Nutzungsausfall fiktiv, Folge 367

Das Amtsgericht Heinsberg hat die Axa Versicherung auf der Grundlage seiner gefestigten Rechtsprechung zur Zahlung von fiktivem Nutzungsausfall verurteilt (Urteil vom 01.07.2019, Az. 18 C 29/19). Immerhin hat es die Axa in eine Beweisaufnahme geschafft, weil pauschal bestritten wurde, dass der Kläger kein anderes Fahrzeug zur Verfügung hatte. Also musste hierzu auch noch die Ehefrau befragt werden. Genutzt hat es der Versicherung nichts,

Leider ist keine Versicherung trotz Hinweises auf die eindeutige Rechtsprechung des hiesigen Amtsgerichts bereit, solchen Zahlungsverlangen Folge zu leisten. Als besonders beratungsresistent erweist sich hierbei die HUK, die immer wieder mit ihrem seit gefühlt 200 Jahren nicht überarbeiteten, schon immer falschen Textbaustein mit irgendwelchen Amtsgericht Pusemuckel-Urteilen kommt. Wer nicht hören will…….

Hier gibt es das Urteil zum Download, unten der Volltext.


18 C 29/19

Amtsgericht Heinsberg

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

In dem Rechtsstreit

Klägers,

Prozessbevollmächtigter:

Rechtsanwalt Frese, Jürgen, Siemensstraße
12, 52525 Heinsberg,

gegen

die AXA Versicherung AG, gesetzl. vertr.d.d. Vorstand, dieser vertr. d. d.
Vorsitzenden Dr. Alexander Vollert, Colonia Allee 10-20, 51067 Köln,

Beklagte,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Dr. Eick & Partner GbR,
Massenbergstraße 17, 44787 Bochum,

hat das Amtsgericht Heinsberg

im vereinfachten Verfahren gemäß § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung am
01.07.2019

durch die Richterin am Amtsgericht Lürkens
für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 406,00 € nebst Zinsen in
Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
19.01.2019 zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von
RechtsanwaItsvergütungsansprüchen des Herrn Rechtsanwalt
Jürgen Frese aus 52525 Heinsberg in Höhe restlicher 78,90 €
freizustellen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

(ohne Tatbestand gemäß § 313a ZPO)

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 406,00 € aus §§
7, I 7 StVG in Verbindung mit § 115 VVG.

Es ist unstreitig, dass der klägerische Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen
bei einem Verkehrsunfall vom 01.01.2019, der allein schuldhaft durch den
Fahrer des bei der Beklagten haftpfIichtversicherten Pkw mit dem amtlichen
Kennzeichen verursacht worden ist, beschädigt worden ist.

Der Höhe nach hat der Kläger gegen die Beklagte über die bereits regulierten
Schadensersatzpositionen hinaus auch einen Anspruch auf Zahlung einer
Nutzungsentschädigung in Höhe von 406,00 € .

Der Eigentümer eines privat genutzten Pkw, der die Möglichkeit zur Nutzung seines
Pkw einbüßt, hat nach ständiger Rechtsprechung auch dann einen
Schadensersatzanspruch, wenn er kein Ersatzfahrzeug anmietet. Die beruht auf der
Erwägung, dass der auf einen Mietwagen verzichtende vorsichtige und sparsame
Eigentümer nicht schlechter gestellt werden soll als derjenige, der ein Ersatzfahrzeug
mietet. Voraussetzung für die Ersatzpflicht ist ein Verlust der GebrauchsmögIichkeit
eines Pkw. Dieser ist vorliegend eingetreten. Es ist unstreitig, dass der klägerische
Pkw infolge der unfallbedingten Schäden nicht mehr fahrfähig und nicht mehr
verkehrssicher gewesen ist.

