Der BGH wird demnächst Gelegenheit erhalten, zu der streitigen Frage Stellung zu nehmen, ob die mit Entscheidung vom 23.05.2006 (NJW 2006, 2179) angenommene 6-Monatsfrist bei fiktiver Abrechnung auch für solche Fälle gilt, bei denen der Geschädigte das Fahrzeug innerhalb der sog. “130 %-Grenze” sach- und fachgerecht instandsetzen läßt, ohne allerdings eine Reparaturrechnung vorzulegen.
Die Entscheidung des BGH hatte für erhebliche Unklarheiten gesorgt. Wie bereits hier dargestellt wurde, gibt es wohl bei Abrechnung unter Vorlage einer Rechnung weniger Probleme bzw. die Instanzgerichte tendieren hier dazu, dem Geschädigten die Reparaturkosten ohne Wartefrist zuzusprechen.
Das OLG Karlsruhe hat mit Urteil vom 19.01.2007 (Az. 10 U 149/06) entschieden, dass in dem eingangs geschilderten Fall eine 6-Monatsfrist einzuhalten sei. Der Geschädigte hatte das nach seinen Angaben in Eigenleistung sach- und fachgerecht instandgesetzte Fahrzeug nach 5 Monaten veräußert. Die Reparaturkosten lagen oberhalb des Wiederbeschaffungswerts. Das OLG ist der Auffassung, dass das Integritätsinteresse nicht gegeben sei. Dieses sei mit der Veräußerung vor Ablauf von 6 Monaten “aufgegeben” worden. Der vorliegende Fall sei dem gleichzustellen, den der BGH bei rein fiktiver Abrechnung angenommen habe.
Dem ist nicht zuzustimmen. Der Geschädigte hat – anders als in den rein fiktiv abgerechneten Fällen – erhebliche Investitionen in Form seiner Arbeitsleistung getätigt, um sein Fahrzeug wiederherzustellen. Damit hat er sein Integritätsinteresse nachgewiesen. Auf die spätere Veräußerung kommt es bei dieser Betrachtungsweise nicht mehr an. Sicherlich wird der Behauptung, die Reparatur sei sach- und fachgerecht geschehen, noch im Rahmen einer Beweisaufnahme nachzugehen sein. Aber es kann nicht richtig sein, dass der Geschädigte gezwungen wird, 6 Monate abzuwarten, bevor er das instandgesetzte Fahrzeug veräußert. Bei rein fiktiver Abrechnung kann dem zugestimmt werden, damit sich der Geschädigte nicht bereichern kann, indem er zunächst fiktiv abrechnet und das Fahrzeug dann veräußert. Auch mag man dem Geschädigten nur den Wiederbeschaffungsaufwand zubilligen, wenn er über den Verbleib des unfallbeschädigten Fahrzeugs keine Angaben macht, also insbesondere nicht, ob und zu welchem Preis er das Fahrzeug veräußert hat.
Möglicherweise wollte das OLG aber nur den Weg nach Karlsruhe ebnen; die Revision wird beim BGH unter dem Aktenzeichen VI ZR 56/07 geführt.
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