Das AG Erkelenz (Urteil vom 26.01.2016, Az. 14 C 407/15) hat einem von mir vertretenen PKW-Fahrern den ihm zustehenden restlichen Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall zugesprochen. Der Mandant war in einer geschwindigkeitsbeschränkten Straße nach Setzen des Blinkers nach links in seine Einfahrt abgebogen. Das hatte die dahinter fahrende Verkehrsteilnehmerin übersehen und es kam zu einem Zusammenstoß. Die Haftpflichtversicherung des unfallverursachenden Fahrzeugs regulierte außergerichtlich einen Großteil der Ansprüche, brachte aber die Betriebsgefahr in Ansatz (nach dem Motto: “Du warst allein im Auto, Du kannst das rechtzeitige Setzen des Blinkers nicht beweisen”).
Damit hatte sie keinen Erfolg. Sie wurde vom AG zu 100 % Schadensersatz verurteilt. Das AG hat sich ausdrücklich nicht derjenigen Rechtsprechung der Obergerichte angeschlossen, die sogar einen Anscheinsbeweis gegen den Linksabbiegenden (!) annehmen. Es folgte vielmehr der kürzlich noch einmal bestätigten anderen Ansicht des OLG Düsseldorf (Urteil vom 26.06.2015, Az. I-1 U 107/14).
Hier das Urteil (Download hier):
Beglaubigte Abschrift (Telekopie gemäß § 169 Abs. 3 ZPO)
Verkündet am 26.01.2016
AMTSGERICHT ERKELENZ
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
ln dem Rechtsstreit
Klägers,
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Busch & Kollegen, Schafhausener Straße 38, 52525 Heinsberg,
gegen
Beklagte zu 1),
die AXA Versicherung AG, vertreten durch den Vorstand, dieser vertreten durch den Vorstandsvorsitzenden Dr. Thomas Buberl, Coloniaallee 10-20, 51067 Köln,
Beklagte zu 2),
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Dr. Bachem, Höninger Weg 100, 50969 Köln,
hat das Amtsgericht Erkelenz
auf die mündliche Verhandlung vom 23.12.2015
durch den Richter am Amtsgericht Foerster
für Recht erkannt:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 1.116,32 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.07.2015 zu zahlen.
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, den Kläger von Rechtsanwaltsvergütungsansprüchen der Rechtsanwälte Busch & Kollegen aus 52525 Heinsberg in Höhe von 571,44 € freizustellen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagten dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn der Kläger nicht vor der Vollstreckung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet.
Tatbestand
Der Kläger macht restliche Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall geltend, der sich am 13.06.2015 in Erkelenz in Höhe des Hauses Nr. 28a auf der Straße zwischen dem im Eigentum des Klägers stehenden PKW mit dem amtlichen Kennzeichen und dem vom der Beklagten zu 1) geführten sowie bei der Beklagten zu 2) pflichtversicherten PKW mit dem Kennzeichen 2 ereignete.
Der Kläger befuhr mit seinem Fahrzeug die Straße in Erkelenz, auf der die Geschwindigkeit auf 30 km/h begrenzt ist. Das Beklagten-Fahrzeug fuhr im gleichgerichteten Verkehr hinter dem klägerischen Fahrzeug. Als das klägerische Fahrzeug nach links in die Einfahrt des Hauses Nr. 28a abbog, kam zur Kollision der Fahrzeuge.
Der Unfall wurde von der Polizei aufgenommen (Bl. 56f. GA).
Mit Anwaltsschreiben vom 26.06.2015 (Bl. 28f. GA) forderte der Kläger die Beklagte zu 2) unter Fristsetzung bis zum 10.07.2015 zur Zahlung eines Betrages in Höhe von insgesamt 5.581,61 €, ausgehend von Reparaturkosten in Höhe von 4.319,94 € (Bl. 24ff. GA), einer merkantilen Wertminderung in Höhe von 150,00 €, Gutachterkosten in Höhe von 635,42 € (Bl. 7 GA), Mietwagenkosten in Höhe von 446,25 € (Bl. 23 GA) und einer allgemeinen Unkostenpauschale in Höhe von 30,00 €.
Die Beklagte zu 2) regulierte den Schaden unter Ansatz einer Haftungsquote von 80 % und zahlte an den Kläger 4.273,11 € und 192,18 €.
