Das AG Erkelenz hat die DA Direkt Versicherung zu restlichem Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall verurteilt (Urteil vom 26.04.2016, Az. 14 C 305/15). Neben der Wertminderung handelt es sich um die Kosten einer Beilackierung sowie restliche Reparaturkosten, die wie üblich textbausteinartig von Kontrollexperten gekürzt wurden. Das Amtsgericht hat die Kosten der sachverständigen Stellungnahme nach der Kürzung der Beklagten zugesprochen. Außerdem enthält das Urteil interessante Ausführungen zur Geltendmachung von fiktivem Nutzungsausfall (den es ja nach den Textbausteinen diverser Versicherungen auch nicht geben soll…).
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Beglaubigte Abschrift (Telekopie gemäߧ 169 Abs. 3 ZPO)
Verkündet am 26.04.2016
14 c 305/15
AMTSGERICHT ERKELENZ
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
In dem Rechtsstreit
Klägers,
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Busch & Kollegen, Schafhausener Straße 38, 52525 Heinsberg,
gegen
die DA Deutsche Allgemeine Versicherung, vertreten durch den Vorstand, dieser vertreten durch den Vorsitzenden Norbert Wulff, Oberstedter Straße 14, 61440 Oberursel,
Beklagte,
Prozessbevollmächtigte:
hat das Amtsgericht Erkelenz
im schriftlichen Verfahren nach Sach- und Rechtslage am 15.04.2016
durch den Richter am Amtsgericht Foerster
für R e c h t erkannt:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.037,66 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 935,34 € seit dem 28.05.2015 und
aus weiteren 102,32 € seit dem 10.06.2015 zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von Rechtsvergütungsansprüchen der Rechtsanwälte Busch & Kollegen aus 52525 Heinsberg in Höhe restlicher 172,31 € freizustellen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger zu 33 % und der Beklagten zu 67 % auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Parteien dürfen die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 11 O % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn die andere Partei nicht vor der Vollstreckung in Höhe von 11O % des
jeweils zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet.
Tatbestand
Der Kläger macht gegen die Beklagte einen Anspruch auf restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall geltend, der sich am 11.04.2015 zwischen dem im Eigentum des Klägers stehenden PKW mit dem amtlichen Kennzeichen und einem bei der Beklagten haftpflichtversicherten PKW mit dem amtlichen Kennzeichen ereignete.
Der Kläger beauftragte hinsichtlich des an seinem Fahrzeug entstandenen Schadens den Gutachter , der in seinem Gutachten vom 16.04.2015 (BI. 5ff. GA) zu Reparaturkosten in Höhe von 4.994,39 € netto kam. Das Gutachten kostete 711,62 €.
Die Beklagte regulierte den Schaden zunächst gemäß Abrechnungsschreiben vom 08.05.2015 (BI. 51 f. GA) und zahlte auf die Reparaturkosten 4.038,21 €. Mit Anwaltsscheiben vom 20.05.2015 (BI. 53f. GA) forderte der Kläger die Beklagte unter Ansatz eines Gesamtschadens in Höhe von 6231,01 €, ausgehend von Nettoreparaturkosten in Höhe von 4.994,39 €, einer Wertminderung in Höhe von 200,00
€, Gutachterkosten in Höhe von 711,62 €, Nutzungsausfall für 5 Tage in Höhe von 295,00 € und einer Pauschale in Höhe von 30,00 €, abzüglich der Zahlung in Höhe von 4.038,21 € zur Zahlung von restlich 2.192,80 € nebst Rechtsanwaltsvergütung bis spätestens zum 27.05.2015 auf.
Aufgrund der Kürzungen seitens der Beklagte bezüglich der Reparaturkosten holte der Kläger eine weitere Stellungnahme seines Gutachters vom 01.06.2015 (BI. 43f. GA) ein, die ihm mit 102,32 € in Rechnung gestellt wurde (BI. 45 GA).
Mit Anwaltsscheiben vom 02.06.2015 (BI. 55f. GA) forderte der Kläger die Beklagte unter Berücksichtigung der vorgenannten weiteren Gutachtenkosten und einer weiteren Zahlung der Beklagten in Höhe von 711,62 € zur Zahlung von 1.583,52 nebst Rechtsanwaltsvergütung bis spätestens zum 09.06.2015 auf.
Daraufhin zahlte die Beklagte gemäß Abrechnungsschreiben vom 05.06.2015 (BI. 57 GA) nochmals 113,54 € auf die Kostenpauschale und auf die Rechtsanwaltsgebühren. Eine weitere Regulierung fand nicht statt.
