Eine völlig neue Wertschöpfungsmöglichkeit wird mit dem Zweiten Gesetz zur Modernisierung der Justiz geschaffen. Es kommt häufig vor, daß Schriftsätze aus Fristgründen “vorab per Fax” versendet werden. Völlig uneinheitlich ist die Praxis der Gerichte, ob diesem Fax dann noch der Originalschriftsatz mit 2 Abschriften folgen muß oder ob das Fax reicht. Zu Zeiten des Aachener Landgerichtspräsidenten Gerber wurde in jeder Kammersitzung häufiger die Bitte ausgesprochen, ausschließlich Telefaxe zu versenden und nicht noch einmal das Original auf dem Postweg hinterherzuschicken. Eigentlich vernünftig und papier- und ressourcenschonend. Leider hat sich nicht bei allen Richtern/Gerichten diese vom Bundesgerichtshof abgesegnete und in § 130 Ziffer 6) ZPO vorgesehene Vorgehensweise herumgesprochen; dies dürfte auch der Grund sein, warum viele Kollegen nach wie vor dem Fax den Originalschriftsatz folgen lassen. Das soll jetzt Geld kosten – berichtet der Vizepräsident der RAK Düsseldorf, RA Schons, hier:
“Durch eine kleine Änderung im Gerichtskostenverzeichnis (vgl. dort KV Nr. 9000 Dokumentenpauschale) will man wohl der Verärgerung darüber Ausdruck verleihen, dass sich Rechtsanwälte manchmal der Faxgeräte bei den Gerichten bedienen müssen, um Fristen einzuhalten. Fügen sie dann die Mehrausfertigungen ihrer Schriftsätze für die Zustellung an den Gegner bei, indem die Schriftsätze mehrfach gefaxt werden, so entstehen der Justiz hierdurch Kosten für Papier und Drucker.
Jedes künftig auf diese Weise bei der Justiz „gefertigte Blatt“ soll jetzt mit 50 Cent vom Rechtsanwalt bezahlt werden und zwar unabhängig davon, ob die Justiz in ihren Räumen selbst kopiert oder ob die Mehrfertigung über das Telefaxgerät eingereicht wird. Wer seinen Mandanten also nicht auch hier durch zusätzliche Kosten verärgern oder seinen eigenen Umsatz nicht schmälern will, wird diese neue „Wohltat des Gesetzgebers“ beachten müssen.”
Die Wertschöpfungskette läßt sich meines Ermessens beliebig fortsetzen. Demnächst werde ich wohl für das Durchlaufen der Sicherheitsschleuse beim AG Heinsberg 1 Euro bezahlen, bei Auslösen des Alarms 2 Euro; das Öffnen des Gerichtsfachs verbraucht Substanz am Scharnier; es muß regelmäßig geölt werden – 2 Euro. Beim Betreten des Gerichtssaals wird Teppich abgenutzt – 2 Euro der Quadratmeter….und so weiter und so fort.
Nur zur Beleuchtung der Lage, die wahrscheinlich kaum jemand kennt:
Bei einem Zentralen Mahngericht gehen jedes Jahresende Tausende von Mahnanträgen auf Telefax ein, nach h.M. unwirksam, wegen § 703c ZPO. 3 Faxgeräte laufen mit ununterbrochenem Empfang heiß. Ein Bereitschaftsdienst an den Feiertagen wechselt Tonerkassetten und füllt Papier nach. Anschließend gibt es riesigen Zeitaufwand bei den meist erfolgreichen Versuchen, Originale den Faxen zuzuordnen (denn sonst 2 Verfahren und 2 x Mahngebühr). Die Kosten für die Justiz sind gewaltig.
Wenn die befürchtete Regelung wirklich kommt, ließe sich die Wertschöpfung durch die Justiz bei Mahngerichten untergraben, indem der Online-Mahnantrag oder das EGVP, soll noch im Mai 2007 frei geschaltet werden, benutzt werden :)))
Faxeingänge sind nicht nur für den Richter und den Verfahrensgegner schwerer zu lesen als Maschinengeschriebenenes, auch für den Scanner. Die Auflösung = Qualitität ist zu fehleranfällig für Scanner und OCR-Software. Erkennungsversuche lohnen nicht und sind beim Mahnantrag (farbig, Blindfarbe) besonders wenig erfolgversprechend.