AG Heinsberg verurteilt Versicherung zur Zahlung restlicher Sachverständigenkosten

Das AG Heinsberg hat mit nicht berufungsfähigem Urteil eine Dortmunder Versicherung, die die Signale des BGH nicht verstanden hatte, zur Zahlung der restlichen Sachverständigenkosten verurteilt. Die Gegenseite hatte sich im wesentlichen mit einem textbausteinartigen Schriftsatz verteidigt. Darin wurde wie üblich die Aktivlegitimation des klagenden Sachverständigen bestritten und ferner die Ansicht vertreten, dass die Rechtsprechung des BGH aus dem Urteil vom 11.02.2014 (VI ZR 225/13) sowie des OLG Saarbrücken (08.05.2014, 4 U 61/13) keine Anwendung finden, weil der Sachverständige in seinem Namen klage. Auch die Nebenkosten wurden als übersetzt angegriffen (obwohl dieser Sachverständige es damit nicht übertrieben hatte…). Interessant ist, dass das AG Heinsberg sich ausdrücklich gegen die von der Gegenseite unter Berufung auf ein Urteil des LG Aachen geltend gemachte Meinung gestellt hat, bei einer Geltendmachung aufgrund einer Abtretung käme es auf den Erkenntnishorizont des Sachverständigen und nicht des Geschädigten an (diese Meinung mag sowieso verstehen, wer mag; die Berufungskammer des LG Aachen will mit diesem Kunstgriff wohl die geschädigtenfreundliche Rechtsprechung des BGH unterlaufen und seine extrem versicherungsfreundliche Rechtsprechung fortsetzen).

Hier das Urteil im knapp gehaltenen Volltext (Download hier):

19 C 142/14

Verkündet am 13.08.2014

Amtsgericht Heinsberg
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
ln dem Rechtsstreit
Klägers,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Busch & Kollegen,
Schafhausener Straße 38, 52525 Heinsberg,

gegen

Beklagte,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Bach, Langheid & Dalimayer,
Theodor-Heuss-Ring 13-15, 50668 Köln,

hat das Amtsgericht Heinsberg
auf die mündliche Verhandlung vom 16.07.2014
durch den Richter am Amtsgericht Dr. Heinemann
für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 396,39 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 15.5.2014 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Ohne Tatbestand gern. § 313 a I ZPO

Gründe:

Die Klage ist zulässig und begründet. Dem Kläger stehen aus abgetretenen Recht die erhobenen Restwerklohnansprüche gern. §§ 631, 632 BGB zu.

Die Bedenken an der Wirksamkeit der Abtretung vom 11 ./16.4.2014 teilt das Gericht nicht. Der Gegenstand ist hinreichend präzise bestimmt.

Hinsichtlich der inhaltlichen Einwendungen wird zunächst Bezug genommen auf die umfangreichen Erörterungen im Rahmen der mündlichen Verhandlung, die wie folgt in der gebotenen Kürze wiedergegeben werden:
– Im Falle der Abtretung gilt kein anderer Maßstab der Erforderlichkeit. Dem Geschädigten steht gegen den Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer ein Anspruch auf Ersatz bzw. Ausgleich der erforderlichen/angemessenen Sachverständigenkosten zu. Dieser Anspruch ändert durch die Abtretung weder sein Wesen noch seinen Inhalt. Analog ändert beispielsweise ein Schmerzensgeldanspruch im Falle der Abtretung auch nicht seinen Inhalt, weil der nunmehrige Forderungsinhaber nicht verletzt ist. Es blieb daher im Ansatz dabei, dass entsprechend der Rechtsprechung des BGH die Vorlage einer Sachverständigenrechnung auch die Notwendigkeit der entstandenen Kosten indiziert.

Einer besonderen Vereinbarung von Nebenkosten bedurfte es nicht. Im Werkvertragsrecht ist die übliche Vergütung geschuldet. Dass neben einem Grundhonorar Nebenkosten abgerechnet werden, ist nicht ungewöhnlich oder
unüblich.

Die Höhe der abgerechneten Beträge ist nicht über Gebühr hoch angesetzt. Die vorgelegte Tabelle des BVSK, die vorliegend geringfügig überschritten wurde, stellt keine absolute Obergrenze dar.
Der Einwand, es sei eine Gebührenbemessung zwingend nach dem Wiederbeschaffungswert vorzunehmen gewesen, griff nicht durch. Dies hätte vorausgesetzt, dass die vorgenommene Reparaturkostenkalkulation schlichtweg und von vornherein überflüssig gewesen wäre. Dem Geschädigten wäre es kaum zumutbar gewesen, ohne sachverständige Bewertung des Schadensbildes gegenüber dem Versicherer in Regulierungsverhandlungen einzutreten und sich hierbei allein daraufzu berufen, der Totalschaden sei ja offensichtlich. Dass dies auch sachlich unterlegt wird, dürfte eigentlich eine Selbstverständlichkeit darstellen.

An diesen Maßstäben gemessen vermochte das Gericht keine durchgreifenden Bedenken an der Angemessenheit der Rechnungshöhe erkennen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11,713 ZPO.

Streitwert: 396,39 Euro.
Dr. Heinemann

Ein Kommentar

  1. Hallo Herr Kollege Frese,
    allerdings hat das Urteil einen Schönheitsfehler. Anspruchsgrundlage für den Restschadensersatzanspruch gegen den Dortmunder Haftpflichtversicherer sind nicht die werkvertraglichen Bestimmungen nach §§ 631 ff BGB, sondern §§ 249, 823 ff. BGB i.V.m. straßenverkehrsrechtlichen Besimmungen bzw. VVG. Abgetreten wurde an den Sachverständigen der Restschadensersatzanspruch aus § 249 BGB.
    Mit freundl. koll. Grüßen
    F-W Wortmann

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