Das Landgericht Mönchengladbach, 3. Kammer, hat mit Urteil vom 22.07.2009 die Württembergische Versicherung u.a. zur Zahlung von Mietwagenkosten auf der Basis der “Schwacke-Liste” 2006 verurteilt. Der Fraunhofer-Untersuchung wurde eine Absage erteilt, vor allem, weil sie zeitlich nicht einschlägig war (der Unfall ereignete sich in 2006, die Untersuchung stammt aus dem Jahre 2008) und außerdem entsprechend der Rechtsprechung des BGH die Relevanz nicht aufgezeigt wurde.
Der Schwacke-Liste ist als tragfähiger Schätzungsgrundlage der Vorzug zu geben. Der Tarif sei als objektiv erforderlich anzusehen, weil die Unfallgeschädigte zu einer Vorfinanzierung nicht in der Lage gewesen sei. Eine Berechnung kann nach Tages-, 3-Tages- und Wochenpauschale stattfinden. Sowohl die Nebenkosten (Vollkaskoversicherung, Zustellung, Winterreifen) seien erstattungsfähig als auch ein 20 %-iger Aufschlag.
Auch die 5. Kammer (=Berufungskammer) des LG Mönchengladbach wendet die Schwacke-Liste an.
Das Urteil enthält auch interessante Ausführungen zur Anwendung des Anscheinsbeweises, wenn es im Zusammenhang mit einem Spurwechsel auf der Autobahn zu einem Unfall unter Beteiligung des sich von hinten Nähernden kommt.
Die Entscheidung kann nachfolgend im Volltext gelesen oder hier heruntergeladen werden.
Verkündet am 22.07.2009
Leu
Justizbeschäftigte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
LG MÖNCHENGLADBACH
Im Namen des Volkes
URTEIL
In dem Rechtsstreit
1.
– Klägerin-
Prozeßbevollmächtigte: Rechtsanwälte Busch, Gottschalk &
Kollegen, Schafhausener Str. 38, 52525
Heinsberg,
2. der Autovermietung GmbH,
Rechtsanwälte Wenning, Hochkreuzallee 1,
53175 Bonn,
2. die Württenbergische Versicherung AG, Bezirksdirektion Köln, vertreten durch den
Vorstand, dieser vertreten durch den Vorsitzenden Dr. Wolfgangg Oehler, Riehler
Str. 36, 50668 Köln,
Prozeßbevollmächtigte: Rechtsanwälte Gebauer, Dahlmann,.Ludwig,
van Volxem, Friedrich-Wilhelm-Straße 80,47051 Duisburg,
hat die 3. Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach
im schriftlichen Verfahren am 17.07.2009
durch die Richterin Seidler als Einzelrichterin
für Recht erkannt:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die
Klägerin 4.891,06 € nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
14.04.2007 aus einem Betrag in Höhe von 4.691,06 € und
seit dem 30.06.2007 aus einem Betrag von 200,00 € zu
zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten
gesamtschuldnerisch zu 85 % und die Klägerin zu 15 %. Die
Kosten der Streithilfe werden den Beklagten
gesamtschuldnerisch zu 88 % und der Streithelferin zu 12 %
auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Für die Klägerin jedoch
nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu
vollstreckenden Betrages. Die Klägerin darf die
Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 %
des aufgrund des Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages
abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung
Sicherheit in Höhe von, 110 % des jeweils zu vollstreckenden
Betrages leisten.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt Ersatz ihres materiellen und immateriellen Schadens aus einem
Verkehrsunfall, der sich am 19. März 2007 gegen 8.25 Uhr auf der Bundesautobahn
A46 im Bereich Mönchengladbach in Fahrtrichtung Neuss bei km 41,750 ereignet
hat, und an dem die Klägerin als Führerin und Halterin des PKW Peugeot 206,
amtliches Kennzeichen: , und der Beklagte zu 1. als Fahrer des bei der
Beklagten zu 2. hafipflichtversicherten PKW Nissan, amtliches Kennzeichen:
1963, beteiligt gewesen sind.
