Reimport und verkürzte Garantiefrist

Das LG Aachen (Az. 8 O 370/08) und das OLG Köln (Az. 13 U 04/09) hatten einen interessanten Fall aus dem Kaufrecht zu entscheiden. Der Kläger hatte bei der Beklagten – einem Reimporteur – als Verbraucher einen PKW erworben. Der Hersteller des Fahrzeugs gewährte eine Garantie von 3 Jahren. In der Werbung des Verkäufers in den Vertragsunterlagen bzw. im Internet befanden sich Hinweise auf diese Garantie, allerdings mit dem Zusatz, dass diese Garantiefrist “ab dem Tag der Auslieferung des Fahrzeugs durch den jeweiligen Vertragshändler an den Verkäufer” zu laufen beginne. Ferner erfolgte ein Hinweis darauf, dass die Fahrzeuge im Ausland kurz vor der Auslieferung ggf. eine Zulassung erhalten und die Garantielaufzeit ab dem ersten Tag der Zulassung im Ausland gilt.

Das Fahrzeug wurde dem Kläger am 26.08.2005 übergeben. Nach der Behauptung des Klägers erlitt das Fahrzeug am 14.07.2008 einen Riss des Zahmriemens, der einen Motorschaden verursachte. Da die Anmeldung zur Garantie bereits am 25.03.2005 erfolgt sei, konnte dieser Schaden nicht mehr über die Herstellergarantie abgewickelt werden.

Der Kläger hat die Beklagte auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von über 6.000,00 € in Anspruch genommen. Er warf der Beklagten vor, ihn nicht oder mißverständlich auf die verkürzte Garantiefrist hingewiesen zu haben. Die Formulierungen der Beklagten seien als AGB zu bewerten, überraschend und unwirksam. Die Beklagte habe ein eigenständiges Garantieversprechen abgegeben, indem sie mit der 3-jährigen Garantiefrist geworben habe.

Er hatte damit in zwei Instanzen keinen Erfolg. Das LG Aachen hatte die Klage abgewiesen, weil der Kläger angeblich verspätet vorgetragen habe, dass ihm eine volle 3-jährige Garantiefrist wesentlich war. Wenn die Angaben der Beklagten hierzu widersprüchlich seien, hätte er sich genauer informieren müssen. Auch einen Anspruch aus einer Garantieabrede konnte das LG Aachen ebensowenig erkennen wie eine Unwirksamkeit als AGB.

Das OLG Köln sah dies etwas anders und hat aus anderen Gründen darauf hingewiesen, warum die Berufung keine Aussicht auf Erfolg habe. Selbst man ein Verschulden bei Vertragsschluß annehme, sei dieser Anspruch nur auf Ersatz des Vertrauensschadens gerichtet. Der Schaden des entsprechend aufgeklärten Käufers bestehe in dem Betrag, um den er zu teuer erworben hat. Eine Ausnahme durch Übernahme einer eigenständigen Garantie des Verkäufers sei nicht gegeben. Der Kläger mache aber einen Anspruch auf Zahlung des positiven Interesses geltend. Es komme daher nicht auf eine Verletzung der Aufklärungspflicht oder eine Verspätung des erstinstanzlichen Sachvortrags an.

Der Kläger hat die Berufung nach dem Hinweis des Senats gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückgenommen.

Die Entscheidungen des Gerichts können nachfolgend im Volltext gelesen oder hier (LG Aachen) und hier (OLG Köln) als pdf heruntergeladen werden.

