Ja, wenn man die eigenen Textbausteine nicht versteht, dann läuft es so fürchterlich wie aktuell in einem Fall mit der KRAVAG-Versicherung aus Hamburg. Abgesehen davon, dass man sich partout nicht an meine beiden unterschiedlichen Aktenzeichen für zwei Beteiligte gewöhnen kann, ist der Standpunkt zum Anspruch auf Erstattung des sog. Benzinrests schon bemerkenswert.
Der Mandant hatte einen Verkehrsunfall erlitten. Das Fahrzeug erlitt einen Totalschaden. Dem Mandanten wurde das erst durch die Übersendung des Sachverständigengutachtens klar, zumal er erst mit diesem Gutachten die Restwertangebote erhält. Bekanntlich dauert das ein paar Tage. Der Sachverständige hatte dankenswerterweise auch die Tankanzeige fotografiert. Der Tank des mit Super-Benzin betriebenen Motors war halbvoll. Entsprechend habe ich ca. 30 € für den Benzinrest geltend gemacht. Neben den weiteren Schadenspositionen habe ich auch die allgemeine Pauschale geltend gemacht.
Zusätzlich zum Restwert eines Totalschadens sind auch noch die in dem Fahrzeug befindlichen Benzinmengen zu ersetzen, da diese nicht Bestandteil der Restwertermittlung bzw. des Verkaufspreises sind. Der Reswert an Benzin ist ein erstattungsfähiger Schaden (LG Regensburg, NJW-RR 2004, S. 1474) . Das AG Charlottenburg (zfs 1989, S. 80) ist auch der Ansicht der Versicherungen entgegengetreten, dem Geschädigten sei es zuzumuten diesen Benzinrest abzulassen und umzufüllen.
Der KRAVAG hat sich eine – allerdings wenig intelligente – Argumentation einfallen lassen, um diese Position nicht zahlen zu müssen. Der Benzinrest sei in der Auslagenpauschale enthalten. Ich habe das zunächst für einen Versehen gehalten, so etwas zu schreiben. Nachdem ich höflich auf den Irrtum aufmerksam gemacht hatte, antwortete der KRAVAG dann zu meinem Erstaunen wie folgt:
“Die Kostenpauschale umfaßt nicht spezifizierbare Forderungen wie Telefonate, Porti, Fahrtkosten; aber auch andere Kosten (wie z.B. die Benzinkosten im Tankdes beschädigten Fahrzeugs….Wir sehen der konkreten Bezifferung und Belegung der Nebenkosten entgegen. Bis dahin bleibt es bei der üblichen Pauschale von 25,00 EUR.”
Wenn das wirklich stimmt, wieso werden dann nur 25,00 € gezahlt ? Wenn das wirklich stimmt, wieso werden dann nicht zusätzlich zum Benzinrest von 30,00 € Telefonkosten, Fahrtkosten gezahlt ? Da kommt man doch mit 25,00 € nicht hin….Rechnen scheint auch nicht die Stärke der Sachbearbeiterin zu sein.
Nutzungsausfall wurde auch nur für die Dauer der vom Sachverständigen geschätzten Wiederbeschaffungsdauer von 14 Tagen gezahlt. Der Mandant habe sofort erkennen können, dass es sich um einen Totalschaden handele und außerdem den Sachverständigen fragen können. Wenn – anwaltlich beraten – dies von unserem Mandanten nicht getan würde, sei dies ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht. So so, der Anwalt soll also – noch bevor er das Sachverständigengutachten Tage später erhält – Hellsehen betreiben. Wohl kaum.
Eine Prognose für die Zukunft kann ich allerdings abgeben: Der KRAVAG wird in Kürze verklagt werden. Wer es anders nicht lernen will…..
Update 19.08.2009: Die Klage ist erhoben, die Klageerwiderung liegt vor. Seitens der verklagten Versicherung wird argumentiert, dass es dem Geschädigten sehr wohl zuzumuten gewesen sei, den Benzinrest abzupumpen. Das hat mich zu folgenden Ausführungen veranlasst:
Wir haben zur Kenntnis genommen, dass die Beklagte meint, dem Kläger sei die Entnahme des Benzins möglich und/oder zumutbar gewesen. So etwas schreibt sich leicht, ist aber nicht in der Praxis umzusetzen. Außerdem – was soll denn der Kläger mit einem Kanister Benzin ? Er kann ihn schlecht an der Tankstelle in Zahlung geben.
Um das Benzin zu erhalten, hätte der Kläger von 52525 Heinsberg aus zum Abschleppunternehmen fahren müssen, entweder mit einem Miet-/Leihfahrzeug oder per Bahn/Bus. Allein diese Kosten übersteigen den Benzinrest bei weitem, wenn man bei einer Fahrtstrecke von ca. 160 km x 0,3 €/km = 48,00 € rechnet. Hierbei wird unterstellt, dass der Kläger die Arbeiten selber erledigt. Er müsste sich hierzu auch noch einen Benzinkanister kaufen, der mit mindestens weiteren 10-20,00 € zu bezahlen wäre. Gar nicht ansprechen wollen wir den Zeitverlust von mehreren Stunden.
Abgesehen davon sehen wir auch gar nicht ein, warum der Kläger sich dem lebensgefährlichen Risiko aussetzen soll, das Benzin abzuzapfen, irgendwo zu lagern, um es dann evtl. weiterverwenden zu können.
Sofern die Beklagte sich darauf beruft, es sei ja auch üblich, Audio-Anlagen oder ähnliches auszubauen, so werden hierfür entsprechende Kosten immer berechnet.
Das AG Erkelenz hat sich in seinem Urteil vom 10.03.2009, Az. 6 C 93/07, der hier vertretenen Auffassung einer Ersatzpflicht angeschlossen.