Unfallersatztarif in der täglichen Praxis

Ähnlich wie die diversen Entscheidungen des BGH zum Totalschaden bereitet auch die Rechtsprechung zum sog. “Unfallersatztarif” der Praxis erhebliche Schwierigkeiten bei der Umsetzung. Obwohl der BGH eine Art 3-Schritt-Prüfung favorisiert und ziemlich konsequent einhält (1. Stufe: Erforderlichkeit des Unfallersatztarifs, 2. Stufe: Zugänglichkeit eines anderen Tarifs, 3. Stufe: Überprüfung der Angemessenheit des Tarifs, ggf. richterliche Schätzung gem. § 287 ZPO), scheint die Praxis sich nur mit der 3. Stufe zu beschäftigen. In der hiesigen Gegend wird eine vom OLG Köln entwickelte Vorgehensweise (Urteil vom 02.03.2007, 19 U 181/06) praktiziert:

  1. Schätzgrundlage für Rechtsstreitigkeiten ist der Schwacke-Mietpreisspiegel im jeweiligen Postleitzahlengebiet
  2. Es gilt das Mittel des Normaltarifs, wobei der Grundtarif im PLZ-Gebiet zzgl. der jeweiligen Nebenkosten zu berücksichtigen ist; für den Mietpreisspiegel 2006 das “arithmetische Mittel des Normaltarifs”.
  3. Es sind 1-Tages-, 3-Tages- oder Wochenpauschalen anzuwenden, auch dann, wenn mit dem Geschädigten keine konkrete Vertragsdauer vereinbart ist.
  4. Zur Abgeltung der generell nicht infrage gestellten unfallbedingten Mehrleistungen erfolgt ein pauschaler Aufschlag in Höhe von 20% auf den Grundtarif.
  5. Grundsätzlich sind die Kosten für eine Teil – bzw. Vollkaskoversicherung erstattungsfähig, unabhängig davon, ob für das beschädigte Fahrzeug eine solche Versicherung vorliegt, weil ein schutzwürdiges Interesse der Geschädigten besteht, für die Kosten einer eventuellen Beschädigung des Mietfahrzeug – das in der Regel hochwertiger ist – nicht selbst aufkommen zu müssen.
  6. Das gilt auch dann, wenn diese Kosten beim Vermieter bereits in die Pauschalenmietsätze eingerechnet, aber nicht gesondert aufgeführt sind.
  7. Zusätzlich sind die Nebenkosten gemäß Schwacke – Automietpreisspiegel grundsätzlich erstattungsfähig, soweit diese Zusatzleistungen vertraglich vereinbart und erbracht sind.

Soweit ersichtlich, haben sich folgende hiesigen Gerichte dieser Rechtsprechung angeschlossen und erwarten in der Regel auch keinen Vortrag zur Erforderlichkeit oder fehlenden Zugänglichkeit zu einem Normal-Tarif, das heißt es kann direkt auf der Grundlage der Schwacke-Liste mit einem Aufschlag beziffert geklagt werden:

  • Amtsgericht Aachen (Urteile vom 14.6.2007 (15 C 192/07);  17.7.2007 (85 C 175/07);23.8.2007 (80 C 213/07); 3.9.2007 (10 C 186/07); 21.9.2007 (10 C 349/07); 5.10.2007 (11 C 309/07); 19.10.2007 (14 C 138/07); 11.01.2008 (84 C 321/07))
  • Amtsgericht Eschweiler, Urteil vom 26.7.2007 (24 C 136/07); 22.11.2007 (22 C 73/07); 23.11.2007 (24 C 290/07)
  • Amtsgericht Jülich, Urteil vom 3.9.2007 (4 C 118/07)
  • Amtsgericht Düren, Urteil vom 24.9.2007 (41 C 301/07)
  • Amtsgericht Geilenkirchen, Urteil vom 07.11.2007, Az. 2 C 248/07 und 2 C 391/07, Urteil vom 20.03.2008, Az. 2 C 391/07
  • Amtsgericht Erkelenz, Urteil vom 21.12.2007, Az. 14 C 543/07

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