AG Heinsberg zu Kleinersatzteilen, Verbringungskosten und UPE-Aufschlägen

Das Amtsgericht Heinsberg hat mit Urteil vom 23.01.2019, Az. 18 C 296/17, die verklagte VHV Versicherung zu fast vollständigem Schadensersatz verurteilt.

Aufgrund eines aus ihrer Sicht ungewöhnlichen Schadenbilds hatte die Versicherung behauptet, am klägerischen Fahrzeug habe ein Vorschaden vorgelegen. Dies konnte durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens widerlegt werden. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass das Amtsgericht der verklagten Versicherung eine Pflicht zur Beweissicherung auferlegt hat, wenn sie wie hier behauptet, der Schaden könne nicht durch das bei ihr versicherte Fahrzeug verursacht worden sein. Das Amtsgericht hat im konkreten Fall eine Verletzung dieser Beweissicherungspflicht festgestellt, weil der Zustand des Fahrzeugs nicht dokumentiert wurde und im Rahmen der Beweisaufnahme nicht zur Verfügung stand.

Die beklagte Versicherung hatte dann noch wie üblich diverse Einzelpositionen angegriffen. Es dürfte inzwischen bekannt sein, dass sich alle Versicherungen aus einem Strauß an Kürzungsversuchen bedienen, um die berechtigten Ansprüche eines Geschädigten zu kürzen.

Im vorliegenden Fall war dies u.a. die Position“ GFS/geführte Funktion“, also das Auslesen des Fehlerspeichers und Beseitigung eventueller Fehler. Das Amtsgericht hat die vom außergerichtlichen Sachverständigen angesetzten Zeitaufwand allerdings etwas gekürzt.

Das Amtsgericht hat die Kosten für den Befestigungssatz des hinteren Stoßfängers nicht zugesprochen, dies mit dem Argument, es würde sich erst bei der tatsächlichen Reparatur herausstellen, ob die Kosten hierfür entstehen würden. Diese Argumentation ist nicht nachvollziehbar. Andernfalls dürfte das Amtsgericht überhaupt keine Reparaturkosten bei fiktiver Abrechnung zusprechen, denn dieses Argument gilt für alle (fiktiv abgerechneten) Reparaturkosten. Es ist doch gerade das Wesen der fiktiven Abrechnung, dass die aller Voraussicht nach erforderlichen Kosten in einem Sachverständigengutachten beziffert werden.

Das Amtsgericht hat die standardmäßig gekürzten Kosten für Kleinersatzteile zugesprochen.

Außerdem hat das Amtsgericht die ortsüblichen Lackmaterialkosten zugesprochen. Die Beklagte hatte versucht, den Kläger auf eine andere, markengebundene Werkstatt in einem Nachbarort zu verweisen, wo diese Kosten angeblich nicht angefallen wären.

Das Amtsgericht hat trotz fiktiver Schadensabrechnung einen Anspruch auf Erstattung des Aufschlags auf die Ersatzteile (UPE- Aufschläge) zugesprochen. Hintergrund ist, dass es im Kreis Heinsberg keine markengebundene VW-Werkstatt gibt, die keine UPE-Aufschläge berechnet. Man muss also die von den Versicherungen immer wieder schematisch vorgenommene Kürzung der Aufschläge im Einzelfall durch den Parteigutachter prüfen lassen.

Das Amtsgericht hat auch die Verbringungskosten trotz fiktiver Schadensabrechnung für erstattungsfähig gehalten. Dies beruht auf dem Hintergrund, dass das Amtsgericht den Kläger nicht für verpflichtet gehalten hat, eine markengebundene Werkstatt in Heinsberg statt einer in Geilenkirchen – seinem Wohnort – aufzusuchen. Das Amtsgericht hat hierbei die damit verbundene Zurücklegen einer Wegstrecke von zusätzlichen 10 km und eines Zeitaufwands von 15 Minuten – insgesamt 42 km und 45 Minuten – als nicht zumutbar angesehen.

Das Amtsgericht zieht die Grenze für die Notwendigkeit der Einholung eines Sachverständigengutachtens bei 700 € (ohne sich hier festzulegen, ob es sich um einen Netto –, oder einen Bruttowert handelt). Das Amtsgericht stellt ferner fest, dass ein Geschädigter bei einem nicht vollständigen Kostenvoranschlag berechtigt ist, später ein Sachverständigengutachten einzuholen.

