In einem aktuellen Urteil (vom 04.07.2007, Az. 16 B 666/07) stellt das OVG Münster deutlich heraus, daß bei der Erteilung einer Fahrerlaubnis nicht ohne weiteres von einer Fahreignung ausgegangen werden kann. In dem zu entscheidenden Fall ging es um die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis. Der Antragsteller hatte im Rahmen einer MPU wohl angegeben, seit seiner letzten Auffälligkeit sei nichts passiert, was aber nicht stimmte; tatsächlich gab es ein weiteres Strafverfahren wegen einer Verkehrsstraftat.
Was im Strafrecht durchaus erlaubt ist, weil man sich nicht selber belasten muß, gilt im Fahrerlaubnisrecht allerdings gerade nicht. Dies betrifft nicht nur die hier aufgeworfene Frage, sondern gilt auch z.B. bei unterlassener und/oder fehlerhafter Belehrung. Gleichwohl gemachte Angaben können im Strafverfahren wegen eines Verwertungsverbots nicht verwertet werden, wohl aber von der Fahrerlaubnisbehörde. Begründet wird dies mit einer anderen Interessenlage bei der Fahrerlaubniserteilung. Hier ist erforderlich, daß der Antragsteller seine Eignung positiv nachweist und das Interesse an der Verkehrssicherheit im Vordergrund steht.
Auch die Vorschrift des § 3 Abs. 3 StVG – manchmal übersehen – half dem Antragsteller nicht weiter. Nach dieser Vorschrift darf die Fahrerlaubnisbehörde den Sachverhalt aus einem Strafverfahren, bei dem die Fahrerlaubnisentziehung gem. § 69 StGB in Betracht kommt, nicht berücksichtigen. Vorliegend handelte es sich aber nicht um ein von dieser Vorschrift vorausgesetztes Entziehungsverfahren, sondern ein Erteilungsverfahren.
Hier noch die instruktiven Leitsätze der Entscheidung:
“1. Bei der (Neu-) Erteilung der Fahrerlaubnis besteht keine Eignungsvermutung, d.h. die Erteilung der Fahrerlaubnis ist zu versagen, wenn die Eignung nicht positiv festgestellt werden kann.
2. Die Fahrerlaubnisbehörde muss im Rahmen eines Verfahrens auf (Neu-) Erteilung einer Fahrerlaubnis alle ihr bekannt gewordenen Tatsachen berücksichtigen, die Einfluss auf die Beurteilung der Kraftfahreignung haben. Ein laufendes Strafverfahren entfaltet in diesem Zusammenhang keine Sperrwirkung hinsichtlich der zu berücksichtigenden Tatsachen.
3. Die im Rahmen einer medizinisch-psychologischen Untersuchung wahrheitswidrige Angabe eines Fahrerlaubnisbewerbers, seit der letzten aktenkundigen Verkehrsauffälligkeit sei nichts mehr vorgefallen, kann die Aussagekraft eines die Kraftfahreignung bejahenden Gutachtens infrage stellen, weil sie dem Gutachter eine falsche Tatsachengrundlage für die Erstellung des Gutachtens liefert.
4. Vor dem Hintergrund, dass der Fahrerlaubnisbewerber seine Kraftfahreignung darzulegen hat, kann und muss im übergeordneten Interesse der Verkehrssicherheit von ihm erwartet werden, dass er keine wahrheitswidrigen Angaben macht. Ggf. kann er die Antwort auf eine Frage verweigern. Dies kann der Gutachter bei der Erstellung des Gutachtens in Abhängigkeit von der Relevanz, die der Beantwortung der Frage für die Beurteilung der Kraftfahreignung beizumessen ist, berücksichtigen.”
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