8 O 370/08

Verkündet am 10.12.2008

Landgericht Aachen

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

In dem Rechtsstreit

Klägers,

gegen

Beklagte,

Prozeßbevollmächtigte:

Rechtsanwalt Busch und Partner Anwaltsfach: AC 160, Schafhausener Straße 38,52525 Heinsberg,

hat die 8. Zivilkammer des Landgerichts Aachen

auf die mündliche Verhandlung vom 05.11.2008

durch die Richterin Begon als Einzelrichterin

für Recht erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des
vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger schloss am 22.08.2005 mit der Beklagten einen Kaufvertrag über ein
Fahrzeug vom Typ KIA Carens EX 2.0 CDRi zum Preis von 15.145,00 €. Unstreitig
gewährt der Hersteller des Fahrzeugs grundsätzlich eine dreijährige Garantie.
Bei dem vom Kläger erworbenen Fahrzeug handelt es sich um ein EU-Fahrzeug, das
aus Frankreich importiert wurde. Auf dem vom Kläger unterzeichneten Auftrag (BI. 8
dA) befindet sich in der Artikelbeschreibung unter anderem der Hinweis: “Garantie *1”.
Unmittelbar über der Unterschriftszeile befindet sich als Erläuterung dieses Zusatzes
folgende Passage: ,,*1 gilt ab dem Tag der Auslieferung des Fahrzeugs durch den
jeweiligen Vertragshändler an ….
Ein identischer Hinweis findet sich ferner auf der Rechnung (BI. 9 dA) sowie der
Fahrzeug-Abnahmeerklärung (BI. 33 dA).

In den Fahrzeug-Informationen befindet sich ferner unter der Auflistung der Ausstattung
unter der deutlich abgesetzten und farblich unterlegten Überschrift “Bitte beachten” ein
Hinweis darauf, dass die Fahrzeuge im Ausland kurz vor der Auslieferung ggf. eine
Zulassung erhalten und die Garantielaufzeit ab dem ersten Tag der Zulassung im
Ausland gilt.

Das Fahrzeug wurde am 26.08.2005 an den Kläger ausgeliefert.

Der Kläger behauptet, er sei vor Abschluss des Vertrages nicht auf den verkürzten
Garantiezeitraum hingewiesen worden. Er behauptet ferner, am 14.07.2008 sei der
Zahnriemen des von ihm erworbenen Fahrzeugs gerissen, wodurch ein erheblicher
Motorschaden verursacht worden sei. Als er sich an einen Vertragshändler des
Fahrzeugherstellers gewandt habe, sei er darauf hingewiesen worden, dass der
Schaden erst nach Ablauf der Garantiezeit eingetreten sei, da die Anmeldung des
Fahrzeugs zur Garantie bereits am 25.03.2005 erfolgt und die. Garantie somit am
24.03.2008 abgelaufen sei.

Er ist der Ansicht, der in den Vertragunterlagen enthaltene Hinweis auf die bereits vor
der Übergabe des Fahrzeugs an den Kunden beginnende Garantie sei unklar und
daher unwirksam.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6.150,46 € nebst Zinsen in Höhe von
fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem
26.08.2008 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie behauptet, der Kläger sei mehrfach auf die verkürzte Garantiefrist hingewiesen
worden und ist der Ansicht, der Kläger habe aufgrund der Besonderheiten des Erwerbs
eines EU-Neufahrzeugs mit einer verkürzten Garantiezeit rechnen müssen.
Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien
zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätzen nebst Anlagen sowie das Protokoll der
mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung von 6.150,46 € gegen die Beklagte.

Ein Anspruch auf Ersatz der vom Kläger geltend gemachten Kosten für eine Reparatur
des behaupteten Motorschadens ergibt sich vorliegend nicht aus §§ 280 I 1, 241
BGB.

Dabei kann vorliegend offen bleiben, ob es sich bei der im Auftrag erwähnten
Garantiezusage um einen Hinweis auf die Garantie des Herstellers oder ein
eigenständiges Garantieversprechen der Beklagten handelt. Eine für den
Schadenseintritt kausale Pflichtverletzung kann vorliegend nicht daraus abgeleitet
werden, dass sich aus dem Hinweis der Beklagten nicht eindeutig ergibt, ab welchen
konkreten Zeitpunkt die Garantie zu laufen begann. Selbst bei einem konkretisierten
Hinweis darauf, dass die Garantie bereits im März 2005 zu laufen begann, hätte dies
keinen Einfluss auf den Eintritt des behaupteten Motorschadens am 14.07.2008, also
nach Ablauf der Garantie, gehabt. Eine Kausalität einer möglicherweise in dem
fehlenden Hinweis auf den konkreten Beginn der Garantiefrist liegenden
Pflichtverletzung scheidet daher vorliegend aus.

Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Gewährung einer Garantie über einen Zeitraum
von vollen drei Jahren für den Kläger wesentlich war. In diesem Fall hätte es ihm
aufgrund der wiederholten Hinweise auf die verkürzte Laufzeit der Garantie in den
Vertragsunterlagen oblegen, sich über den konkreten Zeitpunkt des Garantiebeginns zu
informieren. Eine Kausalität der nicht konkretisierten Unterrichtung hätte zwar
gegebenenfalls dann in Betracht kommen können, wenn der Kläger bei Kenntnis der
um mehrere Monate verkürzten Gewährung der dreijährigen Garantie den Kaufvertrag
nicht abgeschlossen hätte. Dieser Vortrag des Klägers, der erst nach Abschluss der
mündlichen Verhandlung erfolgte, wird gemäß § 296a ZPO als verspätet
zurückgewiesen.

II.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von 6.150,46 €
aus einer Garantieabrede.

Dabei kann dahinstehen, ob es sich bei dem Hinweis auf den Beginn der Garantiefrist
ab dem Zeitpunkt der Auslieferung an die Beklagte um eine allgemeine
Geschäftsbedingung im Sinne der §§ 305ff. BGB handelt, da der Wirksamkeit dieser
Klausel auch die Inhaltskontrolle nach den §§ 305 – 310 BGB nicht entgegensteht.
Eine Unwirksamkeit der Klausel ergibt sich vorliegend nicht aus § 305c I BGB. In dem
vom Kläger unterzeichneten Auftrag befindet sich unmittelbar über der
Unterschriftszeile ein Hinweis darauf, dass die Garantie ab dem Zeitpunkt der
Auslieferung des Fahrzeugs an die Beklagte beginnt. Aufgrund der konkreten
Positionierung des Hinweises unmittelbar über der Unterschriftszeile, räumlich leicht
abgesetzt von den übrigen Bestandteilen des Auftragsschreibens, wird der Kunde
deutlich auf die verkürzte Laufzeit der Garantie hingewiesen. Dies kann auch nicht als
überraschende Klausel gewertet werden, da der Kläger darüber informiert war, dass es
sich um ein sog. EU-Neufahrzeug handelt, dass regelmäßig zu einem unter dem Preis
eines vergleichbaren Neufahrzeugs liegenden Abgabepreis angeboten wird. Ein
Hinweis auf eine bereits vor der Übergabe an den Endkunden beginnende Garantieoder
Gewährleistungsfrist kann daher auch inhaltlich nicht als überraschend im Sinne
des § 305c BGB gewertet werden.

Ein Anspruch auf Erstattung der außergerichtlich entstandenen Anwaltsgebühren
kommt in Ermangelung eines Hauptanspruchs ebenfalls nicht in Betracht.

IV.

Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 91, 709 Ziffer 11, 711 ZPO.
V.

Der Streitwert wird auf 6.150,64 € festgesetzt.

Begon
Richterin

—————-
13 U 04/09
8 0 370/08
LG Aachen

OBERLANDESGERICHT KÖLN

In der Berufungssache

Klägers und Berufungsklägers,

gegen

Prozeßbevollmächtigte Rechtsanwälte Busch & Kollegen,
Schafhausener Straße 38,52525 Heinsberg,

hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch den Vorsitzenden Richter
am Oberlandesgericht Gundlach sowie die Richter am Oberlandesgericht Wurm und
Dr. Waters

am 25.03.2009

beschlossen:

Der Kläger wird darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die
Berufung gegen das am 10.12.2008 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer
des Landgerichts Aachen- 8 0 370/08 – gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch
einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

Gründe:

Der Senat vermag der Berufung des Klägers keine Erfolgsaussicht beizumessen. Die
Angriffe der Berufung geben weder Veranlassung zu einer dem Kläger günstigeren
Beurteilung noch wirft die Sache ungeklärte Rechtsfragen auf, deren Bedeutung über
den Einzelfall hinausgeht und deren Klärung im Interesse der Fortbildung des Rechts
oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des
Berufungsgerichts erfordern könnten.

