so titelt die Redaktion der Zeitschrift “zfS” (Zeitschrift für Schadensrecht) in Heft 3/2007, S. 170 völlig zu Recht. Dort wird eine Entscheidung des OLG München abgedruckt (Urteil vom 29.01.2007, Az. 4 St RR 222/06). Dem Angeklagten wurde vorgeworfen, am 01.03.2005 vorsätzlich ein Fahrzeug geführt zu haben, obwohl er die erforderliche Fahrerlaubnis nicht besaß. Am 21.04.2004 war dem Angeklagten die (deutsche ?) Fahrerlaubnis entzogen worden und eine Sperrfrist für die Wiedererteilung bis 15.12.2004 verhängt worden. Am 02.11.2004 erwarb der Angeklagte in der Tschechischen Republik eine neue Fahrerlaubnis. Der Angeklagte wurde freigesprochen.
Das Urteil ist deswegen erwähnenswert, weil in vergleichbaren Konstellation die Strafgerichte und Verwaltungsgerichte “auseinanderlaufen”. Der EUGH hatte in den sog. “Kapper”- und “Halbritter”-Entscheidungen den deutschen Behörden in’s Stammbuch geschrieben, daß einer nach Ablauf der Sperrfrist im europäischen Ausland erworbenen Fahrerlaubnis die Gültigkeit nicht versagt werden darf. Dies hat zum sog. “Führerscheintourismus” geführt bzw. diesen weiter gefördert. Man sollte meinen, daß mit der Entscheidung des EUGH die Sache ausgestanden wäre. Aber die Rechnung wurde nicht ohne einige “widerspenstige” Verwaltungsgerichte und Oberverwaltungsgerichte gemacht – die Behörden entzogen nach wie vor unter Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit entsprechende Fahrerlaubnisse und bekamen zumindestens in den daraufhin geführten gerichtlichen Eilverfahren Recht. Die Argumentation der Führerscheinbehörden war dabei stereotyp, daß die Fahrerlaubnis rechtsmißbräuchlich im Ausland erworben worden sei, um eine in Deutschland zu erfolgende MPU zu umgehen. Die Verwaltungsgerichte haben im Eilverfahren eine summarische Prüfung des Sachverhalts vorgenommen und insbesondere abgewägt, ob das Interesse des einzelnen Verkehrsteilnehmers das der Allgemeinheit an einem sicheren Straßenverkehrs überwiege. Und, wen wundert’s, die Abwägung ging meist zu Lasten des Führerscheininhabers aus. Man kann sich also auch mit einem EU-Führerschein derzeit nicht sicher sein, ob man ihn auf Dauer behalten wird; jedenfalls sieht man sich einer teuren, jahrelang dauernden gerichtlichen Auseinandersetzung gegenüber. In der Beratungspraxis mußte auch immer auf die Möglichkeit der Strafbarkeit hingewiesen werden.
Das OLG München hat einer solchen Interessenabwägung in strafrechtlicher Hinsicht widersprochen.
“Eine solche Interessenabwägung…..hält der Senat im vorliegenden strafrechtlichen Zusammenhang für unzulässig, weil sie möglicherweise im Einzelfall voneinander abweichende Ergebnisse erbrächte, was einer eindeutigen Bestimmbarkeit des regelmäßig im Einzelfall strafbaren Verhaltens durch den Betroffenen und damit Art. 103 Abs. 2 GG widerspräche.”
Es bleibt abzuwarten, ob sich andere Gerichte dieser Auffassung anschließen. Ich kann mich noch sehr gut an einen Gerichtstermin in Essen erinnern, wo der Richter noch nicht einmal die EUGH-Rechtsprechung kannte. Nach dem Motto “das haben wir hier immer schon so gemacht” wurde die Mandantin verurteilt; leider hat sie sich aus finanziellen Gründen gegen eine Berufung/Revision entschieden.
In der Beratungspraxis kann daher nach wie vor nicht “Entwarnung” und den Mandanten eine verläßliche Beurteilung der Rechtslage gegeben werden – oder, um es mit dem OLG München zu sagen
“erscheint dies auch dem erkennenden Senat unbefriedigend, ist allerdings….solange hinzunehmen, wie die entsprechende Gesetzeslage besteht.”
In der Tat, unbefriedigend.
[…] gesträubt, wurden aber vom EUGH dazu verpflichtet, die FE anzuerkennen. Ich hatte hier schon darüber […]