Der Kläger behauptet, dass er zum Linksabbiegen in seine Grundstückseinfahrt ca. 50-100 m vor der Einfahrt den linken Fahrtrichtungsanzeiger gesetzt habe und bei der erfolgten Rückschau das Beklagten-Fahrzeug hinter sich gesehen habe, das sich einigermaßen nah hinter ihm befunden habe. In Annäherung an seine Grundstückseinfahrt habe er seine Geschwindigkeit heruntergesetzt. Vor dem Abbiegen nach links habe er erneut sowohl in den Innen-, als auch Außenspiegel geschaut. Das Beklagten-Fahrzeug habe sich in ungefähr unveränderter räumlicher Entfernung hinter ihm befunden. Er habe seinen Abbiegevorgang begonnen, den die Beklagte zu 1) übersehen habe. Als er sich mit seinem Fahrzeug und den Vorderrädern ungefähr an der Bordsteinabsenkung zu seiner Hauseinfahrt befunden habe, sei das Beklagten-Fahrzeug hauptsächlich gegen die vordere linke Seite seines Fahrzeugs (Fahrertür, Kotflügel) gestoßen. Die Beklagte zu 1) habe gegenüber den herbeigerufenen Polizeibeamten zugegeben, den Fahrtrichtungsanzeiger an seinem Fahrzeug übersehen zu haben. Angesichts der auf der rechten Seite abgestellten PKWs habe sich das Beklagten-Fahrzeug auch ohne sein Abbiegen hinter ihm aufhalten müssen. Die Beklagte zu 1) habe sogar versucht, ihn über den Bürgersteig zu überholen.
Der Kläger beantragt,
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 1.116,32 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.07.2015 zu zahlen,
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, ihn von Rechtsanwaltsvergütungsansprüchen der Rechtsanwälte Busch & Kollegen aus 52525 Heinsberg in Höhe von 571,44 € freizustellen.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Sie behaupten, dass beide Fahrzeug wegen der rechts geparkten PKWs ziemlich mittig gefahren seien. Kurz vor der Hausnummer 28a sei das klägerische Fahrzeug näher zur rechten Fahrbahnseite gefahren und sodann überraschend nach links in die Grundstückseinfahrt seines Hauses abgebogen. Die Beklagte zu 1) habe auf der regennassen Fahrbahn das Beklagten-Fahrzeug nicht mehr rechtzeitig zum Stillstand bringen können, so dass es zur Kollision mit dem Seitenbereich des abbiegenden klägerischen Fahrzeugs gekommen sei.
Das Gericht hat den Kläger und die Beklagte zu 1) informatorisch angehört und Beweis erhoben gemäß Beschluss vom 19.10.2015 (Bl. 44f. GA). Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der Sitzung vom 23.12.2015 (Bl. 76ff. GA) Bezug genommen.
Entscheidunggründe
Die Klage ist zulässig und in der Sache begründet.
Dem Kläger steht gegen die Beklagten ein Anspruch auf restlichen Schadensersatz in Höhe von 1.116,32 € gemäß §§ 823 Abs. 1 BGB, 18 StVG, § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG aus dem Verkehrsunfallereignis vom 13.06.2015 zu.
Unter Abwägung der jeweiligen Verantwortungsbeiträge gemäß § 17 Abs. 1, 2 StVG trifft die Beklagten an dem streitgegenständlichen Unfall die volle Haftung.
Der Beklagten zu 1) ist ein Verstoß gegen § 4 Abs. 1 S.2 StVO vorzuwerfen, wonach der Abstand zu einem vorausfahrenden Fahrzeug in der Regel so groß sein muss, dass auch dann hinter diesem gehalten werden kann, wenn es plötzlich gebremst wird.
Gegen die Beklagte spricht kein Anscheinsbeweis, denn es liegt kein typischer Auffahrunfall vor. Der Anschein gegen den Auffahrenden setzt eine Gestaltung voraus, bei der zumindest eine Teilüberdeckung von Front und Heck vorliegt. Diese ist hier nicht gegeben, weil sich die Schäden am klägerischen Fahrzeug hauptsächlich an der vorderen linken Seite des klägerischen Fahrzeugs und nicht am Heck befinden.