Zum angegebenen Zeitpunkt befuhr die Klägerin mit ihrem PKW den linken
Fahrstreifen der Autobahn; der Beklagte zu 1. befand sich mit seinem PKW auf dem
rechten Fahrstreifen. Um ein vor ihm befindliches langsameres Fahrzeug zu
überholen, scherte er auf die linke Fahrspur aus. Als er das andere Fahrzeug bereits o passiert hatte und wieder auf den rechten Fahrstreifen wechseln wollte, wurde er
seinerseits von dem PKW der Klägerin überholt, die mit ihrem PKW halb auf dem
unbefestigten Mittelstreifen, halb auf der Fahrbahn an ihm vorbeifuhr. Diese hatte die
Kontrolle über ihr Fahrzeug verloren, das sich anSChließend drehte und nach rechts
von der Fahrbahn abkam und die Böschung herabstürzte, wo es nach einer Drehung
auf der Fahrerseite liegen blieb. Der Beklagte zu 1. hielt sein Fahrzeug, das
unbeschädigt geblieben war, auf dem Seitenstreifen an.
Bei dem Unfall wurde die Klägerin verletzt; ihr PKW wurde erheblich beschädigt. Das
von ihr eingeholte Fahrzeuggutachten gelangte zu einem Wiederbeschaffungswert
von 8.725,00 € und einem Restwert von 2.400,00 €. In der Zeit vom 30. März bis
0) zum 10. April 2007 nahm die Klägerin ein Mietfahrzeug von der Streitverkündeten in
Anspruch, wofür ihr 1.636,19 € in Rechnung gestellt wurden. Dabei war ihr eine
Vorfinanzierung der Mietwagenkosten nicht möglich. Die Streitverkündete verzichtete
zudem auf eine Kaution und stundete die Rechnung. Weiterhin sind für Arztbesuche
in der Zeit davor bei Taxifahrten Kosten in Höhe von 44,00 € entstanden.
Die Beklagte zu 2. zahlte vorprozessual unter Zugrundelegung einer
Mithaftungsquote von 50 Prozent, ausgehend von einem Gesamtschaden von
8.514,10 €, an die Klägerin unmittelbar einen Betrag von 3.925,99 € sowie an die
Bank einen weiteren Betrag von 331,06 €. Dabei legte sie in
ihrem Abrechnungsschreiben vom 28. Juni 2007 (GA 50 f.) einen
Wiederbeschaffungswert von 8.725,00 € und einen Restwert von 2.400,00 €,
Mietwagenkosten von 858,65 €, Gutachterkosten von 791,45 €, An-/Abmeldekosten
kostenvon 44,00 €, eirieAuslagenpauschale von 25,00 €sowie ein
Schmerzensgeld von 400,00 € zugrunde.
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin Ersatz des restlichen materiellen Schadens.
Ursprünglich hat sie zudem ein Schmerzensgeld in Höhe von 800,00 € für
gerechtfertigt gehalten, jedoch im Laufe des Verfahrens diesen Betrag auf 400,00 €
herabgesetzt. Ferner verlangt sie Freistellung von der Zahlung ihrer
außergerichtlichen Anwaltsgebühren in Höhe von 775,64 €.
Die Klägerin beruft sich auf ein unvermeidbares Unfallereignis. Hierzu trägt sie vor,
dass der Beklagte zu 1. mit seinem PKW bei einer Geschwindigkeit von ca.
100 km/h auf einen vor ihm fahrenden langsameren LKW aufgefahren sei. Als sie
sich den Fahrzeugen mit einer Geschwindigkeit von ca. 130 km/h genähert und sich
schon fast neben dem Fahrzeug des Beklagten zu 1. befunden habe, sei dieser
ohne Benutzung des Fahrtrichtungsanzeigers und ohne Beachtung der doppelten
Rückschau für sie völlig unvorhersehbar vor ihr auf ihren Fahrstreifen ausgeschert.
