Auch AG Altena spricht Corona-Desinfektionskosten zu

Das AG Altena (Urteil vom 08.11.2021, Az. 2 C 210/21) hat die verklagte Versicherung auch zur Zahlung der Desinfektionskosten nach konkreter Abrechnung verurteilt. Ich manchen Landkreisen, die stark davon betroffen sind, sollte man es nicht auf Urteile ankommen lassen.

Hier gibt es das Urteil zum Download, Volltext unten.

Update 28.05.22: Das Amtsgericht hat seine Auffassung mit Urteil vom 20.05.2022, Az. 2 C 27/22, bekräftigt.


2 C 210/21

Amtsgericht Altena

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

In dem Rechtsstreit

Klägers;

Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt Jürgen Frese, Siemensstr. 12, 52525 Heinsberg,

gegen

die ADAC Autoversicherung AG, vertr.d.d. Vor~tand, Hansastr. 19, .80686 München,
Beklagte,

Prozessbevoll.mächtigter:· · Rechtsanwälte BLD Bach Langheid Dallrnayr, Theodor-Heuss-Ring 13-15, 50668 Köln,

hat das Amtsgericht Altena

im vereinfachten Verfahren gemäß § 495a ZPO ohne mündliche VerhandJung am 08.11.2021

durch den Richter am Amtsgericht Langerbein

für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt., an den Kläger 47,00 EUR (in Worten:
siebenundvierzig Euro) nebst Zinsen .in Höhe von 5 Prozentpunkten über
dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem .03.05.2021 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Ohne Tatbestand (gemäߧ 313a Abs. 1 ZPO): ·

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet.

Dem Kläger steht aufgrund des Verkehrsunfallereignisses vom 17:03.2021 ein
weiterer Schadensersatzanspruch i.H.v. 47 € für die noch nicht gezahlten Kosten für
die Desinfektion zur Überzeugung des Gerichts zu.

Die Haftung der Beklagten dem Grunde nach ist unstreitig.

Der Kläger als Geschädigter hat sein Fahrzeug durch die Werkstatt auf der
Grundlage des zuvor eingeholten Sachverständigengutachtens beauftragt und diese
dem Gutachten entsprechend reparieren lassen.

Mit Ausnahme der Kosten, die durch die Desinfektion entstanden sind, hat die
Beklagte sämtliche Schadenspositionen reguliert.

Erstattungsfähig sind die Kosten aller notwendigen Arbeiten, die im Rahmen der
Ausführung der Reparaturtour durchgeführt werden.

Die Kürzung der Beklagten erfolgte im vorliegenden Einzelfall zu Unrecht, denn zum
Zeitpunkt der Reparatur Ende im März 2021 wies der märkische Kreis eine hohe
Inzidenz auf. Der Märkische Kreis war stark von Corona betroffen, sodass die
Desinfektion unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls notwendig und
mithin· erstattungsfähig waren.

Die Kosten für die Durchführung einer Desinfektion von Fahrzeugbauteilen vor und
nach Ausführung von Reparaturarbeiten nach einer unfallbedingten Beschädigung
eines Pkws sind im vorliegenden Fall erstattungsfähig. Es ist weder für die
Mitarbeiter des Reparaturbetriebes noch für den Geschädigten zumutbar,
Reparaturarbeiten an dem Pkw durchzuführen zu lassen bzw. diese nach erfolgter
Nutzung wieder zu nutzen, ohne dass zuvor diejenigen Bauteile des Pkws desinfiziert
worden sind, die im Rahmen der Benutzung bzw. im Rahmen der Ausführung der
Reparaturarbeiten von dem Geschädigten bzw. den Mitarbeitern des
Reparaturbetriebs berührt worden sind .

Die Desinfektionsmaßnahme steht auch in einem ursächlichen Zusammenhang mit
dem streitgegenständlichen Verkehrsunfall. Allein aufgrund der unfallbedingten
Schäden ist die Ausführung von Reparaturmaßnahmen erforderlich, die .im
vorliegenden Einzelfall auch eine Desinfektion von Fahrzeugteilen beinhaltete.
Der Kläger als Geschädigter hat sein Fahrzeug durch die Werkstatt auf der
Grundlage des zuvor eingeholten Sachverständigengutachtens beauftragt und diese
dem Gutachten entsprechend reparieren lassen. Den Schädiger, dessen
Versicherung die Beklagte ist, trifft das Werkstattrisiko.

Erkenntnisquellen für den Kläger, dass die Desinfektionskosten nichterstattungsfähig
seien, gab es nicht.

Der Höhe nach besteht der Anspruch in der tenorierten Höhe.

Er setzt sich zusammen aus den Kosten für das Desinfektionsmittel i.H.v.·7,50 €
netto sowie zwei AW für die Fahrzeugdesinfektion i.H.v. 32 € netto, mithin brutto 47 €

Der Zinsanspruch rechtfertigt sich aus dem Verzug der Beklagten.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91 , 91 a ZPO .. ·

Die Entscheid?ng über die vofläufoge Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 11, ·
711 und 713 ZPO.

Der Streitwert wird auf 492,54 EUR festgesetzt.

Rechtsbehelfsbelehrung: […]