Das Landgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass dem Kläger der
geltend gemachte Anspruch nicht zusteht. Selbst wenn man annimmt, die Beklagte
habe durch den unterlassenen Hinweis auf den bereits teilweisen Ablauf der
Herstellergarantie zum Zeitpunkt der Übergabe des Fahrzeugs eine Pflichtverletzung
begangen, so führt dies nicht dazu; dass -der Kläger Ersat+ der R,eparaturkosten für
den Motorschaden verlangen kann, der nach Ablauf der Herstellergarantie
eingetreten ist.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (grundlegend NJW
1977, 1536) ist der auf Verschulden bei Vertragsschluss beruhende
Schadensersatzanspruch grundsätzlich auf Ersatz des Vertrauensschadens
gerichtet. Der durch eine unrichtige Auskunft Geschädigte ist so zu stellen, wie er
gestanden hätte, wenn ihm die richtige Auskunft erteilt worden wäre. Will der
geschädigte Vertragspartner am Vertrag festhalten, ist er so zu behandeln, als wäre
es ihm bei Kenntnis der wahren Sachlage gelungen, den Vertrag zu einem
günstigeren Preis abzuschließen. Bei Abschluss des Kaufvertrags durch einen nicht
entsprechend aufgeklärten Käufer stellt deshalb der Betrag einen ersatzfähigen
Schaden dar, um den der Käufer im Vertrauen auf die Richtigkeit der Angaben des
Verkäufers den Gegenstand zu teuer erworben hat (vgl. auch Reinking/Eggert, Der
Autokauf, 10. Aufl., Rz.2223).

Eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht nur, wenn der Auskunftsgeber eine
Garantie für die Richtigkeit seiner Angaben übernommen hat; nur in diesem Fall
kann der Vertragspartnerim Fall der Nichteinhaltung dieser Garantie verlangen so
gestellt zu werden, als ob der garantierte Erfolg eingetreten wäre (vgl.
Palandt/Heinrichts, 8GB, 69.Aufl., Vorb v § 249 RZ.18 m.w.N.).

Da die Beklagte vorliegend keine Garantie dafür übernommen hat, dass der gekaufte
Wagen im Zeitpunkt der Übergabe eine volJe dreijährige Herstellergarantie hatte
(auch der Kläger wirft der Beklagten lediglich eine Nichtaufklärung über den
verkürzten Garantiezeitraum vor), umfasst der hier unterstellte
Schadensersatzanspruch des Klägers wegen Nichtaufklärung den von ihm geltend
gemachten Schaden, der auf das positive Interesse gerichtet ist (der Kläger will so
gestellt werden, wie er stehen würde, wenn der Lauf der Herstellergarantie erst ab
Übergabe bzw. kurz zuvor begonnen hätte), nicht.

Im Hinblick hierauf kommt es auf die Frage einer Aufklärungspflicht der Beklagten
ebenso wenig an wie auf die Frage, ob das Landgericht den Vortrag des Klägers, er
hätte in Kenntnis der verkürzten Garantie den Kaufvertrag nicht abgeschlossen, zu·
Unrecht gemäß §296a ZPO unberücksichtigt gelassen hat.

Der Kläger erhält Gelegenheit, zu den vorstehenden Hinweisen binnen drei Wochen
nach Zugang dieses Beschlusses schriftsätzlich Stellung nehmen, falls er es nicht
vorzieht, sein vom Senat für aussichtslos gehaltenes Rechtsmittel zur Vermeidung
weiterer Kosten zurückzunehmen.

Gundlach Wurm Dr. Waters

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