Durch Abbremsen und Ausweichen nach links sei es ihr zwar noch gelungen, einen
Zusammenstoß zu vermeiden. Als sie nach links auf den unbefestigten Mittelstreifen
geraten sei, habe sie aber die Kontrolle über ihr Fahrzeug verloren.
Die Klägerin beantragt,
1. an sie 4.970,65 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten
über dem Basiszinssatz seit dem 14. April 2007 zu zahlen;
2. an sie ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes
Schmerzensgeld von mindestens 400,00 € nebst Zinsen in Höhe
von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
30. Juni 2007;
3. sie von Vergütungsansprüchen ihrer Prozeßbevollmächtigten in
Höhe von 775,64 € freizustellen.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Sie tragen vor, dass der Beklagte zu 1. auf dem rechten Fahrstreifen mit einer
Geschwindigkeit von knapp 100 bis 110 km/h gefahren sei. Um einen vor ihm
fahrenden langsameren PKS zu überholen, habe er sich zunächst durch Rückschau
in Innen- und Außenspiegel davon vergewissert, ob der zweite Fahrstreifen frei
gewesen sei, nachdem er festgestellt habe, dass die zweite Fahrspur “weiträumig
frei” gewesen sei, habe er geblinkt und nach erneutem Schulterblick zum Überholen
angesetzt. Als er den überholten PKW passiert und in ausreichendem Abstand
bereits zum Wiedereinordnen angesetzt habe, sei der Wagen der Klägerin, die
augenscheinlich den vorausfahrenden Verkehr nicht gehörig beobachtet und deshalb
zu spät bemerkt habe, an seiner linken Fahrzeugseite halb auf dem Grünstreifen,
halb auf der Fahrbahn mit einer Geschwindigkeit von deutlich über 130 km/h an ihm
“vorbeigeschossen”. Daraufhin habe er sogleich seine Fahrt verlangsamt und sei
nach rechts eingeschert, um sich aus dem Gefahrenbereich des schleudernden
gegnerischen Fahrzeugs zu bringen.
Die Kammer hat Beweis erhoben durch Vernehmung von Zeugen, Anhörung der
Unfallbeteiligten und Einholung eines Sachverständigengutachtens. Wegen des
Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Gutachten des öffentlich bestellten
und vereidigten Sachverständigen für Straßenverkehrsunfälle, Kfz-Schäden und
-Bewertung Dipl.-Ing. (TH) Hans J. Merdausl vom 2. Mai 2008 (GA 120 ff.) und
23. Oktober 2008 (GA 153 ff.) sowie die Sitzungsniederschrift über seine mündliche
Anhörung vom 27. Februar 2009 (GA 197 ff.) sowie die Sitzungsniederschrift über
die Vernehmung der Zeugen und Anhörung der beiden unfallbeteiligten Fahrer vom
18. Januar 2008 (GA 77 ff.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Klägerin kann von den Beklagten gemäß §§ 7 Abs. 1, 18 StVG, § 3 Nr. 1 und 2
PflVG als Schadensersatz Zahlung von noch 4.891,06 € verlangen.
Unstreitig ist bei dem streitgegensländlichenUnfallereignis das Fahrzeug der
Klägerin beschädigt worden (§ 7 Abs. 1 StVG).
2.
Das Ausschlußkriterium der höheren Gewalt (§ 7 Abs. 2 StVG), das gem. Art. 229
§ 5 EGBGB für schädigende Ereignisse gilt, die ab dem 31. Juli 2002 eingetreten
sind, wird von keiner Partei eingewandt und lässt sich auch dem dargestellten
Unfallgeschehen nicht entnehmen.
3.
