Das AG Heinsberg hat mit Urteil vom 12.12.2012 einem Unfallgeschädigten den restlichen Ersatz von Sachverständigenkosten zugesprochen. Es ging um sage und schreibe fast 33,00 €, um die sich eine Versicherung prügeln wollte, die sich wohl verrechnet hat (wurde hier berichtet). Ich hoffe, dass dies nun ein Ende hat.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, die Berufung wurde zugelassen.
Hier das Urteil:
Amtsgericht Heinsberg
Im Namen des Volkes
URTEIL
hat das Amtsgericht Heinsberg
im vereinfachten Verfahren gemäß § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung am
12.12.2012
durch die Richterin Dörr
für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 32,13 Euro hebst Zinsen in
Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
29.08.2012 zu zahlen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten darf die Vollstreckung
gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteil zu
vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der
Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu
vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger macht gegen die Beklagte als Kfz-Haftpflichtversicherer restliche
Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall vom 27.6.2012 in Selfkant
geltend. An diesem Tag verursachte der Halter des Fahrzeugs der bei
der Beklagten haftpflichtversichert ist, einen Unfall, bei dem das Kfz des Klägers mit
dem amtlichen Kennzeichen . zu Schaden kam. Die Alleinhaftung der
Beklagten ist dem Grunde nach unstreitig. Die Parteien streiten nur noch um den
vollständigen Ausgleich der Sachverständigenvergütung.
Der Kläger beauftragte zur Schadensfeststellung aufgrund des Unfalls vom
27.6.2012 das Sachverständigen-Büro a Die ·Gutachtenerstellung wurde
ihm mit 831,81 Euro brutto in Rechnung gestellt. Die Beklagte regulierte die Kosten
der Gutachtenerstellung in einer Höhe von 799,68 Euro, so dass ein offener Betrag
von 32,13 Euro besteht. ln dieser Höhe verweigerte die Beklagte die Regulierung
unter Hinweis auf eine unangemessene Pauschalierung des Sachverständigen-Werklohns.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 32,13 Euro nebst Zinsen in Höhe von
fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.08.2012 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, der vom Sachverständigen abgerechnete Werklohn spiegele
aufgrund seiner Pauschalierung die erbrachte Leistung nicht angemessen wider. Die
Rechnung des Sachverständigen sei nicht prüffähig und fällig. Die
Nebenkostenabrechnung in der Sachverständigen-Abrechnung sei nicht berechtigt,
die Nebenkosten seien nicht angefallen und nicht erforderlich gewesen.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der
Parteien nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
I.
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung der restlichen
Sachverständigenvergütung in Höhe von 32,13 Euro gegen die Beklagte nach §§ 7
StVG, 115 Abs. 1 WG.
1. Der Umfang des Schadensersatzanspruches richtet sich nach § 249 BGB. Der
Geschädigte kann im Wege der Naturalrestitution die Wiederherstellung des gleichen
wirtschaftlichen Zustandes verlangen,§ 249 Abs. 1 BGB, oder nach seiner Wahl den
dazu erforderlichen Geldbetrag, § 249 Abs. 2 BGB (vgl. Heinrichs in Palandt, BGB,
71. Aufl. § 249 Rn. 2 ff).
2. Die Aufwendungen, die durch die erforderliche Beauftragung eines
Sachverständigen – zur Feststellung des Schadenhergangs, vor allem aber der
Schadenhöhe – entstehen, gehören als notwendige Begleitkosten zu dem, was zur
Wiederherstellung des Güterbestandes des Geschädigten geboten ist und sind daher
grundsätzlich vom Schädiger vollständig zu ersetzen. Der durch den Schädiger erst
in die ersatzbedürftige Lage versetzte Geschädigte kann in aller Regel ohne
sachverständige Hilfe die Darlegung und ggf. den Nachweis der konkreten
Schadenhöhe als Voraussetzung für den Schadensersatz nicht vornehmen. Die
Schaffung der Voraussetzungen für die Regulierung des Schadens liegt
diesbezüglich in den Händen des Geschädigten.
3. Nur ausnahmsweise sind Sachverständigenkosten nicht erstattungspflichtig. Das
ist dann der Fall, wenn ein sogenannter Bagatellschaden vorliegt, der Geschädigte
die Unrichtigkeit des Sachverständigengutachtens selbst herbeigeführt hat oder ihn
ein Auswahlverschulden hinsichtlich des Sachverständigen trifft (vgl. Knerr in Geigel,
Haftpflichtprozess, 26. Aufl., 3. Kapitel Rn. 118 ff m.w.N.). Der Geschädigte muss
einen wirklichen Sachverständigen beauftragen, also eine Person, die besondere
Kenntnisse und Erfahrungen auf dem entsprechenden Sachgebiet hat.
Darüber hinaus besteht keine Einschränkung der Ersatzpflichtigkeit von
Gutachterkosten. Der Geschädigte muss sich insbesondere nicht auf dem Markt der
Sachverständigen nach dem Günstigsten erkundigen (so auch Wortmann VersR 98,
1204, 1211; Otting, VersR 97, 1328, 1330; a.A. AG Hagen, Urteil vom 21.10.2002-
10 C 335/02). Eine solche Erkundigungspflicht würde dem Grundsatz zuwider laufen,
dass das Risiko der Schadensfeststellung beim Schädiger liegt und nicht beim
Geschädigten. Es ist Sache des Schädigers bzw. dessen Versicherers, sich gegen
überhöhte Gutachter-Abrechnungen mit dem Sachverständigen selbst im Wege des
Regresses auseinanderzusetzen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass
es dem Geschädigten in der Schadenssituation unter vertretbarem Aufwand schlicht
nicht· möglich oder zurnutbar sein dürfte, in Erfahrung zu bringen, welche
Abrechnungsart · und -weise die angemessene ist oder welche Kosten vom
Sachverständigen angesetzt werden dürfen und welche nicht
Dem steht auch nicht entgegen, dass der Sachverständigen bei eigener
Geltendmachung seiner Vergütungsansprüche nach Abtretung · durch den
Geschädigten die volle Darlegungs- und Beweislast für die Billigkeit und
Angemessenheit seiner Vergütungsbemessung trägt (vgl. BGH, Urteil vom 4. 4. 2006
-X ZR 80/05). Eine solche Fallgestaltung ist vorliegend gerade nicht gegeben. Dem
Geschädigten gegenüber können · fehlerhafte oder unangemessene
Sachverständigenabrechnungen nicht entgegengehalten werden (vgl. OLG Hamm,
Urteil 5.3.1997 – 13 U 185/96). Denn der Kraftfahrzeug-Sachverständige, den der
Geschädigte nach dem Unfall hinzuzieht, ist nicht Erfüllungsgehilfe des
Geschädigten gegenüber dem Schädiger im Sinne von §§254 Abs. 2 S. 2, 278 BGB.
Dass den Kläger hinsichtlich der Auswahl des Kraftfahrzeug-Sachverständigen ein
Verschulden trifft oder dass er die überhöhte lnrechnungstellung ohne weite’res
erkennen und zurückweisen konnte, wird von den Beklagten· nicht vorgetragen und
ist auch nicht ersichtlich.
II.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711
ZPO.
III.
Das Gericht hat im Hinblick auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage wegen
der wirtschaftlichen Bedeutung aufgrund des Charakters der
Verkehrsunfallschadensregulierung als Massegeschäft die Berufung zur Fortbildung
des Rechts bzw. zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen·, §
511 Abs. 4 ZPO.
IV.
Der Streitwert wird wie folgt festgesetzt: 32,13 Euro.
Dörr
Download des Urteils