Das Urteil kann hier heruntergeladen werden; nachfolgend der Volltext.


18 C 296/17

Verkündet am 23.01.2019

Amtsgericht Heinsberg

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

In dem Rechtsstreit

Klägers,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Busch & Kollegen,
Schafhausener Straße 38, 52525 Heinsberg,

gegen

die VHV Allg. Versicherung AG, vertr. d. d. Vorstand, dieser vertr. d.d. Vorstizenden Thomas Vogt, Constantinstraße 90, 30177 Hannover,

Beklagte,

Prozéssbevollmächtigte: Rechtsanwälte Sina – Maassen, Aachener
und Münchener Allee 1, 52074 Aachen,

hat das Amtsgericht Heinsberg

im schriftlichen Verfahren mit einer Schriftsatzeinreichungsfrist bis zum 16.01.2019
durch die Richterin am.Amtsgericht Lürkens
für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.127,85 € nebst Zinsen in .
Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
28.09.2017 zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von restlichen
Rechtsanwaltsvergütungsansprüchen der Rechtsanwälte Busch &
Kollegen aus Heinsberg in Höhe von 132,75 € freizustellen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten bleibt
nachgelassen, die Vollstreckung des Klägers durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils
vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der
Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu
vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

Der Kläger macht mit der Klage Schadensersatzansprüche geltend nach einem Verkehrsunfali vom 12.07.2017 in Heinsberg.

Der Kläger ist Eigentümer des Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen
Am 12.07.2017 fuhr der Fahrer des bei der Beklagten haftpflichtversicherten Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen auf den klägerischen Pkw auf. Der klägerische Pkw wurde unfallbedingt beschädigt. Der Kläger holte zunächst einen Kostenvoranschlag ein, in dem die Reparaturkosten mit einem Betrag von 1.889,50 € beziffert wurden. Anschließend beauftragte er den Kfz-Sachverständigen Dipl.-Ing. mit der Erstellung eines Schadengutachtens. Der Sachverständige bezifferte in seinem Gutachten vom 13.09.2017 die Kosten für die Reparatur des klägerischen Pkw mit einem Betrag von 2.026,42 €. Für die Erstellung des Gutachtens stellte der dem Kläger einen Betrag von 534,31 € in Rechnung. Mit anwaltlichem Schreiben vom 13.09.2017 forderte der Kläger die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 27.09.2017 zur Zahlung eines Betrag von 2.590,73 €, entsprechend Reparaturkosten von 2.026,42 €, Sachverständigenkosten von 534,31 € und einer Kostenpauschale von 30,00 € auf. Die Beklagte zahlte zunächst einen Betrag von 895,71 € auf die Reparaturkosten und einen Betrag von 25,00 € auf die Kostenpauschale. Zudem erstattete sie vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 147,56 €. Die ursprüngliche Klageforderung zu Ziffer 1.) entspricht weiteren Reparaturkosten von 1.130,71 € und Sachverständigenkosten voh 534,31 €.

Nach Klagezustellung zahlte die Beklagte am 25.10.2018 einen weiteren Betrag von 450,79 € sowie weitere vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren von 54,44 € an den Kläger.

Der Kläger behauptet, dass sein Pkw im Zeitpunkt des streitgegenständlichen Verkehrsunfalls vom 12.07.2017 keinerlei unreparierte Vorschäden aufgewiesen habe. Im Rahmen der Ausführung der Reparaturarbeiten sei auch die Position „GPS /geführte Funktion” notwendig. Zur ordnungsgemäßen Reparatur seien der Austausch
des hinteren Stoßfängerträgers und die Verwendung eines neuen Befestigungssatzes notwendig. Die Kleinersatzteile seien nicht abschließend enumerativ aufgeführt. Eine Fahrzeugreinigung sei zur Behebung der reparaturbedingten Fahrzeugverschmutzung notwendig. LackmateriaI-Kosten würden in Höhe von 50% der Lohnkosten anfallen. Es gebe im Kreis Heinsberg keine Audi-Werkstatt, die keine UPE—Aufschläge berechnet. Zudem verfüge keine Audi—Werkstatt im Kreis Heinsberg über eine eigene Lackierwerkstatt. Der Kostenvoranschlag der Fa. s Automobile GmbH sei unbrauchbar gewesen.