Steht somit die grundsätzliche Haftung der Parteien fest, so hängt in ihrem
Verhältnis zueinander die Verpflichtung zum Schadenersatz sowie der Umfang des
zu leistenden Ersatzes gemäß § 17 Abs. 1 StVG von den Umständen, insbesondere
davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil
verursacht worden ist. Für das Maß der Verursachung ist ausschlaggebend, mit
welchem Grad von Wahrscheinlichkeit ein Umstand allgemein geeignet ist, Schäden
der vorliegenden Art herbeizuführen. Hierbei richtet sich die Schadensverteilung
auch nach dem Grad eines etwaigen Verschuldens eines Beteiligten. Jedoch können
im Rahmen dieser Abwägung zu Lasten einer Partei nur solche Tatsachen
berücksichtigt werden, auf die sich eine Partei beruft und die unstreitig oder
bewiesen sind. Im Rahmen der Beweislast sind die Grundsätze des Beweises des
ersten Anscheins zu beachten.
Die Abwägung führt dazu, dass die Beklagten für den entstandenen unfallbedingten
Schaden alleine haften.
4.
Der Unfall hat sich während eines vom Beklagten zu 1. ausgeführten
Überholvorgangs ereignet.
a)
Der Beklagte zu 1. ist unstreitig kurz vor dem Unfallgeschehen mit dem von ihm
geführten PKW von dem rechten Fahrstreifen zum Überholen des vor ihm fahrenden
Fahrzeugs auf den linken Fahrstreifen gewechselt. Der Überholvorgang war auch
!11 Nach seinem eigenen Vorbringen hatte der Beklagte zu 1., nachdem er das
überholte Fahrzeug passiert hatte, das Wiedereinscheren nach rechts gerade erst
eingeleitet, als die Klägerin an seiner linken Fahrzeugseite vorbeifuhr und vor ihm ins
Schleudern geriet. Damit stimmt die Aussage seiner Tochter, der Zeugin
überein, die angegeben hat, dass der Beklagte zu 1. den rechten Blinker gesetzt und
sich erst im Begriff befunden habe, wieder auf die rechte Fahrspur zu wechseln, als
die Klägerin an ihnen vorbeigefahren sei.
b)
Beim Überholen hatte der Beklagte zu 1. die in § 5 Abs. 3 StVO verlangten
besonderen Sorgfaltspflichten zu beachten; insbesondere hat sich der Überholende
so zu verhalten, dass eine Gefährdung des nachfolgenden Verkehrs ausgeschlossen
ist.
Wenn es auf der Autobahn beim Ausscheren vom rechten auf den linken
Fahrstreifen in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem
Fahrstreifenwechsel zu einer Kollision mit einem sich bislang auf der linken Spur
nähernden Fahrzeug kommt, spricht der Anscheinsbeweis dafür, dass der
ausscherende Fahrstreifenwechsler die an ihn zu stellenden hohen
Sorgfaltsanforderungen nicht beachtet hat (OLG Düsseldorf Schaden-Praxis 2003,
335; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 21. Juni 2007 – 12 U 2/0.7).
5.
Der Fahrstreifenwechsler ist jedoch nicht gehindert, den gegen ihn sprechenden
Beweis des ersten Anscheins zu widerlegen. Die Ausräumung des
Anscheinsbeweises erfordert, dass der von ihm Betroffene Tatsachen darlegt und
gegebenenfalls beweist, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines anderen
Ursachenverlaufs ergibt. Seine Haftung mindert sich oder kann gegebenenfalls
sogar ganz entfallen, wenn der herannahende Fahrzeugführer auf der Überholspur
wegen einer Überschreitung der Autobahn-Richtgeschwindigkeit (130 km/h) sich
außerstande setzt, unfallverhütend zu reagieren, oder genügend Zeit hat, sich auf
das Verhalten des Fahrstreifenwechslers einzustellen (OLG Düsseldorf a.a.O.; vgl.
