Beitrag vom 01.08.2012:
Sowohl das AG Kaiserslautern (Urteil vom 14.03.2012, Az. 6270 Js 9747/11.1 OWI) als auch das AG Landstuhl (Urteil vom 03.05.12, Az. 4286 Js 12300/10), zfs 2012, 407 ff., sind der Auffassung, dass das Messverfahren ESO 3.0 keine gerichtsverwertbaren Ergebnisse liefere. Die Gerichte begründen ihre Auffassung damit, dass der Hersteller des Geräts genaue Angaben darüber verweigere, wie die Messung erfolge. Eine Überprüfung sei daher nicht möglich. Es verletzte den Anspruch auf rechtliches Gehör, wenn mangels Mitteilung der Funktion dem Betroffenen die Möglichkeit genommen werde, einen substantiierten Vortrag zu einer möglichen Fehlfunktion zu erstellen.
Die beiden Entscheidungen werden in Zukunft heiß disktuiert werden. Es liegt nahe, auch andere Messverfahren (zB mittels Poliscan Speed) an diesem Maßstab zu messen. Auch hier zieht sich der Hersteller darauf zurück, dass er über eine Zulassung der PTB verfüge. Eine Offenbarung der Funktionsweise würde das überwiegende Geheimhaltungsinteresse verletzen.
Der Kollege Burhoff (VA 2012, S. 136) hat bereits kritisiert, dass die beiden Entscheidungen einer Rechtsbeschwerde wohl nicht standgehalten hätten. Das Gericht sei zur weiteren Aufklärung verpflichtet, bis hin zur Durchsuchung beim Hersteller (!) oder bei der Herstellerfirma beschäftigter Zeugen. Für geringfügige Ordnungswidrigkeiten sollte hierbei aber auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet werden., bevor mit dieser “Keule” zugeschlagen wird.
Update 11.10.2012:
In einer Urteilsbesprechung bei juris (nur für zahlenden Mitglieder aufrufbar) entwickelt der Kollege Elsner einen interessanten Gedanken. Er hält die Messgeräte für mangelhaft im Sinne der zivilrechtlichen Vorschriften. Keine Behörde komme aber auf den Gedanken, den Gerätehersteller zur Nachbesserung der Geräte aufzufordern, um die Nachvollziehbarkeit der Messung zu gewährleisten. Das sei deswegen nicht der Fall, weil Geschwindigkeitsüberschreitungen festgestellt werden sollen, ohne dass im Gerichtsverfahren ein Risiko besteht, dass eine Fehlmessung vorgelegen hat. Zutreffend wird dann eine Parallele zu Lasergeräten gezogen; obwohl technisch machbar, erfolgt bei diesen Messungen keine für einen Sachverständigen überprüfbare Messwertdokumentation. Sein Fazit:
“Die Gerichte, die Judikative, müssen sich entscheiden, ob sie alles durchwinken, was von der Exekutive ihr zugemutet wird. M.E. darf es nicht von dem Willen eines Polizeibeamten, der Firma ESO oder der PTB abhängen, ob eine Verurteilung erfolgt. Die Bildung einer eigenen Meinung über den Messvorgang ist, worauf das AG Kaiserslautern zu Recht hinweist, die ureigene Pflicht der Gerichte! Diese Pflicht wird nur erfüllt, wenn technisch mögliche Aufzeichnungen zu Lasermessungen gefordert und geheime Programme nicht geduldet werden.”
Update 16.11.2012:
Die Entscheidung des AG Kaiserslautern ist in der Rechtsbeschwerde aufgehoben worden. Nähere Infos gibt es beim Kollegen Burhoff.
[…] Quelle: http://ra-frese.de/ […]