Der Kläger hat ursprünglich beantragt,

1.) die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.665,02 € nebst Zinsen in Höhe
von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.09.2017 zu
zahlen;
2.) die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von restlichen
Rechtsanwaltsvergütungsansprüchen der Rechtsanwälte Busch & Kollegen
aus Heinsberg in Höhe von 187,19 € freizustellen.

Der Kläger beantragt nach teilweiser Klagerücknahme nunmehr,

1.) die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.214,23 € nebst Zinsen in
Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
27.09.2017 zu zahlen;

2.) die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von restlichen
Rechtsanwaltsvergütungsansprüchen der Rechtsanwälte Busch &
Kollegen aus Heinsberg in Höhe von 132,75 € freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, dass im Heckbereich des klägerischen Pkw ein
überlagernder Vorschaden vorhanden gewesen sei, was an der Eindellung etwa
mittig unterhalb des Kennzeichens erkennbar sei. Zur sach- und fachgerechten
Instandsetzung des klägerischen Pkw seien lediglich die Arbeitsschritte und
Arbeitszeiten — mit Ausnahme der Fahrzeugreinigung – gemäß Kostenvoranschlag
der Automobile GmbH notwendig. Ein Austausch des hinteren
Stoßfängerträgers sei nicht erforderlich, jedenfalls nicht aufgrund der unfallbedingten
Schäden des klägerischen Pkw. Ein Befestigungssatz werde nicht benötigt.
Befestigungssätze seien in der Regel wieder zu verwenden. Für das Lackmaterial sei
lediglich ein Anteil von 30% der Lohnkosten erstattungsfähig. Die Beklagte ist der
Ansicht, dass bei fiktiver Schadensabrechnung UPE-Aufschläge und
Verbringungskosten nicht erstattungsfähig seien. Die Kleinersatzteile seien
abschließend aufgeführt, so dass ein zusätzlicher quotaler Aufschlag für
Kleinersatzteile nicht erstattungsfähig sei. Die Kosten für die Einholung des
Sachverständigengutachtens seien aufgrund des Verschweigens von Vorschäden
nicht von der Beklagten zu erstatten. Zudem sei nach Einholung des
Kostenvoranschlags der Automobile GmbH die Beauftragung eines
Schadengutachtens nicht mehr notwendig gewesen, jedenfalls habe der Kläger den
Sachverständigen Dipl.—Ing. s lediglich mit einer Überprüfung des
Kostenvoranschlags beauftragen dürfen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen Dipl.-Ing.
s und Einholung eines Sachverständigengutachtens. Hinsichtlich des
Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf die schriftliche
Zeugenaussage des Zeugen s, Bl. 118, 119 d.A., das. schriftliche
Gutachten des Kfz-Sachverständigen Dipl.—Ing. 07.09.2018, Bl. 185 ff.
d.A. und das Ergänzungsgutachten des Dipl.-Ing. vom 28.11.2018,
Bl. 266 ff. d.A.

Hinsichtlich des Sach- und Streitstands im Übrigen wird Bezug genommen auf die
seitens der Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist im tenorierten Umfang begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von weiteren „
1.127,85 € aus §§ 7 Abs.1‚ 17 StVG in Verbindung mit § 115 VVG.

Es ist Unstreitig, dass der klägerische Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen
1991 am 12.07.2017 bei einem allein schuldhaft durch den Fahrer des bei der
Beklagten haftpflichtversicherten Pkw verursachten Verkehrsunfall beschädigt
worden ist.

Der Höhe nach hat der Kläger einen Anspruch auf Erstattung weiterer
Reparaturkosten von 593,54 €.

Das Gericht hat nach Durchführung der Béweisaufnahme durch Einholung eines
Gutachtens des Kfz-Sachverständigen Dipl.-Ing. die Überzeugung
gewonnen, dass für eine sach- und fachgerechte Reparatur der unfallbedingten
Schäden des klägerischen Pkw Kosten von insgesamt 1.940,04 € erforderlich sind.

1.)
Das Gericht sieht es aufgrund des Gutachtens des Kfz-Sachverständigen Dipl.-Ing.
zunächst als erwiesen an, dass die Schäden an dem klägerischen
Pkw gemäß Gutachten des Kfz-Sachverständigen Dipl.-Ing. vom
13.09.2017 insgesamt infolge des streitgegenständlichen Verkehrsunfalls vom
12.07.2017 entstanden sind und nicht teilweise einen unreparierten Vorschaden
darstellen.