Weitere Anspruchsvoraussetzung ist eine fühlbare Beeinträchtigung der Nutzung.
Erforderlich sind Nutzungswille und hypothetische Nutzungsmöglichkeit.
Vorliegend hat der Kläger zwar nicht vorgetragen, dass er für seinen
unfallbeschädigten Pkw, der einen wirtschaftlichen Totalschaden erlitten hat, ein
Ersatzfahrzeug angeschaffi hat. Dies spricht jedoch nicht gegen einen
Nutzungswillen des Klägers. Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass
ohne Vorhandensein eines entsprechenden Nutzungswillens ein Pkw gar nicht erst
angeschaffl wird. Dass nach Beschädigung des mit entsprechendem Nutzungswillen
angeschaffien Pkw nicht alsbald ein Ersatzfahrzeug angeschaffi wird, kann
verschiedene Gründen haben und lässt daher nicht den Rückschluss zu, dass kein
Nutzungswille (mehr) besteht (so auch OLG Düsseldorf, Urteil vom 30. September
2002, Az. I U 43/02, Rn. 17, zit. nach juris und BGH, Urteil vom 10.06.2008, Az. VI
ZR 248/07, Rn 8, zit. nach juris).

Der Anspruch auf Zahlung einer NutzungsausfaIIentschädigung entfällt zwar auch,
wenn der Einsatz eines Zweitwagens möglich und zumutbar ist. Das Gericht hat
vorliegend nach Durchführung der Beweisaufnahme durch Einholung einer
schriftlichen Aussage der Zeugin Guna jedoch die Überzeugung gewonnen, dass
dem Kläger der Einsatz eines anderen Fahrzeugs nicht möglich gewesen ist. Die
Zeugin Guna hat zwar bekundet, dass dem Kläger und ihr noch ein weiteres Auto zur
Verfügung steht. Sie hat jedoch zugleich ausgeführt, dass dieses den ganzen Tag
über von ihr benötigt werde, da sie mit diesem zur Arbeit und zurück fahre. Dem
Kläger steht dieses Fahrzeug deshalb nicht zur Verfügung.

Es besteht deshalb ein Anspruch des Klägers auf Zahlung einer
Nutzungsentschädigung, und zwar für die voraussichtliche Dauer der
Wiederbeschaffung. Diese beträgt nach Angabe des Kfz-Sachverständigen Dipl.-lng.
in seinem Gutachten vom 04.01.2019 ca. 14 Kalendertage. Pro Tag
besteht ein Anspruch auf Zahlung eines Betrags von 29,00 € (Fahrzeuggruppe B).
Der klägerische Pkw Renault Megane 1,4 RXE ist grundsätzlich in Fahrzeuggruppe E
einzustufen. Der Pkw ist jedoch am 16.10.2000 erstmals zugelassen worden und
daher im Unfallzeitpunkt ca. 18,5 Jahre alt gewesen. Es ist nach ständiger
Rechtsprechnung bei der Bemessung der Nutzungsentschädigung nach jeweils 5
Jahren eine Herabstufung um eine Gruppe vorzunehmen, so dass vorliegend ein
Anspruch auf Zahlung einer NutzungsausfaIIentschädigung nach der Gruppe B und
damit in Höhe eines Betrags von 29,00 € pro Kalendertag besteht. Damit ergibt sich
eine Forderung von 406,00 € ‘ (14 Tage * 29,00 € /T ag).

Die Zinsforderung ergibt sich aus §§ 286, 288 BGB. Der Kläger hat die Beklagte mit
anwaltlichem Schreiben vom 04.01.2019 unter Fristsetzung bis zum 18.01.2019
erfolglos zur Zahlung aufgefordert.

Zudem hat der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Freistellung von
weiteren vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten von 78,90 € aus §§ 7, 17 StVG in
Verbindung mit § 115 VVG. Der Betrag von 78,90 € entspricht einer 1,3
Geschäftsgebühr nach einem Streitwert von 2.158,55 € , entsprechend der insgesamt
berechtigten Schadensersatzforderung des Klägers, zzgl. Auslagenpauschale und
Mwst. (§334,75 € ) sowie abzüglich des seitens der Beklagten regulierten Betrags von
255,85 € . Da der Kläger lediglich einen FreistelIungsanspruch geltend macht, ist das
Bestreiten eines Ausgleichs der Gebührenrechnung des nunmehrigen
Klägervertreters durch den Kläger rechtlich unerheblich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs.l ZPO; die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr.1 1, 713 ZPO.
Streitwert: 406,00 € .

Rechtsbehelfsbelehrung:
[…]

Lürkens