Dennoch steht zur Überzeugung des Gerichts nach der informatorischen Anhörung des Klägers und der Beklagten zu 1) sowie den weiteren Zeugenaussagen fest, dass die Beklagte zu 1) mit ihrem Fahrzeug bei der Fahrt hinter dem klägerischen Fahrzeug keinen ausreichenden Abstand zum klägerischen Fahrzeug eingehalten hat und infolge von Unaufmerksamkeit zu spät auf die Verlangsamung des klägerischen Fahrzeugs vor dessen mit gesetztem Fahrtrichtungsanzeiger rechtzeitig angezeigten Einfahrt in die Grundstückseinfahrt reagiert und die Rutschgefahr auf regennasser Fahrbahn unterschätzt hat.
Der Kläger hat den Unfallhergang derart geschildert, dass er mit einer Geschwindigkeit von 35 – 40 km/h die Fahrbahnmitte der Straße In Kückhoven befahren und in Höhe der links abgehenden Thingstraße etwa 25-30 Meter vor der Einfahrt zu seinem Grundstück den linken Blinker an seinem Fahrzeug gesetzt habe, wobei er durch den Rückspiegel den nachfolgenden Verkehr und das Beklagten-Fahrzeug mit einem Abstand von 1,5 Fahrzeuglängen im Blick gehabt habe. Nach einer Geschwindigkeitsreduzierung durch Bremsen habe er den Abbiegevorgang ohne besondere weitere Einordnung nach links oder Schlenker nach rechts in die linksseitige Grundstückseinfahrt eingeleitet, den er mit einer Geschwindigkeit von etwa 10-15 km/h, fast Schrifttempo, durchgeführt habe. Dann sei es zur Kollision gekommen.
Die Erklärung des Klägers war glaubhaft. Die mit eigenen Worten gemachten Angaben des Klägers waren klar und deutlich und erfolgten ohne Übertreibungen.
Der klägerseits geschilderte Unfallhergang zum gesetzten Fahrtrichtungsanzeiger wird auch durch die polizeiliche Unfallmitteilung und die Aussage ihres Erstellers, des Zeugen Lambertz, bestätigt. Der Zeuge hat ohne weiteres glaubhaft ausgesagt, dass die in der Unfallmitteilung festgehaltene Äußerung der Beklagten zu 1) „Ich habe den Blinker nicht beachtet“, auch gefallen sein müsse. Bei einem streitigen Unfallhergang wäre der Unfall in einer zusätzlichen Unfallanzeige dargestellt worden. Wenn mitgeteilt worden wäre, dass die Beklagte zu 1) keine Erinnerung an einen am klägerischen Fahrzeug gesetzten Blinker habe, hätte er weder – wie geschehen – einen Blinker am klägerischen Fahrzeug in die Unfallskizze eingezeichnet, noch die entsprechenden Vermerke zur Erklärung der Frau Küppers aufgenommen.
Demgegenüber blieb die Erklärung der Beklagten zu 1) Im Rahmen Ihrer informatorischen Anhörung blaß.
Die Beklagte zu 1) hat angegeben, dass beide Fahrzeuge mit einer Geschwindigkeit von ca. 35-40 km/h wegen rechts parkender PKWs relativ mittig gefahren seien. Das klägerische Fahrzeug habe vor dem Unfall einen Schlenker nach rechts gemacht, so dass sie gedacht habe, dass dieses rechts habe parken wollen. Sie habe zunächst nicht gebremst und erst zum Zeitpunkt, als das klägerische Fahrzeug nach links herüber gezogen sei, mit dem Bremsvorgang begonnen. Bei der von ihr eingeleiteten Bremsung sei ihr Fahrzeug ins Rutschen gekommen, wobei sie das Fahrzeug noch zur Vermeidung einer Kollision nach links gezogen habe.
Zum Abstand ihres Fahrzeugs zum klägerischen Fahrzeug konnte die Beklagte zu 1) keine Angaben machen. Sie meinte, nicht sehr weit von ihm weg gewesen zu sein, ihm aber „auch nicht auf der Stoßstange gehangen“ zu haben. Die Beklagte zu 1) hatte auch keine konkrete Erinnerung an einen gesetzten Fahrtrichtungsanzeiger am klägerischen Fahrzeug und zu dessen Geschwindigkeitsreduzierung.
