Bestreiten der Aktivlegitimation

Beitrag vom 18.03.2008:

Ich hasse es, dieses unsägliche Bestreiten der Aktivlegitimation des Klägers in Unfallsachen. Es scheint sich hierbei um einen Standardtextbaustein zu handeln, der vornehmlich von Kollegen benutzt wird, die für Versicherungen auftreten. Ich mache so was nur, wenn sich die fehlende Anspruchsberechtigung aufdrängt. Welch seltsame Blüten ein solcher Vortrag treiben kann, darf man in einer gerade bei mir eingegangenen Klageerwiderung lesen:

“Die Beklagten bestreiten mit Nichtwissen, dass der Kläger Eigentümer des Fahrzeugs ist. Die Buchstabenkombination auf dem Kennzeichen …. entspricht den Initialen der Ehefrau des Klägers. Die Beklagten gehen davon aus, dass die Ehefrau Eigentümerin des Fahrzeugs ist. Zumindest dürften aufgrund der Familienzugehörigkeit Miteigentumsrechte bestehen.”

Liebe Fachanwälte aus der Großstadt Frankfurt am Main: Der Gedanke mit den Initialen kann man nur als Schnapsidee bezeichnen. Genausowenig wie Eintragungen in den Fahrzeugpapieren die Eigentümerstellung belegen, hat das Fahrzeugkennzeichen irgendetwas damit zu tun. Und selbst wenn die Ehefrau des öfteren im Wohnwagen sitzt, wird sie noch lange nicht Miteigentümerin. Auch nicht nach 20 Jahren Ehe. Da fehlen wohl ein paar Basics aus dem Familienrecht.

Update 01.08.2008:

Vielleicht reicht in Zukunft auch der Hinweis auf § 1006 BGB und die hierzu ergangene Entscheidung des BGH vom 16.10.2003, Az. IX ZR 55/02.

Update 02.05.2013:

Mit dem Thema hat sich der Kollege RA Schauseil “Aktivlegitimation in VKU-Prozessen” in MDR 2012, S. 446 auseinandergesetzt.

Ferner ist darauf hinzuweisen, dass es auf das Eigentum gar nicht ankommt. Auch der Besitzer ohne Eigentum (Leasingnehmer) ist Verletzter i.S.d. § 7 Abs. 1 StVG und damit auch aus § 823 BGB aktivlegitimiert.

Update 29.12.2015:

In einem aktuellen Urteil findet das AG Heinsberg (Urteil vom 21.12.2015, Az. 18 C 308/15) deutliche Worte zum widersprüchlichen Verhalten eines Haftpflichtversicherers. Der Großteil der Ansprüche war gezahlt worden; streitig war noch ein Rest der Mietwagenkosten. Der Bevollmächtigte der Versicherung bestritt die Aktivlegitimation mit Nichtwissen. Hierzu das Amtsgericht:

“Die Klägerin ist Eigentümerin dieses Pkw. Die Beklagte hat zwar mit Schriftsatz vom 03.12.2015 mit Nichtwissen bestritten, dass die Klägerin zum Unfallzeitpunkt Eigentümerin des o.g. Pkw gewesen ist. Dieses Bestreiten ist jedoch offensichtlich allein deshalb erfolgt, weil die Streitverkündete, die Haftpflichtversicherung der Beklagten, die Eigentümerstellung der Klägerin mit Nichtwissen bestritten hat. Die Streitverkündete hat jedoch die Aktivlegitimation der Klägerin anerkannt, indem sie mit Schreiben vom 01.09.2015 den wesentlichen Teil der von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatzforderungen, nämlich Reparaturkosten, Sachverständigenkosten, Wertminderung und Kostenpauschale reguliert und an die Klägerin ausgezahlt hat. Da,ss sie jetzt die Aktivlegitimation der Klägerin bestreitet und die Beklagte sich diesem anschließt stellt ein widersprüchliches Verhalten dar, das in keiner Weise begründet worden ist und deshalb aufgrund eines Verstoßes gegen § 242 BGB rechtlich unerheblich ist.”

Download des Urteils

(C) Vorschaubild: Q.pictures  / pixelio.de

3 Kommentare

  1. LiKo Frese,

    die Unterlassung des Bestreitens ist risikoreich! Aufgrund der Sichersten-Weg-Rechtsprechung sehe ich es als zwingend an, die Aktivlegitimation mit Nichtwissen zu bestreiten – auch wenn ich eher ausnahmsweise die Passiv-Seite bei Unfällen vertrete.

    Stellen Sie sich vor, es stellt sich heraus, dass doch jemand anders Eigentümer ist (Leasinggeber, finanzierende Bank, das Fahrzeug finanzierender Onkel…) und Ihr Mandant/dessen Versicherung wird ein zweites Mal in Anspruch genommen.

  2. Die drehen OLG SAARBRÜCKEN vom 28.02.2013, 4 U 406/11-126 um:

    Eigentumsvermutung bei Vorführung eines beschädigten Kfz mit Wunsch-
    kennzeichen beim Sachverständigen – Unbrauchbares Schadensgutachten
    1.Für den Anspruchsteller spricht die Eigentumsvermutung aus § 1006
    I S.1 BGB
    , wenn er das mit Wunschkennzeichen versehene beschädigte
    Kfz einem Sachverständigen vorgeführt hat. Die Vermutung ist nicht
    widerlegt, wenn der Anspruchsgegner lediglich einwendet, Fremdfi-
    nanzierung oder Leasing seien nicht auszuschliessen, und der An-
    spruchsteller daraufhin nicht die Zulassungsbescheinigung Teil II
    (Kfz-Brief) vorlegt. 2.Zu den Anforderungen an den Beweis der Iden-
    tität des Unfallereignisses einerseits und der Unfallmanipulation
    andererseits, wenn das Fahrzeug des Anspruchstellers auf einem
    Parkplatz abgestellt war. 3.Ohne konkrete, vom Anspruchsgegner auf-
    zuzeigende Anhaltspunkte ist nicht anzunehmen, dass ein Dienstfahr-
    zeug bzw. Arbeitgeberfahrzeug zu Zwecken der Unfallmanipulation
    eingesetzt wird. 4.Informiert der Anspruchsteller den Haftpflicht-
    gutachter zumindest fahrlässig nicht über Vorschäden, sind die Kos-
    ten für das unbrauchbare Gutachten nicht zu ersetzen.

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