Der BGH (Urteil vom 08.07.2008, Az. VI ZR 274/07) hatte nach seiner Entscheidung vom 28.01.2003 (Az. VI ZR 139/02) erneut Gelegenheit, zur sog. “Harmlosigkeitsgrenze” bei Verletzungen der Halswirbelsäule Stellung zu nehmen. In der zeitlich älteren Entscheidung hatte der BGH bei einem Heckaufprall die oft von der Versicherungswirtschaft eingewandte “Harmlosigkeitsgrenze” zurückgewiesen. Es sei vielmehr eine Frage des Einzelfalls und der richterlichen Überzeugung, ob eine Verletzung aufgrund des geschilderten Verkehrsunfalls in Frage kommt.
Dies hat der BGH jetzt auch für Verkehrsunfälle mit einer Frontalkollision bestätigt. Die Tatgerichte hatten noch nicht einmal Beweis erhoben durch Einholung eines Unfallrekonstruktions- oder biomechanischen Gutachtens. Auch dies segnete der BGH ab; ihm reichte die Vernehmung zweier Zeugen, u.a. des behandelnden Arztes.
Eigentlich sollte man damit im Rahmen der täglichen Sachbearbeitung dem Schreckgespenst der “Harmlosigkeitsgrenze” nicht mehr begegnen. Ich wette aber darauf, dass die beiden Urteile nach wie vor ignoriert werden, um so manchen Unfallgeschädigten von der gerichtlichen Geltendmachung seiner Ansprüche abzuhalten. Die aktuelle Entscheidung bietet aber genügend Material, um langgepflegten Irrglauben im Zusammenhang mit HWS-Schäden wirksam zu begegnen.