Bereits das von der Beklagten zu 1) geschilderte Bremsverhalten bedeutet eine zu späte Reaktion auf das Verhalten des klägerischen Fahrzeugs. Selbst wenn die Beklagte zu 1) zunächst von einem rechtsseitigen Parken des klägerischen Fahrzeug ausgegangen sein sollte, hätte sie bereits zum Zeitpunkt eines Schwenkers nach rechts ihr Fahrzeug voraussichtig abbremsen müssen, weil sie das weitere Fahrverhalten des klägerischen Fahrzeugs nicht einschätzen konnte.
Darüber hinaus hätte sich die Beklagte zu 1) angesichts des Fahrtrichtungsanzeigers am klägerischen Fahrzeug, der nach Überzeugung des Gerichts rechtzeitig gesetzt war, auf eine besondere Fahrweise des klägerischen Fahrzeugs einstellen müssen.
Schließlich lassen die Erinnerungslücken der Beklagten zu 1) bezüglich des Abstands zum klägerischen Fahrzeug, zum Fahrrichtungsanzeiger und zu einer Geschwindigkeitsreduzierung des klägerischen Fahrzeugs auf eine Unachtsamkeit der Beklagten zu 1) in der konkreten Verkehrssituation vor der Kollision schließen.
Verkehrsregelverstöße des Klägers stehen nicht fest. Insbesondere ist kein dem Kläger zuzurechnender Verstoß gegen die Sorgfaltspflichten beim Linksabbiegen in ein Grundstück gemäß § 9 Abs. 5 StVO gegeben.
Das Gericht hält entgegen der in Tellen der obergerichtlichen Rechtsprechung vertretenen Auffassung, wonach bei Zusammenstößen zwischen einem links in eine Grundstückseinfahrt abbiegenden Kfz und einem in gleicher Richtung fahrenden, den Linksabbieger überholenden Fahrzeug der Beweis des ersten Anscheins wegen der dem Linksabbieger abverlangten äußersten Sorgfalt für ein Verschulden des Linksabbiegers spreche (vgl. KG NZV 2006, 309, 310 m.w.Nachw.; OLG Bremen, Beschluss vom 01.09.2009, Az.: 3 U 36/09 m.w.Nachw.), die Regeln des Anscheinsbeweises in Konstellationen wie der vorliegenden für nicht anwendbar.
Voraussetzung für das Eingreifen des Anscheinsbeweises ist, dass sich unter Berücksichtigung aller unstreitigen und festgestellten Einzelumstände ein für die zu beweisende Tatsache nach der Lebenserfahrung typischer Geschehensablauf ergibt. Unter Typizität ist dabei ein Vorgang zu verstehen, der nach der Erfahrung des täglichen Lebens durch das regelmäßige, übliche, gewöhnliche und häufige seines Ablaufs geprägt ist, also ein Ablauf nach Muster. Nach Auffassung des Gerichts kann bei einer Kollision zwischen einem in eine Grundstückseinfahrt links abbiegenden Fahrzeug und einem überholenden Fahrzeug nicht in grundsätzlicher Weise von einem solchen Geschehen nach Muster ausgegangen werden. So bestehen auch nach der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Hamm Bedenken gegen die Allgemeinheit des vom Kammergericht aufgestellten Anscheinsbeweises (vgl. OLG Hamm NZV 2007, 77, 78). Das Oberlandesgericht Düsseldorf erkennt einen Anscheinsbeweis für eine schuldhafte Unfallverursachung des links Abbiegenden nur an, wenn es zu einer Kollision zwischen einem von der Fahrbahn über die Gegenfahrbahn nach links in ein Grundstück abbiegenden Fahrzeug und einem Fahrzeug des durchgehenden, fließenden Verkehrs kommt (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 14.08.2006, Az. 1 U 97/06; Urteil vom 27.09.2004, Az.: 1 U 102/04, jew. m.w.Nachw.). Dies war auch Ausgangspunkt der Rechtsprechung des Kammergerichts, ohne dass erkannt werden kann, dass die Erweiterung des Anscheinsbeweises in Zusammenhang mit einem Verstoß gegen § 9 Abs. 5 StVO auf die anders gelagerten Fälle des § 9 Abs. 1 StVO besonders begründet wurde (vgl. KG NZV 2003, 89, 90).