Der Sachverständige Dipl.—Ing. hat eine umfassende
Gegenüberstellung des klägerischen Pkw und eines Vergleichsfahrzeugs des nicht
mehr für eine Gegenüberstellung zur Verfügung stehenden beklagtenseitigen Pkw
durchgeführt. Er ist anschließend in nachvollziehbarer Weise zu dem Ergebnis
gekommen, dass die am Heck des klägerischen Pkw vorgefundenen Schäden bei
einer Anstoßkonstellation entsprechend der Grafik 7 (Seite50 des Gutachtens, Bl.
254 d.A.) durch eine Kollision mit dem Beklagten—Fahrzeug erklärbar sind. Die von
dem Sachverständigen in der Grafik 7 dargestellte Anstoßkonstellation entspricht
dem Sachvortrag der Parteien zu einem Auffahren des beklagtenseitigen Pkw auf
den klägerischen Pkw. Zudem ist nach Übersendung des Gutachtens vom
07.09.2018 durch keine der Parteien, insbesondere nicht durch die Beklagte,
behauptet werden, dass die Anstoßkonstellation sich abweichend von der seitens ‘
des Sachverständigen erstellten Grafik dargestellt habe. Der Sachveständige Dipl.-
Ing. ist bei Zugrundelegung dieser Anstoßkonstellation in
nachvollziehbarer Weise zu dem Ergebnis gekommen, dass auch die Prägung an der
Heckstoßfängerverkleidung des klägerischen Pkw und die lokale Eindellung des
Stoßfänger-Trägers des Klägerfahrzeugs durch den beklagtenseitigen Pkw
verursacht werden sein können, und zwar durch einen bei diesem vorhandenen
Profilsteg (vgl. insbesondere Grafiken 4 und 5, Seite 46 des Gutachtens, Bl. 230
d.A)‚ wenn dieser die Frontabdeckung durchstoßen hat oder diese bereits zuvor
gefehlt hat. Zudem ist der Sachverständige Dipl.-Ing. in
nachvollziehbarer Weise zu dem Ergebnis gekommen, dass auch die horizontal
verlaufenden Kratzspuren im Bereich der Heckstoßfängerverkleidung des
klägerischen Pkw durch den beklagtenseitigen Pkw verursacht werden sein können,
wenn die Abdeckung des Profilsteg‘s des Beklagtenfahrzeugs gebrochen ist. Dies hat
der Sachverständige Dipl.-Ing. nicht überprüfen können, weil das
Beklagtenfahrzeug nicht mehr für eine Gegenüberstellung zur Verfügung gestellt
werden konnte und beklagtenseits auch keine Lichtbilder des unfallbeschädigen
beklagtenseitigen Pkw haben vorgelegt werden können. Der Umstand, dass der
Sachverständige Dipl.-Ing. bzgl. der Prägung an der
Heckstoßfängerverkleidung, der lokalen Eindellung des Stoßfänger-Trägers hinten
und den horizontal verlaufenden Kratzspuren im Bereich der
Heckstoßfängerverkleidung lediglich hat ausführen können, durch welche Bauteile’
des beklagtenseitigen Pkw diese Schäden verursacht werden sein können, eine
tatsächliche Verursachung durch das Beklagtenfahrzeug aber nicht sicher hat
feststellen können, rührt daher alleine aus der Sphäre der Beklagten her. Sie hat
gegen ihre Obliegenheit verstoßen, zumindest eine fotografische Sicherung des
Zustands des bei ihr haftpflichtversicherten unfallverursachenden Pkw zu
veranlassen. Aufgrund der Tatsache, dass die Beklagte eine Verursachung aller bei
dem klägerischen Pkw vorhandenen Schäden durch den streitgegenständlichen
Verkehrsunfall vom 12.07.2017 bestritten hat, ist sie zu einer entsprechenden
zumindest fotografischen Sicherung des Zustands des Beklagtenfahrzeugs
verpflichtet gewesen, weil offenkundig nur bei Kenntnis des Zustands beider
unfallbeteiligter Fahrzeuge eine abschließende Beurteilung der
Schadenskompatibilität erfolgen kann. Die og. verbleibenden Unsicherheiten sind
daher zulasten der Beklagten zu berücksichtigen. Deshalb ist es vorliegend für die
Annahme, dass die Schäden an dem klägerischen Pkw insgesamt infolge des
Verkehrsunfalls vom 12.07.2017 entstanden sind, ausreichend, dass der
Sachverständige Dipl.—Ing. in ausführlicher und nachvollziehbarer
Weise dargelegt hat, dass alle streitgegenständlichen Schäden des klägerischen
Pkw durch einen Anstoß des Beklagtenfahrzeugs verursacht werden sein können.