Der Kläger behauptet, dass die vom Gutachter J ermittelten Reparaturkosten zutreffend seien. Die von der Beklagten vorgenommenen Kürzungen sei rechtswidrig. Insbesondere sei eine Beilackierung erforderlich. Darüber hinaus schulde die Beklagte die Erstattung einer Wertminderung, eines Nutzungsausfalls für 5 Tage a 59,00 € sowie der Kosten der gutachterlichen Stellungnahme. Sein Fahrzeug sei nach dem Verkehrsunfall nicht mehr verkehrssicher gewesen, so dass er Nutzungausfall für die voraussichtliche Reparaturdauer fordern könne. Während der Kläger die Wertminderung zunächst mit 200,00 € beziffert hat, fordert er zuletzt 300,00 €.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.553,52 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.05.2015 zu zahlen,
die Beklagte zu verurteilen, ihn von Rechtsvergütungsansprüchen der Rechtsanwälte Busch & Kollegen aus 52525 Heinsberg in Höhe restlicher 251,21 € freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, den klägerischen Schaden vollständig reguliert zu haben. Die Reparaturkosten seien mangels Notwendigkeit von Beilackierungs- und Achseinstellarbeiten und wegen überhöhter Kosten für eine neue Alufelge berechtigterweise gekürzt worden. Die Kosten der Stellungnahme des klägerischen Gutachters seien nicht zu erstatten. Die Stellungnahme habe auf Fehlern des Sachverständigen basiert; ein Ausgleich der Rechnung wird bestritten. Nutzungsausfall könne nicht fiktiv geltend gemacht werden; eine Reparatur und die Notwendigkeit einer Reparaturdauer von 5 Tagen werden bestritten. Die angesetzte Wertminderung sei deutlich überhöht.
Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 04.12.2015 (BI. 92f. GA). Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. vom 22.02.2016 (BI. 119ff. GA) verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien überreichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die tatsächlichen Feststellungen in den nachfolgenden Entscheidungsgründen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und in der Sache teilweise begründet.
Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf restlichen Schadensersatz in Höhe von 1.037,66 € gemäß § 115 Abs. 1, S. 1 Nr. 1 VVG i.V.m. §§ 823 BGB, 7, 18 StVG zu.
Die grundsätzliche Haftung der Beklagten in Hinblick auf den Verkehrsunfall vom 11.04.2015 steht zwischen den Parteien außer Streit.
Der Höhe nach hat der Kläger noch einen Anspruch auf restlichen Schadensersatz in Höhe von 1.037,66 €.
Ursprünglich konnte der Kläger die Erstattung eines Betrages in Höhe von 5.817,49 € verlangen, ausgehend von Nettoreparaturkosten in Höhe von 4.428,53 €, einer Wertminderung in Höhe von 250,00 €, Gutachterkosten in Höhe von 813,96 € (711,62 €+ 102,34 €), einer Nutzungsausfallentschädigung in Höhe von 295,00 € (5 x 59,00 €) und einer Auslagenpauschale in Höhe von 30,00 €. Abzüglich der Zahlungen der Beklagten in Höhe von 4.038,21 €, 711,62 €und 30,00 €steht noch ein Betrag in Höhe von 1.037,66 €zur Zahlung offen.
Dass sich vorliegend die Kosten zur Reparatur des unfallbedingten Schadens am klägerischen Fahrzeugs auf 4.428,53 € netto belaufen, steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts fest.
Der Sachverständige H s ist in seinem nachvollziehbaren und in sich stimmigen Gutachten vom 22.02.2016 zu Reparaturkosten in der genannten Höhe gekommen. Er hat sich dabei detailliert mit den streitigen Positionen auseinandergesetzt, nämlich einerseits der Frage der Notwendigkeit von Einstellarbeiten an den Achsen sowie Beilackierungsarbeiten an angrenzenden Teilen (Unterholm, Aufnahme Schlussleuchte) und angrenzenden Bauteilen (Tür vorne rechts) und andererseits der Frage der Kosten für die Alufelge hinten rechts. Den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen schließt sich das Gericht an.
Darüber hinaus kann der Kläger wegen einer Wertminderung seines beschädigten Fahrzeugs einen Betrag in Höhe von 250,00 €verlangen. Auch mit der Frage der Wertminderung hat sich der Sachverständige ausführlich auseinandergesetzt. Soweit der Sachverständige hier eine mögliche merkantile Wertminderung von 250,00 € bis 350,00 € nachvollziehbar gehalten hat, war jedoch nicht der Mittelwert, sondern zu Lasten des darlegungs- und beweisbelasteten Klägers nur der untere Wert, nämlich der Betrag in Höhe von 250,00 €, anzusetzen.
