Mühelose Zugänglichkeit

Weise Worte des LG Krefeld (Urteil vom 18.03.2010, Az. 3 S 30/09, NJW 2010, 3040) zum Thema “Mühelose Zugänglichkeit der Reparatur in freier Fachwerkstatt”:

“Der Geschädigte muss sich jedoch auf eine ihm mühelos ohne Weiteres zugängliche günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit verweisen lassen. Das gebietet die auf § 254 II BGB beruhende Schadensminderungspflicht des Geschädigten. Der Auffassung der Bekl. ist darin zuzustimmen, dass das auch der Fall sein kann, wenn die Reparaturmöglichkeit bei einer nicht markengebundenen, freien Fachwerkstatt besteht. Denn entscheidend ist nicht die Vertragsbindung der Werkstatt, sondern allein die Qualität der dortigen Reparatur und deren Erreichbarkeit für den Geschädigten. Beides kann bei einer freien Fachwerkstatt ebenso gegeben sein wie bei einer Vertrags-Fachwerkstatt (vgl. hierzu BGH, NJW 2010, 606).

Ob eine solche Reparaturmöglichkeit bestanden hat, muss die Bekl. als Schädigerin darlegen und beweisen. Das ist ihr im vorliegenden Fall nicht gelungen. Dabei kann dahinstehen, ob die Reparatur in den von der Bekl. benannten Betrieben (S-Kfz-Reparaturen; Lackierzentrum K-GmbH) tatsächlich gleichwertig mit der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt gewesen wäre. Denn diese Reparatur war der Kl. nicht ohne Weiteres mühelos als gleichwertige Möglichkeit zugänglich. Zum mühelosen Zugang gehört nicht nur, dass die Kl. die Reparatur problemlos zu den von der Bekl. genannten Konditionen hätte realisieren können, sondern auch, dass sie ohne Mühe – und insbesondere ohne eigene erhebliche Recherche — hätte erkennen können, dass die Reparatur tatsächlich gleichwertig gewesen wäre (OLG Düsseldorf, NJW 2008, 3366 = DAR 2008, 523). Denn der Geschädigte als Herr des Restitutionsgeschehens soll nicht gezwungen sein, nach Einholung eines Sachverständigengutachtens langwierige Recherchen zur Gleichwertigkeit durchzuführen. Die Erkennbarkeit war hier aber nicht gegeben. Dazu wäre es, wie bereits das AG festgestellt hat, erforderlich gewesen, dass die Bekl. der Kl. konkrete, die Gleichwertigkeit betreffende Angaben hätte zukommen lassen -etwa, ob es sich um eine Meistwerkstatt handelte, ob diese zertifiziert war, ob Original-Ersatzteile Verwendung fanden, über welche Erfahrung man bei der Reparatur von Unfallfahrzeugen verfügte und dergleichen. Dass es auf diese Angaben ankommt, macht auch der Schriftsatz der Bekl. vom 4. 8. 2008 deutlich, in dem die behaupteten Qualitätskriterien im Einzelnen aufgelistet sind. Dies führt aber nicht zur gebotenen Erkennbarkeit. Vielmehr wäre es Sache der Bekl. gewesen, der Kl. bereits vorprozessual konkrete Angaben zukommen zu lassen.

Die Kl. benötigte diese Angaben, um mühelos im Sinne der Rechtsprechung des OLG Düsseldorf ihre Dispositionsentscheidung treffen zu können, die naturgemäß auch davon abhing, wie hoch ein im Fall der Nicht-Reparatur zu erwartender Ersatzanspruch sein werde. Im August 2008, fast ein halbes Jahr nach dem Unfall vom 21. 2. 2008, war die Dispositionsentscheidung längst getroffen. Die Angaben in dem vorprozessualen Schreiben der Bekl. an die Kl. vom 17. 3. 2008 und dem beigefügten Gutachten der Firma „C E” sind unzureichend. Daraus ist nur zu entnehmen, dass in den genannten Werkstätten (S-Kfz-Reparaturen und Lackierzentrum K-GmbH) die Reparatur nach den Empfehlungen und Richtlinien der Hersteller durchgeführt werde und es sich bei der Lackierzentrum fC-GmbH um einen ZFK-Fachbetrieb handele.

Nach der Auffassung der Kammer kann dahinstehen, ob sich aus diesen Angaben – wie die Bekl. in der Berufungsbegründung vorbringt – die Gleichwertigkeit der Reparatur in den genannten Betrieben entnehmen lässt. Jedenfalls konnte dies die Kl. nicht ohne weitere Recherche und damit gerade nicht mühelos erkennen.”

 

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