Kein Bußgeld bei Lenkzeitverstößen

Der Spiegel online und “der winkelschreiber” berichten darüber, daß durch eine mangelhafte Umsetzung einer EU-Richtlinie derzeit keine Bußgelder bei Lenkzeitverstößen von LKW-Fahrern verhängt werden können:

“Seit dem 11. April können LKW-Fahrer und ihre Arbeitgeber nicht mehr wegen Verstößen gegen die europäischen Bestimmungen über Lenk- und Ruhezeiten mit Bußgeld belegt werden, weil es das Bundesverkehrsministerium versäumt hat, die deutschen Bußgeldbestimmungen an das zu diesem Tag geänderte Europarecht anzupassen, meldet Spiegel online. Ein kurzer Blick in die relevanten Rechtsnormen zeigt, dass die Nachricht stimmt:

Gegen eine Verordnung, die es gar nicht mehr gibt, kann man aber auch nicht verstoßen, und zu der neuen Verordnung, die gültig ist, fehlt es an einem Bußgeldtatbestand im deutschen Recht. Also stellen unter anderem Verstöße gegen die Lenk- und Ruhezeiten keine Ordnungswidrigkeiten mehr dar. Ganz untätig bleiben müssen die Behörden freilich auch nicht. Da die neue EG-Verordnung unmittelbar gilt, bleiben die Lenk- und Ruhezeiten vorgeschrieben, und die Polizei kann etwa Fahrer, die dagegen verstoßen, nach den allgemeinen Regelungen des Polizeirechts an der Weiterfahrt hindern. Nur Bußgeld kann sie eben keines mehr verlangen. Mal schauen, wie lange es jetzt dauert, bis die Änderung der Bußgeldbestimmungen im Bundesgesetzblatt steht.”

Update 10.05.2007: Inzwischen gibt es auch schon die ersten Entscheidungen zu diesem Thema:

“OLG Hamburg – LG Hamburg
24.4.2007
1 – 11/07 (RB)

Noch nicht rechtskräftig abgeurteilte Verstöße gegen die Verordnung
(EWG ) Nr. 3820/85 in Verbindung mit den Bußgeldvorschriften des
Fahrpersonalgesetzes und der Fahrpersonalverordnung betreffend die
Lenk- und Ruhezeiten können seit dem 11. April 2007 nicht mehr geahndet
werden, da die Verordnung an diesem Tage außer Kraft getreten und durch
die Verordnung (EG) 561/2006 ersetzt worden ist, das die
Bußgeldandrohung enthaltende Fahrpersonalgesetz aber der geänderten
Rechtslage nicht angepasst worden ist.

Nach § 4 Abs. 3 OWiG findet die nicht bußgeldbewehrte Neuregelung als
„mildestes Gesetz“ Anwendung.

Verordnung (EWG) Nr. 3820/85
Verordnung (EG) Nr. 561/2006
FpersG § 8
FPersV a.F. § 9
FpersV § 22
OWiG § 4 Abs. 3

Update 28.02.08: Die Lücke ist geschlossen. Die bis zum 10.04.2007 unter der Geltung der VO (EWG) Nr. 3820/85 begangenen Ordnungswidrigkeiten nach § 8 FPersG können nach § 8 Abs. 3 FPersG weiterhin verfolgt werden. Die Übergangsregelung verstößt weder gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot des Art. 103 GG noch gegen § 14 Abs. 3 OwiG (so zB OLG Bamberg, Beschluß vom 04.12.2007, 2 Ss Owi 1265/07).

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