Bezüglich eines Verkehrsregelverstoß des Klägers gegen § 9 Abs. 5 StVO sind die darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten beweisfällig geblieben.
Gemäß § 9 Abs. 5 StVO muss sich der Fahrzeugführer beim Abbiegen in ein Grundstück, beim Wenden und beim Rückwärtsfahren so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Die Einfahrt in ein Grundstück gehört zum Abbiegen i.S.d. § 9 StVO, so dass dessen Vorschriften unmittelbar anwendbar sind. Für das Abbiegen in ein Grundstück sind die Rechtsgrundsätze überdas allgemeine Abbiegen maßgebend. Eine erhöhte Vorsicht wird insbesondere deshalb verlangt, weil beim Abbiegen in ein Grundstück nachfolgende Verkehrsteilnehmer meistens schwerer erkennen können, wo der Vorausfahrende abbiegen will. § 9 Abs. 1 S. 1, 2 StVO schreibt für den links Abbiegenden vor, dass das Abbiegen unter Benutzung des Fahrtrichtungsanzeigers rechtzeitig und deutlich angekündigt wird und sich der links Abbiegende rechtzeitig bis zur Mitte, auf Fahrbahnen für eine Richtung möglichst weit links einordnet. Gemäß § 9 Abs. 1 S. 4 StVO ist vor dem Einordnen und nochmals vor dem Abbiegen auf den nachfolgenden Verkehr zu achten, wobei dies vor dem Abbiegen dann nicht nötig ist, wenn eine Gefährdung nachfolgenden Verkehrs ausgeschlossen ist.
Vor dem Hintergrund der bereits dargelegten klägerischen Darstellung des Unfallhergangs und der Unfallschilderung der Beklagten zu 1) kann kein Verstoß des Klägers gegen seine Pflichten beim Linksabbiegen in die Einfahrt seines Grundstücks erkannt werden. Vielmehr hat sich der Kläger verkehrsregelgerecht bei seiner Einfahrt verhalten.
Ein Sachverständigengutachten war hier nicht einzuholen. Es ist nicht zu erwarten, dass eine Unfallkonstruktion näheren Aufschluss zu einem Fehlverhalten des Klägers bringen würde. Insbesondere kann ein Sachverständiger nicht feststellen, wann der Kläger den Fahrtrichtungsanzeiger an seinem PKW betätigt hat.
Angesichts des klaren Verkehrsregelverstoßes der Beklagten zu 1) tritt die allgemeine Betriebsgefahr des klägerischen Fahrzeugs vorliegend gänzlich zurück, so dass die Beklagtenseite zu 100 % für den Verkehrsunfall haftet.
Der Höhe nach kann der Kläger die Erstattung eines weiteren Betrages in Höhe von 1.116,32 € verlangen. Gegen die klägerische Schadensberechnung mit einem Gesamtschaden in Höhe von 5.581,61 € haben die Beklagten keine Einwendungen erhoben, so dass nach Zahlungen der Beklagten zu 2) in Höhe von 4.273,11 € und 192,18 € 5.809,53 € noch der genannte Betrag zur Zahlung offen steht.
Die zugesprochenen Zinsen stehen dem Kläger aus §§ 286, 288 BGB zu. Nachdem die Beklagte zu 2) mit Schreiben vom 26.06.2015 zur Zahlung bis zum 10.07.2015 aufgefordert worden war, trat am Folgetag Verzug ein.
Schließlich steht dem Kläger gegen die Beklagten ein Anspruch auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 571,44 € zu. Der auf §§ 823 BGB, 18 StVG beruhende Schadensersatzanspruch des Klägers erstreckt sich auch auf die im Rahmen der vorprozessualen Rechtsverfolgung entstandenen Anwaltskosten, soweit sie nach der berechtigten Ersatzforderung angefallen sind, so dass vorliegend ausgehend von einem nach dem unfallbedingten Schaden zu bemessenden Gegenstandswert in Höhe von 5.581,61 € ein Erstattungsanspruch in der bezeichneten Höhe besteht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung zu vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Streitwert: 1.116,32 €
Rechtsbehelfsbelehrunq:
[…]
Foerster
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