Neben den unstreitigen Gutachterkosten in Höhe von 711,62 € kann der Kläger auch die Erstattung der Kosten für die ergänzende gutachterliche Stellungnahme in Höhe von 102,34 € verlangen. Der Kläger war berechtigt, nach den seitens der Beklagten durchgeführten Kürzungen eine weitere Stellungnahme des von ihm eingeschalteten Gutachters einzuholen. Auf die Ausführung des Gutachterauftrags wie auf die Höhe der vom Gutachter in Rechnung gestellten Kosten hat der Kläger keinen Einfluss. Etwaige Fehler des Gutachters sind dem Kläger nicht zuzurechnen.
Der Kläger hat ferner einen Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung in Höhe von 295,00 €gemäß § 251 BGB. Im Falle der Beschädigung eines privat genutzten Kraftfahrzeugs kann ein Geschädigter Nutzungsausfallentschädigung für den Verlust der Gebrauchsmöglichkeit verlangen, auch wenn er keine besonderen Aufwendungen zur Überbrückung der ausgefallenen Nutzungsmöglichkeiten, wie insbesondere Mietwagenkosten, getätigt hat. Regelmäßig ist jedenfalls für den Zeitraum einer Reparatur oder Ersatzbeschaffung Nutzungsausfallentschädigung zu leisten (vgl. OLG Düsseldorf NJW-RR 2008, 1711,1712 m.w.Nachw.).
Die Anspruchsvoraussetzungen einer hypothetischen Nutzungsmöglichkeit und eines entsprechenden Nutzungswillen des Klägers sind vorliegend erfüllt. Nach ständiger Rechtsprechung des Oberlandesgericht Düsseldorf, der sich das Gericht anschließt, spricht bei einer Privatperson eine tatsächliche Vermutung dafür, dass sie ihr – unbegrenzt – zum Straßenverkehr zugelassenes Fahrzeug ständig nutzen will und somit auch während der unfallbedingten Ausfallzeit genutzt hätte (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 20.08.2007, Az.: 1 1 U 258/06 m.w.Nachw.).
Der Kläger kann Nutzungsentschädigung für die Dauer von 5 Tagen verlangen. Der Kläger kann Nutzungsentschädigung seit 11.04.2015 beanspruchen, denn das Fahrzeug war nach dem Unfall nicht mehr verkehrssicher, wie sich aus dem Gutachten J vom 16.04.2015 ergibt. Vor dem Hintergrund, dass das Fahrzeug laut Gutachten am 14.04.2015 in der Reparaturwerkstatt besichtigt wurde und im Gutachten eine voraussichtliche Reparaturdauer von 5 Tagen angeben wurde, ist der vom Kläger angesetzte Zeitraum nicht zu beanstanden.
Gegen die Höhe der angesetzten Nutzungsausfallentschädigung von 59,00 € pro Kalendertag hat die Beklagte keine Einwendungen erhoben.
Die vom Kläger angesetzte Kostenpauschale in Höhe von 30,00 € steht zwischen den Parteien außer Streit.
Die zugesprochenen Zinsen ergeben sich aus dem Gesichtspunkt des Verzugs.
Schließlich hat der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Freistellung von den durch die Inanspruchnahme seines Prozessvertreters entstandenen Anwaltskosten in Höhe von 172,31 €. Der auf§ 115 Abs. 1, S. 1 Nr. 1 VVG i.V.m. §§ 823 BGB, 7, 18 StVG beruhende Schadensersatzanspruch des Klägers erstreckt sich auch auf die im Rahmen der vorprozessualen Rechtsverfolgung entstandenen Anwaltskosten, soweit sie nach der berechtigten Ersatzforderung angefallen sind. Hier war zum Zeitpunkt der Einschaltung der Prozessvertreter des Klägers von einem nach dem unfallbedingten Schaden zu bemessenden Gegenstandswert in Höhe von 1.729,38 €auszugehen, so dass sich die Anwaltskosten ursprünglich auf 255,85 € beliefen. Abzüglich der Zahlung der Beklagten in Höhe von 83,54 besteht noch ein Freistellungsanspruch in Höhe von restlich 172,31 €.
Die Kostenentscheidung folgt aus§ 92 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung zu vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf§§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Streitwert: 1.553,52 €
Rechtsbehelfsbelehrung:
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Foerster