Das LG Wiesbaden, Urteil vom 03.01.2013, Az. 9 S 29/12, hat eine Entscheidung zur Frage der Kostentragung bei einem Werkvertrag veröffentlicht. Der Besteller wollte keine Zahlung leisten, weil hierfür eine Garantieversicherung in Anspruch genommen werden sollte. In dem Werkstattauftrag war die Inanspruchnahme der Garantieversicherung vermerkt und diese war auch zunächst in Anspruch genommen worden. Die Versicherung lehnte aber eine Zahlung ab, so dass die Werkstatt nunmehr den Besteller in Anspruch nahm. Das LG hielt – anders als das AG – die Zahlungspflicht für begründet. Es handele sich nicht um eine aufschiebende Bedingung. Die Werkunternehmerin habe lediglich aus Gefälligkeit die Anfrage bei der Versicherung unternommen. Außerdem sei der Besteller auch unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung zur Zahlung verpflichtet.
Das erinnert mich an einen Rechtsstreit, den ich vor einigen Jahren vor dem AG Geilenkirchen (Urteil vom 13.10.2010, Az. 10 C 174/10) geführt habe. Der Besteller der Werkleistung und die Werkstatt waren zunächst von einem Fehler der Werkstatt bei einem vorangegangenen Reparaturversuch ausgegangen und hatten die Betriebshaftpflichtversicherung eingeschaltet. Diese hat dann aber nur eine Teilzahlung aus Kulanzgründen geleistet. Die Werklohnklage blieb ohne Erfolg (bestätigt durch Beschluss des LG Aachen vom 20.12.2010, Az. 2 S 400/10). Das AG ging nach Würdigung von Zeugenaussagen davon aus, dass der Reparaturauftrag nur unentgeltlich erteilt wurde.
Hier der Volltext:
10 C 174/10
Verkündet am: 13.10.2010
Amtsgericht Geilenkirchen
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
In dem Rechtsstreit
Klägerin,
Prozessbevollmächtigter:
gegen
Herrn
Beklagten,
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Busch u.a., Schafhausener Straße
38, 52525 Heinsberg,
hat das Amtsgericht Geilenkirchen
auf die mündliche Verhandlung vom 28.09.201 O
durch die Richterin Dr. Reiche
für R e c h t erkannt:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die
Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 120 % des
aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der
Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu
vollstreckenden Betrages leistet.
I. Tatbestand
Die Klägerin betreibt eine Autowerkstatt und begehrt die Zahlung von Werklohn. Das
Fahrzeug des Beklagten, das zuvor in der Werkstatt der Klägerin repariert worden war,
erlitt am 17.05.2009 einen Motorschaden und wurde am darauffolgenden Montag, dem
18.05.2009, in die Werkstatt der Beklagten verbracht. Am Montagabend teilte der
Mitarbeiter. der Klägerin, der Zeuge , dem Beklagten mit, dass ein Motorschaden
vorliege. Der Beklagte beauftragte die Klägerin mit der Reparatur des Motors. Von den
angefallenen Reparaturkosten beglich der Beklagte lediglich die
Verbrauchsmaterialkosten. Die hinter der Klägerin stehende Betriebshaftpflichtversicherung
gab auf der Grundlage des zum Schadenseintritt vom Beklagten geschilderten
Sachverhalts zunächst eine Kostenübernahmeerklärung ab, nach der Durchführung der
Reparatur und nach Begutachtung des Schadens durch einen Sachverständigen lehnte
die klägerische Haftpflichtversicherung ihre Eintrittspflicht ab.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 4.474,85 €nebst Zinsen hieraus in Höhe
von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.05.2009 sowie
vorgerichtliche Kosten in Höhe von 374,90 €zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte behauptet, er habe den Reparaturauftrag mit der Maßgabe erteilt, dass die
Kosten von der Klägerin zu tragen sind. Hierzu behauptet der Beklagte, der Zeuge 1
habe ihm in dem Telefonat am Montagabend mitgeteilt, dass es sich um einen
Haftpflichtfall handele und dass bereits ein Austauschmotor bestellt worden sei; der Zeuge
habe hinsichtlich der für die Reparatur anfallenden Kosten betont, der Beklagte
selbst müsse lediglich Verbrauchsmaterial in Höhe von ca. 200,– €zahlen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen Heinz
und Markus sowie durch Anhörung des Beklagten als Partei. Hinsichtlich
des genauen Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschriften vom
27.07.2010 und vom 28.09.2010 verwiesen.
In Ergänzung des Tatbestandes wird auf alle Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen
sowie auf alle sonstigen Aktenteile Bezug genommen.
II. Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
1.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung von 4.474,85 €gegen den Beklagten, § 631
BGB.
Zwar haben die Parteien unstreitig einen Werklohnvertrag geschlossen, § 631 BGB. Der
Beklagte hat am Abend des 18.05.2009 mit einem Mitarbeiter der Klägerin, dem Zeugen
telefoniert und den Auftrag zur Reparatur des Fahrzeugs erteilt; auch nach
seinem eigenen Vorbringen war der Beklagte mit einer Reparatur seines Fahrzeugs in der
Werkstatt der Klägerin einverstanden.