2.)
Hinsichtlich der für die Behebung dieser Schäden notwendigen Reparaturkosten ist
das von dem Kläger eingeholte Schadengutachten des Kfz—Sachverständige Dipl.-
Ing. vom 13.09.2017 und nicht der von dem Autohaus Automobile
GmbH erstellte Kostenvoranschlag2ugrunde zu legen, da der Kläger mit der
Klageschrift vorgetragen hat, dass für die Reparatur der unfallbedingten Schäden
seines Pkw die in dem Gutachten vom 13.09.2017 genannten Arbeiten notwendig
sind. Zu berücksichtigen waren deshalb allein konkrete Einwände der Beklagten
gegen dieses Schadengutachten vom 13.09.2017.

a)
Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass für eine sach- und fachgerechte
Reparatur des klägerischen Pkw auch die Arbeit / Pösition „GPS / geführte Funktion“
notwendig ist. Der Sachverständige Dipl.-Ing. hat in seinem
Gutachten vom 07.09.2018 die Erforderlichkeit dieser Arbeit in nachvollziehbarer
damit begründet, dass es zur Überprüfung der einwandfreien Funktion des
Fahrzeugs und seiner Systeme nach der Reparatur notwendig sei, den
Fehlerspeicher auszulesen und entsprechende Fehleinträge zu löschen (vgl. Seite
50 des Gutachtens, Bl. 234 d.A.). Sowohl in seinem Gutachten vom 07.09.2018
(Seite 50, Bl. 234 d.A.) als auch in seinem Ergänzungsgutachten vom 28.11.2018
(Seite 3, Bl. 268 d.A.) hat der Sachverständige erklärt, dass üblicherweise ein
Zeitaufwand von 3 AW, entsprechend 30 ZE, für die Ausführung dieser Arbeit anfalle.
Das Gericht ist deshalb nicht davon überzeugt, dass bei Reparatur des klägerlischen
Pkw der von dem Sachverständigen Dipl.-Ing. kalkulierte Zeitaufwand von
5 AW, entsprechend 50 ZE, anfallen wird. Es besteht deshalb im Rahmen der von
dem Kläger geltend gemachten fiktiven Schadensabrechnung lediglich ein Anspruch
des Klägers auf Erstattung der diesbezüglichen Kosten von 44,70 € netto statt 74,50
€ netto. Dies entspricht einem Qifferenzbetrag von 29,80 €.

b)
Das Gericht ist zudem davon überzeugt, dass zur Behebung der unfallbedingten
Schäden des klägerischen Pkw auch ein Austausch des Stoßfänéerträgers hinten
notwendig ist. Der Sachverständige Dipl.—Ing. hat dies in seinem
Gutachten vom 07.09.2018 in nachvollziehbarer Weise damit begründet, dass dieses
Bauteil durch die lokale Eindrückung in seiner Struktur geschwächt werden ist und
deshalb nicht mehr die erforderliche Crashsicherheit aufweist (vgl. Seite 50 des
Gutachtens, Bl. 234 d.A.).

c)
Dagegen hat der Kläger bei der von ihm geltend gemachten fiktiven
Schadensabrechnung keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten von 56,58 € netto
für den Befestigungssatz Stoßfänger hinten. Der Sachverständige Dipl.-Ing.
hat bzgl. dieser Position in seinem Gutachten vom 07.09.2018 ausgeführt,
dass die verwendeten Schrauben und Clipse bei der Demontage des Stoßfängers
brechen können und daher nicht zwangsläufig wiederverwendet werden können. Er
hat jedoch nicht dargelegt, dass der vorhandene Befestigungssatz im Rahmen der
Demontage in jedem Fall beschädigt wird und auf keinen Fall bei der anschließenden
Montage wieder verwendet werden kann. Es wird sich deshalb erst bei tatsächlicher
Ausführung der Reparaturarbeiten herausstellen, ob ein neuer Befestigungssatz
benötigt wird. Die diesbezüglichen Kosten sind daher im Rahmen der fiktiven
Schadensabrechnung nicht erstattungsfähig. Dies sind nur solche Positionen, die im
Rahmen der tatsächlichen Reparaturausführung in jedem Fall anfallen. Dies stellt
auch keine unbillige Benachteiligung des Klägers dar. Denn dieser kann bei Einsatz
eines neuen Befestiguhgssatzes im Rahmen der Reparatur seines Pkw die
diesbezüglichen Kosten von der Beklagten nachfordern.

