Mietwagen: AG Kirchheim und Teck verurteilt Generali zur Zahlung nach Schwacke-Liste

Das AG Kirchheim u. Teck hat mit Urteil vom 27.01.2010, 2 C 554/09, die Generali Versicherung zur Zahlung von restlichen Mietwagenkosten auf der Basis der Schwacke-Liste 2007 verurteilt; lediglich die Kosten für die Winterbereifung wurden nicht zugesprochen. Ansonsten wurden allen gängigen Argumentationen der Versicherung gegen die Anwendbarkeit der Schwacke-Liste und für die Anwendung der Fraunhofer-Liste eine “Absage” erteilt.

Das Urteil wurde mir freundlicherweise zur Verfügung gestellt vom Kollegen Andreas Gursch, Hans-Klemm-Str. 5, 71034 Böblingen.

Es kann hier als pdf heruntergeladen werden und ist nachstehend im Volltext veröffentlicht.

2 C 554/09

Amtsgericht Kirchheim u. Teck

Verkündet am 27.01.2010

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

in Sachen

Autovermietung

– Klägerin –

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Marc Wennberg und Koll., Hanns-Klemm-Str. 5, 71034 Böblingen Gz.: 4937/09GS

Gegen

Generali Versicherung AG, Tunisstr.  19-23,  50667 Köln, Gz.:  Sch.Nr.  GO191060009 KS K12 1308 vertr. durch d.VorStandvorsitzenden Jörn Stapelfeld, den Vorstand Roman Blaser, Frank Karsten, Karl Pfister, Volker Seidel

– Beklagte –

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Dr. Eick & Partner, Massenbergstr. 17, 44787 Bochum Gz.:  RA Buller 57033335/09

Rechtsanwälte Alpers-Most-Boßler, Alleenstraße 87, 7323 0 Kirchheim u. Teck
Gz.:   15/10B01 Wb

als Unterbevollmächtigte

wegen Miete für Kraftfahrzeug

hat das Amtsgericht Kirchheim u. Teck

durch Richterin Dr.Altin-Gieseler

auf die mündliche Verhandlung vom 13.01.2010

für Recht erkannt:

1. Die Beklagte wird verurteilt,  an die Klägerin EUR 363,80 nebst 5 Prozentpunkten Zinsen hieraus über dem Basiszinssatz seit dem 20.07.2009 sowie weitere EUR 70,20 nebst 5 Prozentpunkten Zinsen hieraus über dem Basiszinssatz seit dem 30.09.2009 zu bezahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 18 %, die Beklagte 82 %.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Streitwert:  EUR 444,00

Tatbestand

Entfällt gemäß § 313 a ZPO.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und überwiegend begründet. Die Klägerin kann von der Beklagten gemäß § 115 Abs. IS.  1 Nr. 1 WG§§ 718 StVG§ 823 BGB aus abgetretenem Recht weiteren Schadensersatz in Höhe von EUR 363,80 verlangen.

Das Gericht ist vorliegend zu der Überzeugung gelangt,  dass die von der Klägerin geltend gemachten Mietwagenkosten durch die beklagtenseits erfolgte Zahlung in Höhe von EUR 441,85 noch nicht vollumfänglich reguliert worden sind.

Weitere Kosten in Höhe von EUR 363,80 waren “erforderlich” im Sinne des § 249 Abs.  2 S.  1 BGB.

Lediglich für die von der Klägerin weitergehend geltend gemachten Kosten für die Winterbereifung des Mietfahrzeuges in Höhe von EUR 80,– trifft dies nicht zu: die Anmietung des Fahrzeuges erfolgte im vorliegenden Fall im Februar. Das Gericht ist der Ansicht, dass in den Wintermonaten eine Winterbereifung des Mietfahrzeuges obligatorisch und nicht als Zusatzleistung anzusehen ist.

Der Mieter hat in diesen Fällen, anders etwa bei einer Ausfahrt im Sommer in Gletscherregionen gerade kein Interesse, zusätzlich zur Sommerbereifung Winterreifen zu erhalten. Daher können die Kosten der Winterbereifung auch nicht dem Schädiger auferlegt werden. Hieran ändert auch die Tatsache nichts, dass die Position “Winterreifen” im Normaltarif laut Schwacke-Liste nicht enthalten ist,  sondern gesondert ausgewiesen sind: das Gericht hält diese Praxis für nicht gerechtfertigt.

Die Klage war daher in Höhe von EUR 80,– (Winterbereifung) abzuweisen.

