Auch das AG Geilenkirchen (Urteil vom 27.05.2016, Az. 10 C 121/16) hat die VHV zur Zahlung restlicher Sachverständigenkosten nach der üblichen Kürzung verurteilt. Der klägerische Sachvortrag war so überzeugend, dass die VHV kampflos aufgab.
Das Gericht hat zutreffend und konsequent die Rechtsprechung des BGH zum Ersatz von Sachverständigenkosten angewendet. Auch die aktuelle Rechtsprechung des LG Aachen vom 11.03.2016 wurde berücksichtigt.
…und wieder einmal verschleudert die VHV die Beiträge ihrer Versicherungsnehmer sinnlos….
Hier die Entscheidung im Volltext (Download hier):
Amtsgericht Geilenkirchen
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
In dem Rechtsstreit
Klägers,
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Busch & Kollegen, Schafhausener Straße 38, 52525 Heinsberg,
gegen
die VHV Allgemeine Versicherung AG, vertr.d.d. Vorstand, VHV-Platz 1, 30177 Hannover,
Beklagte,
hat das Amtsgericht Geilenkirchen
im schriftlichen Verfahren mit einer Schriftsatzeinreichungsfrist bis zum 25.05.2016 am 27.05.2016
durch den Richter am Amtsgericht Dr. Voßen
für Recht erkannt:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 76,30 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.12.2015 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von der Darstellung des Tatbestands wird gemäߧ 313a ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage hat in der Sache Erfolg.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 76,30 € als weitere Sachverständigenkosten nach dem Verkehrsunfall vom 24.11.2015 in Gangelt, und zwar aus abgetretenem Recht der Geschädigten, , §§ 398, 7 Abs. 1 StVG, 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG.
Die Beklagte haftet als Haftpflichtversicherer des unfallbeteiligten Kraftfahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen für den Schaden aus dem vorgenannten Verkehrsunfall in vollem Umfang; dies ist zwischen den Parteien unstreitig. Zu dem erstattungsfähigen Schaden (§§ 249 ff. BGB) gehören grundsätzlich auch die Kosten von Sachverständigengutachten, soweit diese zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sind (vergleiche Palandt-Grüneberg, BGB, 74. Auflage, § 249 Rn. 58). Dass hier aus Sicht der Geschädigten die Einholung eines Sachverständigengutachtens über den Schaden an ihrem PKW geboten war, steht nicht im Streit.
Ebenso ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Geschädigte ihre Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte in Höhe des Sachverständigenhonorars an den Kläger als Sachverständigen abgetreten hat (sicherungsweise Abtretung – Sachverständigenhonorar – vom 25.11.2015, BI. 5 GA).
Vorgerichtlich haben die Parteien lediglich über die Höhe der dem Kläger aus abgetretenem Recht der Geschädigten zustehenden Sachverständigenkosten
gestritten. Im vorliegenden Rechtsstreit hat sich die Beklagte nicht weiter zur Sache geäußert. Entgegen der Ankündigung mit Schriftsatz vom 19.04.2016 hat sich ein Rechtsanwalt für die Beklagte nicht bestellt. Eine Klageerwiderung ist nicht zur Akte gelangt.
Der geschädigten Zedentin sind aufgrund des vorgenannten Verkehrsunfalls erstattungsfähige Sachverständigenkosten i.H.v. 454,58 € entstanden (Rechnung des Klägers vom 26.11.2015, BI. 5 GA). Hierauf hat die Beklagte 378,28 € gezahlt (Abrechnungsschreiben vom 23.12.2015, BI. 6 GA), so dass eine Restforderung i.H.v. 76,30 € offen ist, § 362 Abs. 1 BGB.
Im Hinblick auf die vorgerichtlich erhobenen Einwendungen gegen die Forderung aus der Rechnung des Klägers vom 26.11.2015 gilt Folgendes:
Grundsätzlich sind Kosten eines Sachverständigengutachtens insoweit erstattungsfähig, als sie gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB erforderlich waren. Als
erforderlich sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs diejenigen Aufwendungen anzusehen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten machen würde (vergleiche BGH, Urteil vom 11.02.2014, VI ZR 225/13, zitiert nach juris). Dabei darf sich der Geschädigte damit begnügen, den ihm in seiner Lage ohne Weiteres erreichbaren Sachverständigen zu beauftragen, ohne zuvor eine Marktforschung nach dem honorargünstigsten Sachverständigen betreiben zu müssen (vergleiche BGH, a.a.O.). Der Geschädigte genügt seiner Darlegungslast zur Schadenshöhe regelmäßig durch Vorlage einer Rechnung des von ihm zur Schadensbeseitigung in Anspruch genommenen Sachverständigen. Die tatsächliche Rechnungshöhe bildet bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung „erforderlichen” Betrags im Sinne von§ 249 Abs. 2 S. 1 BGB (vergleiche BGH, a.a.O.). Konkrete Einwendungen gegen die sich im Einzelnen aus der Rechnung des Klägers vom 26.11.2015 ergebenden Positionen sind beklagtenseits weder vorgerichtlich noch im Verlauf des Rechtsstreits dargelegt worden. Auch ansonsten sind Bedenken gegen die Höhe der im Einzelnen aufgeführten Rechnungspositionen nicht veranlasst. Dies gilt sowohl für das berechnete Grundhonorar i.H.v. 320 € (zuzüglich Mehrwertsteuer) als auch für die abgerechneten Nebenkosten (Fahrtkosten 20 km a 0,75 €pro Kilometer, 8 Fotos a 2 €, Schreibkosten pp. i.H.v. 21 € sowie Auslagen für Telefon und Porto i.H.v. 1 O €, jeweils zuzüglich Mehrwertsteuer). Die Berechnung derartiger Nebenkosten ist weder dem Grunde noch der Höhe nach zu beanstanden (ver~leiche LG Aachen, Urteil vom 11.03.2016, 6 S 144/15, zitiert nach beck-online).
Das vorgenannte Indiz für die Erforderlichkeit der abgerechneten Sachverständigenkosten ist mithin nicht als widerlegt anzusehen.
Der Zinsanspruch des Klägers folgt aus den §§ 286 Abs. 2 Nr. 3, 288 Abs. 1 BGB. In
dem Abrechnungsschreiben der Beklagten vom 23.12.2015 ist eine ernsthafte und endgültige Verweigerung weitergehender Zahlungen auf die Sachverständigenkosten zu entnehmen.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 Abs. 1 S. 1, 708 Nr. 11, 713 ZPO.
Streitwert: 76,30 €.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Dr. Voßen
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