auch KG VRS 100, 286; NZV 1998, 376). Wenn er den Anschein nicht widerlegt, hat
er den gesamten Schaden aus dem Verkehrsunfall zu tragen und zu ersetzen. Die
/I 1.1 ..J~~lriebsgef.i:!hL_cJ.~§g~gnerischen PKW tritt derngegenuber vollständig zurück (BGH 11 DAR 1984, 85; KG NZV 2002, 230; OLG Celle NJW-RR 2003, 1536; OLG
! Düsseldorf VersR 1983,40; OLG Hamm VRS 72, 344; Hentschel a.a.O., § 9 StVO
Rn. 52).
a)
Eine gesicherte Unfallrekonstruktion war dem Sachverständigen nicht möglich, da
Spuren der unfallbeteiligten Fahrzeuge, insbesondere Brems- und/oder
Schleuderspuren, sowie die FahrzeugendsteIlungen, die dem Sachverständigen als
Anknüpfungstatsachen für eine Rekonstruktion hätten dienen können, o messtechnisch nicht erfasst worden sind.
b)
Die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Unfallverlaufs lässt sich auch nicht
aufgrund der Angaben der unfallbeteiligten beiden Fahrzeugführer und der Aussage
der Zeugin mit der erforderlichen Sicherheit feststellen.
Allerdings haben der Beklagte zu 1. und seine Tochter, die Zeugin
weitgehend übereinstimmend geschildert, dass die linke Fahrspur frei gewesen sei,
als der Beklagte zu 1. unter Beachtung der besonderen Sorgfaltsanforderungen zum
Überholen ausgeschert sei. Erst als dieser nach Passieren des überholten
Fahrzeugs bereits zum Wechseln auf die rechte Fahrspur angesetzt habe, sei die
Klägerin mit ihrem PKW an ihrem Fahrzeug vorbeigefahren und vor ihnen ins
Schleudern gekommen.
Ob die Aussagen hinsichtlich der Einhaltung der besonderen Sorgfaltsanforderungen
durch den Beklagten zu 1. beim Ausscheren zum Überholen glaubhaft sind,
insbesondere die Zeugin die von ihrem Vater zu einem Arzttermin
gefahren wurde und sich während des Unfallgeschehens auf dem Beifahrersitz
befand, trotz ihrer beschriebenen Schmerzen im Arm sich so aufmerksam auf das
Verkehrsgeschehen und die Beachtung der Sorgfaltsanforderungen konzentriert hat,
dass sie diese in allen Einzelheiten wiedergeben konnte, kann dahinstehen.
/I -.-li ..
11 f
ihnen – e~~JlJeirlf3rn Abstand vol’150 m- ins Schleudern gekommen sei, nicht in
Einklang mit der vom Sachverständigen vorgenommenen Grenzbetrachtung unter
Zugrundelegung der Aussage des Zeugen , der bekundet hat, dass zwischen
der von ihm festgestellten Spur auf dem Mittelstreifen und der Endlage des
klägerischen Fahrzeugs im Grünbereich “sicherlich keine Entfernung von 100 bis
150 m” bestanden habe. Vielmehr wären nach den nachvollziehbaren Ausführungen
des Sachverständigen bei Zugrundelegung von gefahrenen Geschwindigkeiten des
Fahrzeuges der Klägerin von etwa 130 km/h und des Fahrzeuges der Beklagten von
etwa 100 km/h während des Überholens Endlage des klägerischen Fahrzeugs und
linksseitige Spuren im Mittelstreifen etwa 315 – 365 m voneinander entfernt
gewesen.
Ö Auch wenn der Zeuge erklärt hat, dass er keine genaue Erinnerung an die
Länge der Spuren gehabt habe, hat er sich nach sorgfältiger Erforschung seiner
vorhandenen Erinnerung an die Unfallsituation und die Spurenlage soweit festgelegt,
dass er die Endposition des Fahrzeugs der Klägerin auf eine wesentlich geringere
Entfernung festgelegt hat. Die Kammer hat keinen Zweifel an der Verlässlichkeit
dieser Angabe. Aufgrund der Erfahrung als Polizeibeamter mit Entfernungsangaben
schließt die Kammer beim Zeugen aus, dass er dabei einem wesentlichen Irrtum
unterlegen ist.
c)
Selbst wenn man aber – anders als die Kammer – davon ausgehen würde, dass die
• Entfernungsangabe des Zeugen die erst die vom Sachverständigen
vorgenommen obere Grenzbetrachtung ermöglicht hat, nicht verlässlich ist, wäre
nach den .nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen bei seiner
Anhörung überhaupt keine technische Beurteilung des Unfallablaufs möglich.