d)
Demgegenüber ist die Position „+ 2% Kleinersatzteile“ vorliegend erstattungsfähig.
Der Sachverständige Dipl.-Ing. hat in seinem Gutachten vom
07.09.2018 in nachvollziehbarer Weise ausgeführt, dass zusätzlich zu den einzeln
aufgeführten Ersatzteilen bei der Reparatur des klägerischen Pkw noch
Verbrauchsmaterialien benötigt werden, die in großen Gebinden und großen
Stückzahlen gekauft und deshalb üblicherweise mit einem pauschalen Aufschlag
abgerechnet werden (vgl. Seite 51 des Gutachtens, Bl. 235 d.A.).

e)
Des Weiteren sind die Lackmaterialkosten mit einem Anteil von 50% der Lohnkosten
erstattungsfähig. Der Sachverständige Dipl.-Ing. hat in seinem Gutachten
vom 13.09.2017 die Lohn— und Ersatzteilpreisfaktoren der örtlichen VW-Werkstatt
( Automobile Geilenkirchen GmbH) zugrunde gelegt. Die Beklagte hat den
Kläger nicht an eine nicht-markengebundene Reparaturwerkstatt verwiesen, so dass
vorliegend die Kosten für eine Reparatur des klägerischen Pkw in einer
markengebundenen VW—Werkstatt erstattungsfähig sind. Der Sachverständige Dipl.-
Ing. hat in seinem Gutachten vom 28.11.2018 in Korrektur zu seinem
Gutachten vom 07.09.2018 ausgeführt, dass den markengebundenen
Fachwerkstätten der Region durchgehend Lackmaterialkosten von 50% des
Lacklohns in Ansatz gebracht werden. Die diesbezüglichen Kosten sind deshalb
ortsüblibh und dementsprechend in vollem Umfang erstattungsfähig.

f)
Zudem hat der Kläger vorliegend trotz fiktiver Schadensabreéhnung einen Anspruch
auf Erstattung des von dem Sachverständigen Dipl.—_Ing. H s einkalkulierten
Aufschlags auf die Ersatzteile von 19%. UPE-Aufschläge sind bei fiktiver
Schadensabrechnung erstattungsfähig, wenn sie in allen für die konkrete
Reparaturmaßnahme geeigneten Werkstätten anfallen würden (LG Aachen, Urteil
vom 24.08.2012, Az. 6 S 60/12). Vorliegend sieht das Gericht es aufgrund der
Angabe des Dipl.—Ing. in seiner schriftlichen Zeugenaussage vom
03.03.2018 (Bl. 118 d.A.) als erwiesen an, dass im Kreis Heinsberg keine
markengebundene VW-Werkstatt existiert, die keine UPE—Aufschläge berechnet.
Eine Verweisung des Klägers an eine nicht-markengebundene Reparatumerkstatt
ist beklagtenseits, wie oben bereits ausgeführt, nicht erfolgt. Deshalb ist der
Aufschlag von 19% auf die Ersatzteilkosten vorliegend trotz fiktiver
Schadensabrechnung erstattungsfähig.

g)
Zudem sind vorliegend trotz fiktiver Schadensabrechnung die von dem
Sachverständigen Dipl.-Ing. einkalkulierten Verbringungskosten
erstattungsfähig.

Zwar verfügt nach Aussage des Zeugen Dipl.-Ing. die J s Automobile
Heinsberg GmbH im Gegensatz zu der J Automobile Geilenkirchen GmbH über
eine eigene Lackierwerkstatt. Es ist dem Kläger jedoch nach Ansicht des
erkennenden Gerichts nicht zumutbar, statt der Automobile Geilenkirchen
GmbH die tomobile Heinsberg GmbH mit der Reparatur seines Pkw zu
beauftragen, um Verbringungskosten von 149,00 € netto einzusparen. Denn
stattdessén ist dann auf seiner Seite bei Erteilung eines Reparaturauftrags jeweils
eine Strecke von 12,8 statt 2,3 km, verbunden mit einem jeweiligen Zeitaufwand von
15 Minuten statt 4 Minuten (nach google maps), zurückzulegen. Dies entspricht
insgesamt einem Mehraufwand des Klägers von 42 km sowie 45 Minuten, was ihm
nach Ansicht des Gerichts allein zur Einsparung der Kosten für die Verbringung
seines Pkw zu einer Lackierwerkstatt in Geilenkirchen nicht zumutbar ist.

