Das AG Meschede hat mit Urteil vom 21.12.2009 (Az. 6 C 304/09, noch nicht rechtskräftig) die Axa-Versicherung zur Zahlung restlicher Mietwagenkosten auf Basis der “Schwacke-Liste” verurteilt und neben einem 20 %-igen Aufschlag auch die Nebenkosten (Winterreifen, Zusatzfahrer, Haftungsbefreiung) zugesprochen. Das AG Meschede hatte bereits zuvor auf dieser Basis Mietwagenkosten zugesprochen. Warum eine Versicherung gleichwohl den Rechtsstreit aufnimmt und mit mehr als 20-seitigen Schriftsätzen zu verwirren versucht, ist nicht ersichtlich. Jeder vernünftig Denkende würde bei es bei dieser Sachlage nicht auf einen Rechtsstreit ankommen lassen.
Hier der Volltext der Entscheidung:
6 C 304/09
verkündet am 21.12.2009
Amtsgericht Meschede
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In dem Rechtsstreit
der Firma Autohaus
Prozeßbevollmächtigte: Rechtsanwälte Busch & Kollegen, Schafhausener Straße 38, 52525 Heinsberg,
gegen
die AXA Versicherung AG, gesetzlich vertreten durch den Vorstand, dieser vertreten durch den Vorsitzenden Dr. Frank W. Keuper, Colonia-Allee 10 – 20,51067 Köln,
Beklagte,
Prozeßbevollmächtigte:Rechtsanwälte Dr. Eick & Partner, Massenbergstraße 17, 44787 Bochum,
hat das Amtsgericht Meschede
am 21.12.2009
durch die Richterin am Amtsgericht Meinecke
für Recht erkannt:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.918,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 23.02.2009 zu zahlen und die Klägerin von Rechtsanwaltsvergütungsansprüchen der Rechtsanwälte Busch und Kollegen aus Heinsberg in Höhe von 192,90 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 21.04.2009 freizustellen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 7 % und die Beklagte 93 %.
Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung von 110 % der zu vollstreckenden Summe vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Am 04.01.2009 kam es in Meschede zu einem Verkehrsunfall. Die Beklagte ist als gesetzliche Haftpflichtversicherung in vollem Umfang schadensersatzpflichtig für das Unfallereignis.
Der Geschädigte, Herr , mietete bei der Klägerin, die ein Autohaus betreibt, für die Zeit vom 05.01. bis 20.01.2009 ein Fahrzeug der Mietwagenklasse 5 an. Der Geschädigte trat seine Ansprüche an die Klägerin ab. Die Klägerin berechnete für Mietwagenkosten einen Betrag von 2.963,64 EUR. Die Beklagte zahlte hierauf 900,00 EUR.
Die Klägerin ist der Ansicht, sie habe Anspruch auf restliche Mietwagenkosten entsprechend der von ihr erstellten Rechnung:
2 x 1 Wochentarif a 550,02 €
2 x 1-Tagestarif a 94,00 €
30 %-Aufschlag auf 1.288,00 €
16 Tage Haftungsbefreiung a 24,00 €
16 Tage Zusatzfahrer a 15,00 €
16 Tage Winterreifen a 12,00 €
SUMME netto
zzgl. 19 % Mehrwertsteuer
SUMME
1.100,04€
188,00 €
386,41 €
384,00 €
240,00 €
192,00 €
2.490,45 €
473,19€
2.963,64 €
Die Klägerin beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 2.063,64 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 23.02.2009 zu zahlen;
2. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin von Rechtsanwaltsvergütungsansprüchen der Rechtsanwälte Busch und Kollegen aus 52525 Heinsberg in Höhe von 229,30 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 21.04.2009 freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, hinsichtlich des geforderten Betrages fehle es an der Erforderlichkeit im Sinne von § 249 Abs. 2 BGB.
Sie ist der Ansicht, die Schwacke-Liste dürfe der Abrechnung nicht zugrundegelegt werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist im Wesentlichen begründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte aus abgetretenem Recht einen Anspruch auf Zahlung weiterer Mietwagenkosten.
Gem. § 249 Abs. 2 BGB kann ein Geschädigter als Herstellungsaufwand Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in seiner Lage für zweckmäßig und notwendig halten durfte.
Das aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleitete Wirtschaftlichkeitsgebot verlangt vom Geschädigten, dass er im Rahmen des ihm zumutbaren grundsätzlich nur den günstigsten Tarif ersetzt verlangen kann.
Es wird dabei aber nicht verlangt, dass der Geschädigte sparen muss, oder sich in jedem Fall so verhalten muss, als müsse er selbst den Schaden tragen. Der Grundgedanke des § 249 Satz 2 BGB, dem Geschädigten möglichst vollständigen Schadensausgleich zukommen zu lassen, darf hierbei nicht außer Acht gelassen
werden.