In diesem Fall stünden die Schilderung der Klägerin und die Schilderung des
Beklagten zu 1. einander gegenüber. Beide Unfallversionen wären nachvollziehbar;
beide Versionen technisch denkbar.
Da Unterschiede in der Glaubhaftigkeit der unfallbeteiligten Fahrer und der Zeugin
nicht feststellbar gewesen sind, vielmehr auf beiden Seiten das Interesse
am Ausgang des Verfahrens gleich zu bewerten ist und bei der Zeugin das
Näheverhältnis aufgrund ihrer Abstammung zum Beklagten zu 1. berücksichtigt
_11_/ __werc;!e’L’!lu~ ••~ware dieemsTh”fte M1iglichf(eitelrres anderen Unfatlablaufsnicht mit 1/ der erforderlichen Sicherheit nachgewiesen und die Beklagten insoweit beweisfällig
~ geblieben.
d)
Sorgfaltspflichtverletzungen der Klägerin sind nicht feststellbar, insbesondere nicht,
dass sie die Autobahn-Richtgeschwindigkeit (130 km/h) überschritten hat. Aber auch
eine Unachtsamkeit der Klägerin beim Befahren der Überholspur und eine
verspätete Reaktion auf den vom Beklagten zu 1. eingeleiteten Überholvorgang lässt
sich angesichts der vorstehenden Ausführungen und der widerstreitenden
Unfallschilderungen nicht feststellen .
.() e)
Damit haften die Beklagten allein für den entstandenen Schaden, da es ihnen nicht
. gelungen ist, den gegen sie sprechenden Anscheinsbeweis zu entkräften.
6.
Auf der Grundlage der vollständigen Haftung der Beklagten für das Unfallereignis
ergibt sich ein Schadensbetrag von 8.748,11 € zzgl. 400,00 € Schmerzensgeld, also
9.148,11 €. Abzüglich der vorgerichtlichen Zahlung von 4.257,05 € ergibt sich der
noch zu zahlende Betrag in Höhe von 4.891,06 €.
a)
Der von der Klägerin auf der Basis eines wirtschaftlichen Totalschadens geltend
gemachte Fahrzeugschaden in Höhe von 6.325,00 € (unter Zugrundelegung eines
Wiederbeschaffungswertes’in Höhe von 8.725,00 € abzüglich eines Restwertes von
2.400,00 €) steht zwischen den Parteien ebenso wenig im Streit wie die verlangten
Gutachterkosten in Höhe von 791,45 €, die An-/Abmeldekosten in Höhe von 70,00 €,
die Taxikosten in Höhe von 44,00 €, sowie ein Schmerzensgeld in Höhe von 400,00
€.
Die Kostenpauschale hat die Kammer mit den von den Beklagten zuerkannten 25,00
€ angesetzt, die bereits die ohne konkreten Nachweis der entstandenen
Aufwendungen üblicherweise zugebilligte Pauschale übersteigt.
II f
f)
€t
_~.._pie geltend -9~JI1Elc:henMietwagel1kostel1il1 Höhe von 1.636,19 € für 12 Tage
Anmmietdauer vom 30. März bis zum 10. April 2007 sind dagegen nur zum Teil
berechtigt, nämlich nur in Höhe von insgesamt 1.492,66 €.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (z. B. NZV 2006, 463;
Urt. v. 24.06.2008, Az. VI ZR 234/07, zitiert nach juris Rn. 14) kann der Geschädigte
vom Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer nach § 249 BGB als
erforderlichen Herstellungsaufwand den Ersatz derjenigen Mietwagen kosten
verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des
Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Der Geschädigte ist dabei
ebenso wie bei anderen Kosten der Wiederherstellung und ebenso wie in anderen
Fällen, in denen er die Schadensbeseitigung selbst vornimmt, nach dem
Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren
möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Das
bedeutet für den Bereich der Mietwagenkosten, dass er von mehreren auf dem
örtlich relevanten Markt – nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarifen für
die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs (innerhalb eines gewissen
Rahmens) grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis ersetzt verlangen kann.
