinträchtigt. Unter Berücksichtigung der jeweiligen Verursachungsanteile ist daher davon auszugehen, dass der Kläger 1/3 seines Schadens selbst zu tragen hat.
c) Der Kläger kann demnach von dem geltend gemachten Sachschaden einen Betrag in Höhe von 3.127,22 EUR (2/3 von 4.690,83 EUR) ersetzt verlangen, wobei hinsichtlich der Gutachtenkosten in Höhe von 413,33 EUR (2/3 von 619,99 EUR) ein Anspruch auf Freistellung und im Übrigen in Höhe von 2.713,89 EUR ein Zahlungsanspruch besteht.
Der Kläger hat seinen Schaden durch Vorlage des Privatgutachtens des Ingenieurbüros vom 02.06.2014 und dessen Rechnung vom 02.06.2014 schlüssig dargelegt, Demgegenüber ist das pauschale Bestreiten des Schadens mit Nichtwissen unbeachtlich. Soweit die Beklagte bestritten hat, dass eine Zahlung des Sachverständigenhonorars durch den Kläger erfolgt ist, war nur auf Freistellung gemäß § 257 BGB zu erkennen, weil der Kläger für die behauptete Zahlung keinen Beweis angeboten hat (Voit in: Musielak, 12. Auflage 2015, § 308 ZPO, Rn. 11).
Des Weiteren besteht kein Ersatzanspruch hinsichtlich der geltend gemachten Unkostenpauschale in Höhe von 30,- EUR. Eine Übertragung der von der Rechtsprechung für Verkehrsunfälle entwickelten Befreiung vom Schadensnachweis durch Erstattung einer Pauschale auf den vorliegenden Fall der Verkehrssicherungspflichtverletzung kommt nicht in Betracht. Die zu
Verkehrsunfällen ergangene Rechtsprechung beruht auf dem Umstand, dass es sich bei der Regulierung von Verkehrsunfällen um ein Massengeschäft handelt, bei dem dem Gesichtspunkt der Praktikabilität besonderes Gewicht zukommt. Eine generelle Anerkennung einer solchen Pauschale für anderweitige Schadensfälle ohne nähere Darlegung der getätigten Aufwendungen ist abzulehnen (BGH, Urteil vom 08. Mai 2012- VI ZR 37/11 -, juris).
3.
Zinsen gebühren dem Kläger in der beantragten Höhe aus dem ihm als Zahlungsanspruch zustehenden Betrag, jedoch erst seit Rechtshängigkeit gemäß §§291, 288 Abs. 1 ZPO, mithin seit dem 20.08.2014, §§ 261 Abs. 1, 253 Abs. 1 ZPO. Einen früheren Verzugszeitpunkt hat der Kläger nicht dargetan. Einen Beweis für den bestrittenen Zugang des Schreibens seines Prozessbevollmächtigten vom 05.06.2014 -aus dem im Übrigen die Fristsetzung in der dem Gericht vorlegten Fassung auch nicht ersichtlich ist- hat der Kläger nicht angeboten.
Kein Zinsanspruch besteht hinsichtlich des klägerischen Freistellungsanspruchs, da es sich bei diesem nicht um eine Geldschuld im Sinne des § 291 S. 1 BGB handelt.
4.
Die Beklagte schuldet dem Kläger gemäß §§ 823 Abs. 1, 249 BGB Ersatz seiner erforderlichen außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 413,64 EUR, berechnet aus einem Gegenstandswert von 3.127,22 EUR und einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr nebst Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen und Mehrwertsteuer auf die Vergütung nach Ziff. 2300, 7002 und 7008 VV-RVG. Dem Anspruch steht das Bestreiten des Zugangs des Schreibens vom 05.06.2014 nicht entgegen, weil die Rechtsverfolgungskosten bereits mit Tätigwerden des Prozessbevollmächtigten des Klägers entstanden sind und es insoweit nicht auf das Vorliegen der Verzugsvoraussetzungen ankommt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11,709 S. 1, S. 2, 711 ZPO.
Streitwert: 4.720,83 EUR.
Rechtsbehelfsbelehrung:
A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung
dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Mönchengladbach, Hohenzollernstr, 157, 41061 Mönchengladbach, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Mönchengladbach zu begründen.
Die Parteien müssen sich vordem Landgericht Mönchengladbach durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufunqsbeqründunqsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Erkelenz statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Amtsgericht Erkelenz, Kölner Str. 61,41812 Erkelenz, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.