Das AG Düren (Beschluss vom 16.08.2016) hat die Bußgeldbehörde aus zutreffenden Gründen verpflichtet, dem Betroffenen den digitalen Messdatensatz bei einer Messung mit ES 3.0 zur Verfügung zu stellen. Das Recht auf Übersendung stehe dem Betroffenen aufgrund des Grundsatzes des fairen Verfahrens zu.
Hier die Entscheidung im Volltext (Download hier):
11 OWi 235/16 OWi (b)
Amtsgericht Düren
Beschluss
In Sachen
gegen
wegen Verkehrsordnungswidrigkeit
Verteidiger: Rechtsanwalt Frese, Schafhausener Str. 38, 52525 Heinsberg
Auf den Antrag des Verteidigers auf gerichtliche Entscheidung vom 8. 7. 2016 wird der Verwaltungsbehörde aufgegeben, diesem den verfahrensgegenständlichen digitalen Datensatz zur Verfügung zu stellen.
Ein geeignetes Speichermedium ist vom Betroffenen oder seinem Verteidiger der Verwaltungsbehörde binnen 1 Woche seit Zugang dieses Beschlusses zur
Verfügung zu stellen. Das bespielte Speichermedium ist dem Verteidiger wiederum in seine Kanzleiräume zu übersenden.
Die Kosten dieses Rechtsbehelfsverfahrens sowie die innerhalb dessen entstandenen notwendigen Auslagen des Betroffenen werden der Staatskasse
auferlegt.
Gründe
Der Betroffene steht im Verdacht, am 5. 5. 2016 in H auf der als Führer eines Kraftrades die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten zu haben.
Der Verdacht gründet sich auf eine Geschwindigkeitsmessung mit dem Messgerät ESO ES 3.0.
Mit Schreiben vom 12. 5. 2016 hat die Verwaltungsbehörde dem Betroffenen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Mit Schreiben vom 13. 6. 2016 beantragte der Verteidiger des Betroffenen ihm die digitalen Messdaten zur Verfügung zu stellen. Mit Verfügung vom 5. 7. 2016 wies die Verwaltungsbehörde den Antrag zurück.
Hiergegen hat der Verteidiger mit Fax-Schreiben vom 8. 7. 2016 gerichtliche Entscheidung beantragt.
Der nach §§ 69 Abs. 1, 62 OWiG zulässige, insbesondere rechtzeitig gestellte Antrag ist in der Sache auch begründet.
Zu den Akten des Bußgeldverfahrens gehören sämtliche verfahrensbezogenen Unterlagen der Verwaltungsbehörde, einschließlich des Ausdruckes des “Tatbildes” (Beweisbild) und Ausdrucke der Darstellung des Messergebnisses , auf die der Vorwurf in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht gestützt wird. Zwar sind die im Tenor genannten Dateien nicht zur Akte genommen worden und damit nicht Aktenbestandteil im engeren Sinne geworden. Aufgrund des auch im Ordnungswidrigkeitsverfahren geltenden Grundsatz des fairen Verfahrens ist dem Betroffenen bzw. seinem Verteidiger jedoch ein Einsichtsrecht zu gewähren.
Konkrete Anhaltspunkte für eine (eventuell) nicht verwertbare Geschwindigkeitsmessung vermag der Betroffene nur geltend zu machen, wenn ihm die Möglichkeit eröffnet ist, auf breiterer Grundlage das ihn belastende Messergebnis einer Prüfung – gegebenenfalls durch die Beauftragung eines Sachverständigen – zu unterziehen. Hierzu bedarf es der Kenntnis des kompletten Messfilms und der kompletten Messdaten der Messreihe.
Die Kostenentscheidung folgt aus§§ 62 Abs. 2 Satz 2 OWiG, 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.
Diese Entscheidung ist gemäß § 62 Abs. 2 Satz 2 unanfechtbar.
Düren, 16.08.2016
Amtsgericht
Conzen
Direktor des Amtsgerichts