h)
Eine Wertverbesserung tritt bei dem klägerischen Pkw nach Angabe des
Sachverständigen Dipl.—Ing bei Ausführung der Reparaturarbeiten
nicht ein.

i)
Es besteht deshalb ein Anspruch des Kläger auf Erstattung von Reparaturkosten in
Höhe von insgesamt 1.940,04 € (2.026,42 € – 29,80 €, – 56,58 €).

3.)
Die Beklagte hat unstreitig Reparaturkosten in Höhe von insgesamt 1.346,50 €
erstattet, so dass sich noch eine Restforderung des Klägers von 593,54 € ergibt.
Zudem hat der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erstattung von
Sachverständigenkosten von 534,31 €.

Nach ständiger Rechtsprechung ist der Geschädigte eines Verkehrsunfalls ab einer
Schadenshöhe von ca. 700,00 € dazu berechtigt, ein Schadengutachten eines Kfz—
Sachverständigen einzuholen (vgl. Palandt/Grüneberg, 74. Auflage, 5 249 BGB, Rn
58, m.w.N.). Vorliegend ist bei dem klägerischen Pkw ein Schaden von deutlich über
1.000,00 € entstanden. Der Kläger hat zwar zunächst einen Kostenvoranschlag des
Autohauses J s Automobile GmbH eingeholt. Er ist jedoch dazu berechtigt
gewesen, anschließend ein umfassendes Schadengutachten eines Kfz-
Sachverständigen einzuholen, um die an seinem Pkw verursachten Schäden
zuverlässig dokumentieren und die notwendigen Reparaturkosten sachkundig
ermitteln zu lassen. Wie sich aus einem Vergleich des Kostenvoranschlags und des
Schadengutachtens ergibt, sind die zur Reparatur notwendigen Arbeiten von dem
Ersteller des Kostenvoranéchlags nicht vollständig erfasst werden, so beispielsweise
der Ein- und Ausbau des Kennzeichens und der Kennzeichenleuchten sowie die
Position GPS/geführte Funktion und der Ersatz des Spoilers.

Insgesamt ergibt sich damit eine Schadensersatzforderung des Klägers von 1.127,85
€.

Die Zinsforderung folgt aus 55 286, 288 BGB. Der Kläger hat die Beklagte mit
anwaltlichem Schreiben vom 13.09.2017 unter Fristsetzung bis zum 27.09.2017 zur
Zahlung aufgefordert.

B.
Zudem hat der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Freistellung von
weiteren Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 132,75 €. Der Betrag von 132,75 €
entspricht einer 1,3 Geschäftsgebühr nach einem Streitwert von 2.499,35 €,
entsprechend der berechtigten Schadensersatzforderung des Klägers
(Reparaturkosten 1.940,04 €, Sachverständigenkosten 534,31 € und
Kostenpauschale 25,00 €) zzgl. Auslagenpauschale und MwSt. (= 334,75 €) sowie
abzüglich von der Beklagten bereits gezahlter Beträge von 147,56 € und 54,44 €.

C.
Die Kostenentscheidung folgt aus @@ 92 Abs. 2 Nr.1, 269 Abs.3 8.3 ZPO; die
Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus 55 708 Nr. 11, 711 ZPO .
Soweit der Kläger die Klage mit Schriftsatz vom 02.11.2017 und damit vor
Klagezustellung teilweise zurückgenommen hat, hat es dem bisherigen Sach- und
Streitstand sowie billigem Ermessen entsprochen, die Kosten des Rechtsstreits der
Beklagten aufzuerlegen. Es hat auch insoweit eine berechtigte
Schadensersatzforderung des Klägers bestanden, wie sich aus den Ausführungen zu
Ziffer |. ergibt.

Streitwert:
Bis zum 03.11.2018: 1.665,02 €;
ab dem 04.11.2018. 1.214,23 €.
Rechtsbehelfsbelehrung:

[…]

Lürkens