AG Soest zur Erstattungsfähigkeit der Rechtsanwaltskosten bei gewerblichem Vermieter

Auch das AG Soest (Urteil vom 11.07.2018, Az. 13 C 9/18) hat die KRAVAG-Versicherung zur Zahlung der Rechtsanwaltskosten nach dem Unfall eines LKW eines gewerblichen Vermieters verurteilt. Wie schon beim AG Euskirchen hatte der Vortrag der Versicherung keinen Erfolg. Das AG Soest hat das von mir zitierte AG Dortmund aufgenommen und sogar noch einen “draufgesetzt” ob des umfangreichen Vortrags der Gegenseite:

“Nicht zuletzt der vorliegende, auf nahezu 200 Seiten (!)ausgebreitete Fall bei einem nichtberufungsfähigen Streitwert zeigt exemplarisch, mit welcher Vehemenz, angetrieben offenkundig auch durch die im Rahmen der Digitalisierung gegebenen Möglichkeiten der Recherche und Textverarbeitung, gestritten wird.”

 

Hier das Urteil im Volltext (Download hier):

13 C 9/18

Verkündet am 11.07.2018

Amtsgericht Soest

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

In dem Rechtsstreit

Klägerin,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Busch & Kollegen, Schafhausener Straße 38, 52525 Heinsberg,

gegen

die KRAVAG Logistik Versicherungs-AG, vdd. Vorstand, d.vdd. Vors. Dr. Edgar
Martin, Heidenkampsweg 102, 20097 Hamburg,

Beklagte,

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt Ingo ,

hat das Amtsgericht Soest

auf die mündliche Verhandlung vom 30.05.2018

durch die Richterin am Amtsgericht Ludwigt

für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 546,50 Euro nebst Zinsen in Höhe von
fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.12.2017 zu
zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäߧ 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte gemäߧ§ 7, 17 StVG, 1 PflVersG, 115 WG
einen Anspruch auf Erstattung ihr vorgerichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten
in Höhe von 546,50 Euro.

Die Klägerin durfte die Einschaltung ein~s Anwalts im Rahmen der Schadensabwicklung in der Verkehrsunfallsache für erforderlich und zweckmäßig
halten, auch wenn sich die anwaltliche Tätigkeit- letztlich – in der mit Schreiben vom 27.11.2017 erfolgten kurzen Sachverhaltsdarstellung und Bezifferung des Schadens mit gleichzeitiger Zahlungsaufforderung unter Fristsetzung, woraufhin die Beklagte bis auf eine geringfügige Kürzung der Pauschale um 5,00 Euro auf 25,00 Euro, den Schaden vollumfänglich beglichen hat, erschöpft hat. Dies gilt unabhängig davon, ob die Klägerin, was streitig ist, über eine Rechtsabteilung verfügt und in welchem Umfang die Klägerin, die u.a. den Handel und die Vermietung von Sattelaufliegern und Zugmaschinen betreibt, mit derartigen Schadensfällen befasst ist. Denn die Regulierungspraxis der Versicherungswirtschaft zeichnet sich in einer Vielzahl von Fällen – und insoweit schließt sich das Gericht den in dem Urteil des Amtsgerichts Dortmund vom 29.06.2009, AZ: 431 C 2994/09, niedergelegten Erfahrungen an – dadurch aus, dass selbst kleinste Schadenspositionen – unabhängig von einer dem Grunde nach unstreitigen Einstandspflicht – systematisch angegriffen werden und zum Gegenstand umfangreicher Auseinandersetzungen gemacht werden, so dass auch ein geschäftserfahrener Geschädigter befürchten muss, dass eine Schadensposition, die noch gestern anerkannt worden wäre, von der gegnerischen
Versicherung heute nicht mehr akzeptiert wird. Insoweit gebietet es auch der Grundsatz der Waffengleichheit, dass sich ein selbst geschäftserfahrener
Geschädigter sich der Hilfe eines Rechtsanwalts bedienen darf, um der gegnerischen Versicherung „Paroli bieten” zu können. Nicht zuletzt der vorliegende, auf nahezu 200 Seiten (!)ausgebreitete Fall bei einem nichtberufungsfähigen Streitwert zeigt exemplarisch, mit welcher Vehemenz, angetrieben offenkundig auch durch die im Rahmen der Digitalisierung gegebenen Möglichkeiten der Recherche und Textverarbeitung, gestritten wird.

Im Ergebnis kann die Klägerin danach Erstattung ihr vorgerichtlich entstandener Anwaltskosten unter Zugrundelegung des Gegenstandswertes in unstreitiger Höhe von jedenfalls 6.627,49 Euro in Höhe einer 1,3 Geschäftsgebühr von 526,50 Euro zuzüglich einer Auslagenpauschale von 20,00 Euro, mithin in Höhe von insgesamt 546,50 Euro verlangen. Darauf, ob die Klägerin diese Rechtsanwaltskosten bereits beglichen hat, kommt es nicht an; denn der zunächst insoweit gegebene Freistellungsanspruch der Klägerin hat sich mit der endgültigen Zahlungsverweigerung der Beklagten in einen Zahlungsanspruch umgewandelt.

 

Der Zinsanspruch beruht auf§§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1 BGB.

Oie Nebenentscheidungen beruhen auf§§ 91, 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Rechtsbehelfsbelehrung:

[…]

Ludwigt
Amtsgericht Soest