Demgegenüber ist ein Abschlag in Höhe von 10 % des Nettomietpreises für ersparte Eigenaufwendungen im vorliegenden Fall nicht vorzunehmen.

Das verunfallte Fahrzeug der Geschädigten war im vorliegenden Fall ein Peugeot 206, mithin ein Kleinwagen. Angemietet wurde ein Alfa Romeo, der laut Rechnung des Mietwagenunternehmens in die Fahrzeuggruppe 1 einzuordnen war, mithin ebenfalls ein Kleinwagen.

Die Geschädigte hat im vorliegenden Fall ein gleichwertiges Fahrzeug angemietet, allerdings hatte sie gar keine Möglichkeit, ein noch klassentieferes Fahrzeug anzumieten, da ein solches gar nicht zur Verfügung steht. Es erscheint daher nach Ansicht des Gerichts in diesem Fall unbillig, einen Abzug in Höhe von 10 % des Mietpreises vorzunehmen.
Was die Grundlage der in Ansatz gebrachten Mietwagenkosten angeht,  so ist das Gericht der Ansicht, dass der Schwacke-Mietpreisspiegel 2007, welchen die Klägerin zur Berechnung herangezogen hat,  zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine “offensichtlich unrichtige” Schätzgrundlage im Rahmen des richterlichen Ermessens gemäß § 287 ZPO zur Ermittlung des Normaltarifes bei Mietwagen darstellt, was begründen würde, von deren weiterer Heranziehung abzusehen. Das Mietwagenunternehmen hat vorliegend nicht nach “Unfallersatztarif”,  sondern nach “Normaltarif” gemäß Schwacke-Liste abgerechnet, ein Zuschlag wurde nicht erhoben. Es ist dem von der Beklagtenseite zitierten Mietpreisspiegel des Fraunhofer-Institutes zuzugeben, dass die anonyme Datenerhebung gegenüber der offenen, wie sie zur Erarbeitung der Schwacke-Liste durchgeführt ist, weniger anfällig für eine “Steuerung der Mietwagenpreise durch die Auskunftgeber” sein dürfte. Allerdings ist bei einer unfallbedingten Anmietung eines Fahrzeuges die Situation meist derart, dass der Geschädigte zum Zeitpunkt der Anmietung noch gar nicht weiß, wie lange er das Mietfahrzeug wird in Anspruch nehmen müssen, weil oft noch gar nicht feststeht, was repariert werden muss und wie lange die Reparatur dauern wird.

Es kann also vorkommen, dass der Geschädigte seine Anmietung täglich verlängern muss oder er zunächst für eine Woche anmietet und danach täglich verlängert. Dies führt jeweils zu einer Erhöhung der Kosten.

Auch ist das Gericht der Ansicht, dass der Geschädigte auch dann, wenn er rein theoretisch mit seiner Kreditkarte über das Internet das Mietfahrzeug vorfinanzieren könnte, dies nicht tun muss, wenn er es nicht möchte.

Im konkreten Fall, auf den jeweils abzustellen ist, kommt hinzu, dass die Geschädigte, die ihren Anspruch gegen die Beklagte an die Klägerin abgetreten hat, noch am Tag des Unfalles, der sich am Nachmittag des 27.02.2009 ereignet hatte, um 18.30 Uhr das Ersatzfahrzeug anmietete. Die Geschädigte war, da ihr verunfalltes Fahrzeug nicht mehr fahrbereit war, auf eine sofortige Inanspruchnahme des Mietfahrzeuges angewiesen. Daher ist aufgrund des kurzen Zeitraumes zwischen Unfall und Anmietung des Mietfahrzeuges schon davon auszugehen,  dass der Geschädigten gar kein günstigerer Tarif zugänglich war,  so dass die Geschädigte auch aus diesem Grund die Kosten,  selbst wenn sie über jenen des Normaltarifs liegen würden,  ersetzt verlangen könnte.

Verzugszinsen schuldet die Beklagte aus § 288 Abs.  1 BGB seit dem 20.7.2009.

Den Ersatz außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten in Höhe von EUR 70,20, ausgehend von einem Gegenstandswert von EUR 363,80 nebst Zinsen seit 30.09.2009 schuldet die Beklagte ebenfalls als Verzugsschaden.

Die weitergehende Klage war abzuweisen.

Die Nebenentscheidungen beruhen hinsichtlich der Kosten auf § 92 Abs.  1 ZPO und hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr.  11,  713 ZPO.

Dr.Altin-Gieseler
Richterin

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