Grundsätzlich gilt bei einem Werklohnvertrag gern. § 632 Abs. 1 BGB eine Vergütung als
stillschweigend vereinbart, wenn die Herstellung des Werkes den Umständen nach nur
gegen eine Vergütung zu erwarten ist Bei der Reparatur eines Fahrzeugs in einer
Autowerkstatt ist regelmäßig davon auszugehen, dass die Reparatur vorn Besteller zu
bezahlen ist.
Vorliegend hat der Beklagte aber dargetan und den ihm obliegenden Beweis geführt, dass
zwischen den Parteien eine Unentgeltlichkeit der Reparatur vereinbart wurde. Aufgrund
der durchgeführten Beweisaufnahme durch uneidliche Vernehmung der Zeugen J
und sowie nach Anhörung des Beklagten als Partei steht zur sicheren
Überzeugung des Gerichtes fest, dass beide Parteien bei dem Telefonat am Abend des
18.05.2009 vom Vorliegen eines Haftpflichtfalles ausgingen und deshalb vereinbart haben,
dass der Beklagte lediglich zur Tragung der Kosten für die Verbrauchsmaterialien
verpflichtet sein sollte. Die Klägerin wurde bei dem Telefonat und damit bei den
Vertragsverhandlungen durch ihren Mitarbeiter Herrn Markus vertreten, § 164
BGB. Der Zeuge _ hat schlüssig und lebensnah berichtet, dass er den Angaben des
Beklagten zum Schadenseintritt geglaubt hatte und am Abend des 18.05.2009 absolut
davon überzeugt war, die Haftpflichtversicherung der Klägerin müsse für den Schaden
einstehen. Dass er Zweifel an dem Vorliegen eines Haftpflichtschadens gehabt hätte und
diese Zweifel gegenüber dem Beklagten artikuliert und den Beklagten darauf hingewiesen
hätte, dass die Frage des tatsächlichen Vorliegens eines Haftpflichtfalls und der
Eintrittsverpflichtung der Haftpflichtversicherung noch nicht abgeklärt war, hat der Zeuge
im Rahmen seiner detaillierten und. umfangreichen Schilderung des. Telefonates nicht
berichtet. Vielmehr wurde aufgrund der Aussage des Zeugen 1 deutlich, dass dieser
wegen des vermeintlich durch die Werkstatt der Klägerin verursachten Haftpflichtschadens
ein schlechtes Gewissen hatte und sich unter Druck gesetzt fühlte, weil der Beklagte das
Fahrzeug zeitnah für eine Urlaubsfahrt benötigte.
Aus der von der Klägerin vorgelegten Ablichtung der Auftragsliste vom 18.05.2010 (BI. 102
GA) geht nicht hervor, wann — vor oder nach dem Telefonat — der Motor bestellt wurde.
Der gern. § 448 ZPO persönlich vernommene Beklagte hat sehr lebensnah, flüssig und
ersichtlich auf eigener Erinnerung beruhend geschildert, dass er aufgrund der Angaben
des Zeugen in dem Telefonat am Montagabend fest davon ausging, es handele
sich um einen Haftpflichtfall und die Klägerin trage die Kosten der Reparatur. Die Aussage
des Beklagten erscheint besonders glaubhaft, weil dieser auch deutlich machte, dass es
ihm unangenehm war, dass der Zeuge ihn mit der für ihn günstigen
Kostenübernahme durch die Klägerin aufzog. Der von dem Beklagten, der seine Aussage
ansonsten eher nüchtern und ohne Ausschmückungen vorbrachte, wiedergegebene
Spruch des Zeugen “Da kommt der Mann, der den billigen Motor bekommt” und
die vom Beklagten geschilderte Reaktion hierauf waren äußerst lebensnah geschildert und
deshalb glaubhaft. Es ist bei lebensnaher Betrachtung der Gesamtumstände und
Würdigung der Aussagen des Zeugen und des Beklagten davon auszugehen,
dass der Zeuge und der Beklagte bei der Auftragserteilung am Abend des
18.05.2009 tatsächlich vereinbart hatten, dass die Reparaturkosten von der
Haftpflichtversicherung der Klägerin getragen werden sollten und der Beklagte lediglich die
anfallenden Verbrauchsmaterialkosten zahlen sollte.
2.
Mit dem Anspruch auf die Hauptforderung entfällt auch der Anspruch auf die als
Nebenforderung geltend gemachten vorgerichtlich angefallenen Rechtsanwaltskosten, §§
280 Abs. 2, 286, 249 ff. BGB.
3.
Weil die Klägerin mit ihrer Klage keinen Erfolg hatte, muss sie gern. § 91 ZPO die Kosten
des Rechtsstreits tragen.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus§§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Streitwert: 4.474,85 €.
Dr. Reiche