AG Heinsberg verurteilt VHV erneut zur Zahlung aller Sachverständigenkosten

Mit Urteil vom 19.10.2015 hat das AG Heinsberg die VHV Versicherung erneut zur Zahlung der vollen Sachverständigenkosten verurteilt. Im Vergleich zur BVSK-Untersuchung seien die Kosten nicht überhöht, zumal der Geschädigte keine Möglichkeit oder Verpflichtung zur Marktforschung habe.

 

Hier das Urteil im Volltext (Download hier):

 

18 C 227/15

Amtsgericht Heinsberg

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

ln dem Rechtsstreit

Klägers,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Busch & Kollegen,
Schafhausener Straße 38, 52525 Heinsberg,
gegen

die VHV Allgemeine Versicherung AG, vertreten durch den Vorstand, dieser vertreten durch den Vorsitzenden Thomas Vogt, Constantinstraße 90, 30177 Hannover,

Beklagte,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Sina – Maassen, Aachener
und Münchener Allee 1,52074 Aachen Fach 50 AG,

hat das Amtsgericht Heinsberg

im vereinfachten Verfahren gemäß § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung am
19.10.2015

durch die Richterin am Amtsgericht Lürkens für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 43,65 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
21.05.2015 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

(ohne Tatbestand gemäß § 313a ZPO)

Entscheidunqsgründe:

Die Klage ist begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 43,65 € aus §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1, 2 StVG in Verbindung mit § 115 VVG.

Unstreitig ist der klägerische Pkw bei einem durch einen Versicherungsnehmer der Beklagten allein schuldhaft verursachten Verkehrsunfall beschädigt worden.

Der Höhe nach besteht ein Anspruch der Klägerin auf Erstattung weiter Sachverständigenkosten von 43,65 €.
Von dem Schädiger sind die Kosten von Sachverständigengutachten zu erstatten, soweit diese zu einer zweckentsprechenden Rechtverfolgung notwendig sind. Vorliegend ist für den Kläger die Einholung eines Gutachtens eines Kfz-Sachverständigen erforderlich gewesen, um die erforderlichen Reparaturkosten für sein unfallbeschädigtes Kfz substantiiert beziffern zu können.

Die von dem Sachverständigen Dipl.-Ing. abgerechneten Kosten von 405,49 € brutto sind auch insgesamt erstattungsfähig. Zwar darf ein Geschädigter auf Kosten des Schädigers nicht jeden beliebigen Preis vereinbaren. So lange für ihn allein als Laien jedoch nicht erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar geradezu willkürlich festsetzt, Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen oder dem Geschädigten selbst ein Auswahlverschulden zur Last fällt, kann der Geschädigte vom Schädiger den Ausgleich gezahlter Aufwendungen bzw. Freistellung hiervon verlangen. Es ist einem Geschädigten vor Erteilung des Gutachterauftrags nicht zuzumuten, „Marktforschung“ zu betreiben und in jedem Fall mehrere Kostenvoranschläge von Sachverständigen einzuholen. Ein Preisvergleich dürfte ohne vorherige Begutachtung des Fahrzeugs durch mehrere Sachverständige auch nur schwer möglich sein. Zudem fehlen Tarifübersichten, anhand derer der Kunde sich informieren könnte. Der Streit über die Höhe der geltend gemachten Sachverständigenkosten kann daher nicht auf dem Rücken des Geschädigten äusgetragen werden (OLG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 20.01.2006, Az. 4 U 49/05, zit. nach juris).

Vorliegend ergibt sich aus einem Vergleich des von dem Sachverständigen Dipl.-Ing. unter dem 25.04.2015 abgerechneten Honorars mit dem Ergebnis der Honorarbefragung des BVSK aus dem Jahr 2013, dass der Sachverständige sich mit dem von ihm abgerechneten Honorar bzgl. der Grundgebühr und der abgerechneten Nebenkosten (bis auf die Position Schreib- und EDV-Kosten) innerhalb des „HB V Korridors“ bewegt, in dem zwischen 50 und 60% der BVSK-Mitglieder ihr Honorar berechnen bzw. diesen Korridor sogar unterschreitet. Dann kann jedoch von einer willkürlichen Festsetzung des Honorars durch den Sachverständigen Dipl.-Ing. keine Rede sein.

Abzüglich des von der Beklagten bereits gezahlten Betrags von 361,84 € verbleibt eine Restforderung des Klägers von 43,65 €. Aus der Abrechnung der VHV vom 08.07.2015 ergibt sich zwar eine Zahlung von 405,49 € an den Sachverständigen Dipl.-Ing. des Weiteren jedoch ausdrücklich ein Abzug des nach Auffassung der Beklagten überzahlten Betrags von 43,65 € von der an den Kläger selbst geleisteten Zahlung.

Die Zinsforderung beruht auf §§ 286, 288 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11,713 ZPO.

Streitwert: 43,65 €. ,

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
1. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung
dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Aachen, Adalbertsteinweg 90, 52070
4
Aachen, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Aachen zu begründen.
Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Aachen durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

Lürkens

 

(C) Vorschaubild:  I-vista  / pixelio.de

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