Rechtsanwaltskosten bei Vertretung mehrerer Geschädigter

Die Rechtsanwaltkosten bei Vertretung mehrerer Geschädigter sind getrennt geltend zu machen, so das AG Eschweiler im Urteil vom 16.08.2018, Az. 27 C 55/18. Wieder einmal hat die VHV verloren. Es ist extrem auffällig, dass diese Versicherung zu Einzelpunkten einen Feldzug führen möchte, damit aber immer wieder unterliegt. Dies gilt natürlich einmal bei der Kürzung der Sachverständigenkosten, hier aber auch bei der Rechtsanwaltsvergütung. Nach einem Verkehrsunfall waren der Fahrzeugeigentümer wegen der sachbezogenen Ansprüche und der davon unterschiedliche Fahrer wegen der Schmerzensgeldansprüche vertreten worden. Für die VHV und deren Kölner Kanzlei BLD ist das eine Suppe, die zusammengerührt werden muss. Es gebe nur die Rechtsanwaltskosten nach dem Gesamtstreitwert der Ansprüche. Diesem Ansinnen hat das AG Eschweiler eine zutreffende und klare Ansage gegenübergestellt. Die Ansprüche sind vielmehr als getrennt zu betrachten und daher getrennt abzurechnen.

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Hier das Urteil im Volltext:

27 C 55/18

Amtsgericht Eschweiler

Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit

Klägerin,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Busch & Kollegen, Schafhausener Str. 38, 52525 Heinsberg,

gegen

VHV Versicherung

Beklagte,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte BLD, Kaiserin-Augusta-Allee 104-106, 10553 Berlin,

hat das Amtsgericht Eschweiler

im vereinfachten Verfahren gemäߧ 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung am 16.08.2018
durch den Richter Knop

für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 83,54 € nebst Zinsen
in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen
Basiszinssatz seit dem 01.06.2017 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO
abgesehen.

II.

Die zulässige Klage ist begründet.

1.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte gemäß §§ 7 Abs. 1 StVG, 115 WG, 249 Abs. 2
S. 1 BGB einen Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten
i.H.v. 83,54 €.

a) Die Haftung der Beklagten dem Grunde nach ist zwischen den Parteien
unstreitig.

b) Ausgehend von einem Gegenstandswert i.H.v. 175 € hat die Klägerin ein
Anspruch auf Erstattung von Rechtsanwaltsgebühren i.H.v. 83,54 € (1,3
Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 W RVG, Auslagen gemäß Nr. 7002 W RVG und
Mehrwertsteuer nach Nr. 7008 V RVG).

Dieser Anspruch ist auch nicht durch Erfüllung gemäߧ 362 BGB erloschen, weil die
Beklagte außergerichtlich Rechtsanwaltsgebühren i.H.v. 958, 19 € an den Vater der
Klägerin unter Einbeziehung des Schmerzensgeldanspruchs der Klägerin nach dem
Gesamtgegenstandswert gezahlt hat. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin ist
vorliegend nicht in derselben Angelegenheit für die Klägerin und ihren Vater tätig
geworden, so dass eine Streitwertaddition gemäߧ 7 Abs. 1 RVG i.V.m. § 22 Abs. 1
RVG nicht erfolgt.


aa) Anwaltliche Leistungen betreffen dann dieselbe Angelegenheit, wenn
zwischen ihnen ein innerer Zusammenhang besteht und sie sowohl inhaltlich als
auch in der Zielsetzung so weitgehend übereinstimmen, dass von einem
einheitlichen Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit gesprochen werden kann (vgl. BGH,
Urt. v. 05.10.2010, VI ZR 152/09). Maßgeblich bei der Beurteilung sind der Inhalt des erteilten Auftrages und die Umstände des Einzelfalls.

Es kann vorliegend dahinstehen, ob ein einheitlicher Auftrag gegeben ist. Jedenfalls stimmt die Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten der Klägerin für diese nicht mit seiner Tätigkeit für ihren Vater überein. Gegenstand der Tätigkeit für den Vater war die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen aufgrund der Beschädigung des Fahrzeugs des Vaters durch den Verkehrsunfall vom 10.04.2017.

Hiervon abweichend machte er für die Klägerin Schmerzensgeldansprüche gegenüber der Beklagten geltend. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin verwendete dabei
unterschiedliche Aktenzeichen (541/17 und 546/17) und korrespondierte mit der
Beklagten in getrennten Briefen (vgl. auch, AG Hannover, Urteil v. 29.08.2011, Az.
526 c 3807/11).

bb) Weiter ist zu berücksichtigen, dass auch bei Zugrundelegung der
Argumentation der Beklagten ein weiterer Anspruch besteht. Bei Berücksichtigung
einer Beauftragung des Prozessbevollmächtigten durch zwei Auftraggeber hätte
unter Zugrundelegung eines Gesamtgegenstandswert von bis 13.000 € für seine
Tätigkeit jedenfalls eine Erhöhung der Geschäftsgebühr auf eine 1,6 -fache Gebühr
aufgrund erfolgen müssen (Nr. 1008 W RVG). Anderenfalls wäre die Konsequenz,
dass der entsprechend des eindeutigen Wortlauts dieser Norm zu berücksichtigende
Mehraufwand bei mehreren Auftraggebern keinen Niederschlag findet. Dies ist
ebenfalls unterblieben.

Nicht zuletzt hätte es der Klägerin zudem freigestanden einen weiteren
Prozessbevollmächtigten zu beauftragen, dessen Kosten die Beklagten ebenfalls
hätten erstatten müssen.

2.
Der Zinsanspruch folgt aus§§ 286, 288 BGB.

3.4
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Streitwert: bis 500,00 €

Knop