Der Geschädigte verstößt nicht allein deswegen gegen seine Pflicht zur Schadensminderung, weil er ein Fahrzeug zu einem höheren Tarif mietet, solange dies
dem Geschädigten nicht ohne weiteres erkennbar ist.
Dies gilt aber nicht, wenn er das Fahrzeug zu einem Tarif anmietet, der höher als der “Normaltarif’ ist, der sich durch die Prinzipien von Angebot und Nachfrage entwickelt hat. Der von der Klägerin geltend gemachte Tarif ist erhöht gegenüber einem Angebot, das von der Beklagten aufgeführt worden ist, wobei hierbei zu berücksichtigen ist, dass der Zeitraum nicht mit dem Mietzeitraum des Geschädigten übereinstimmt. Für die Frage, ob der von der Klägerin geltend gemachte “Normaltarif’ betriebswirtschaftlich gerechtfertigt ist, kann der erforderliche Aufwand gern. § 287 ZPO geschätzt werden. Diese Schätzung kann auf der Grundlage des Schwacke-Mietpreisspiegels erfolgen (BGH-Urteil vom 11.03.2008).
Die Eignung von Listen und Tabellen, die bei der Schadensschätzung Verwendung finden können, bedarf nur der Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass geltend gemachte Mängel sich auf den zu entscheidenden Fall auswirken. Der Marktpreisspiegel Mietwagen Deutschland des Frauenhofer Instituts stützt seine Erhebung zu einem Großteil auf Internetpreise; diese Tarife setzen eine Vorbuchzeit voraus. Diese Möglichkeit ist bei der Anmietung nach einem Unfall in der Regel nicht gegeben. Außerdem fasst der Mietpreisspiegel die Durchschnittspreise für sehr viel weiträumigere Postleitzahlengebiete zusammen, als dies bei der Schwacke-Liste der Fall ist, die nach den ersten drei Ziffern differenziert.
Soweit die Beklagte auf das Gutachten des Sachverständigen Zinn verweist, ist nicht ersichtlich, in wieweit sich das Gutachten auf den konkreten Fall auswirkt. Das Gleiche gilt für Gutachten, die von anderen Gerichten eingeholt worden sind.
Die Übergabe des Mietfahrzeuges erfolgte am Morgen nach dem Unfalltag. In der Zwischenzeit war es dem Geschädigten nicht zumutbar, eine Art Marktforschung zu betreiben, um das preisgünstigste Mietwagenunternehmen ausfindig zu machen. Der Geschädigte hat insoweit nicht gegen seine Pflicht zur Schadensminderung verstoßen.
Bei der Berechnung nach der Schwacke-Liste ist ein Aufschlag von 20 % gerechtfertigt, um die Besonderheiten der Kosten und Risiken des Unfallersatzgeschäftes im Vergleich zu einer normalen Autovermietung abzudecken.
Die Beklagte ist verpflichtet, die Kosten der Vollkaskoversicherung zu begleichen. Der Geschädigte hatte ein schutzwürdiges Interesse daran, im Falle eines Unfalles nicht selber für die Beschädigungen des gemieteten Fahrzeuges aufkommen zu müssen.
Die Kosten für die Winterbereifung sind ebenfalls von der Beklagten zu tragen. Die Kosten für Winterreifen sind in dem üblichen Mietpreis nicht enthalten, Winterbereifung ist im Januar im Sauerland erforderlich.
Der Klägerin stehen auch die Kosten für den Zusatzfahrer zu. Dem Geschädigten ist es, wie bei seinem eigenen Fahrzeug, überlassen, ob er sein Fahrzeug auch von einer anderen Person fahren lässt. Wenn er wünscht, dass sein Fahrzeug auch von einer anderen Person gefahren wird, ist die Versicherung insoweit zur Kostentragung verpflichtet.
Es ergibt sich folgende Berechnung:
2 x Wochenpauschale ä 550,02 €
2 x 1 Tagespauschale ä 94,00 €
20 % Aufschlag
Haftungsbefreiung
1.100,04€
188,00 €
1.288,04 €
257,61 €
1.545,65 €
2 x 148,22 €
2 x 22,83 €
Zusatzfahrer
16 x 17,84 €
Winterreifen
16×12,18€ 194,88 €
2.368,07 €
449,93€
2.818,00 €
Hiervon abzuziehen ist der von der Beklagten gezahlte Betrag von 900,00 €, so dass sich der zuerkannte Betrag von 1.918,00 € ergibt.
Da die Beklagte mit ihrer Zahlungsverpflichtung in Verzug geraten ist, ist zur Zahlung von Zinsen und Anwaltskosten, die nach dem zuerkannten Betrag berechnet worden sind, verpflichtet.
Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 92 Abs. 1, 709 ZPO.
Meinecke