Ausgangspunkt für die Betrachtung bildet der am Markt übliche Normaltarif. Nach
der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist es zulässig, zu dessen
Bestimmung in Ausübung tatrichterlichen Ermessens gemäß § 287 ZPO auf das
gewichtete Mittel Getzt Modus) des “Schwacke-Automietpreis-Spiegels” (im
folgenden: Schwacke-Liste) im Postleitzahlengebiet des Geschädigten
zurückzugreifen (BGH NZV 2006, 463; BGH NJW 2008, 1519; BGH Urt. v.
13.01.2009, Az. VI ZR 134/08, Rn 5; OLG Köln NZV 2007, 199).
aa)
Die Schwacke-Liste 2006 ist grundsätzlich eine geeignete Schätzgrundlage (Vgl. LG
Mönchengladbach, Urt. v. 14.10.2008, Az. 5 S 64/08, zitiert nach juris Rn. 9).
Erhebliche Einwendungen haben die Beklagten hiergegen nicht vorgetragen.
Einwendungen gegen die Grundlagen der Schadensbemessung sind nur dann
erheblich, wenn sie auf den konkreten Fall bezogen sind. Deshalb bedarf die
Eignung von Listen und Tabellen, die bei der Schadensschätzung Verwendung
finden können, nur dann der Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt
wird, dass geltend gemachte Mängel der betreffenden Schätzungsgrundlage sich auf
den entscheidenden Fall auswirken (Vgl. BGH NJW 2008, 1519). Das ist vorliegend
_1_-nicht der F-IDl _
13 i!iI fI
bb)
Entgegen der Ansicht der Beklagten war hier nicht auf die
“Frauenhofer-Untersuchung” zurückzugreifen. Denn die Erhebungen der Studie sind
für den vorliegenden Fall nicht repräsentativ. Während die Erhebungen des
Fraunhofer Instituts im Jahr 2008 erfolgt sind, hat sich das Unfallereignis bereits im
März 2007 ereignet. Die von den Beklagten vorgelegte Entscheidung des
Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 15. Mai 2009, Az. 14 U 175/08, rechtfertigt
insoweit keine andere Entscheidung. Denn, dass hinsichtlich der Mietwagenpreise
“seit 2006 eher von einer Preissteigerung auszugehen sein dürfte” beruht
letztendlich auf einer bloßen Vermutung.
cc)
Bei der Abrechnung der Mietwagenkosten sind die sich bei mehrtägiger Vermietung
ergebenden Reduzierungen nach der Schwacke-Liste nach Wochen-, 3-Tages- und
Tagespauschalen zu berücksichtigen anstelle einer Multiplikation des Tagessatzes
mit der Anzahl der Miettage (OLG Köln NZV 2007, 199).
Die von der Klägerin in Rechnung gestellten Nebenkosten (Vollkaskoversicherung,
Zustellung und Abholung, Winterreifen) sind gleichfalls’ erstattungsfähig und nach
der Nebenkostentabelle der Schwacke-Liste zu berechnen (OLG Köln NZV 2007,
199).
Anstatt im Wege der Vorteilsausgleichung ersparte Eigenaufwendungen abzuziehen,
ist von der Anmietung eines klassenkleineren Fahrzeuges auszugehen, hier der
Gruppe 3 nach der Schwacke-Liste.
dd)
Weiterhin ist im vorliegenden Fall ein pauschaler Aufschlag auf den so ermittelten
Normaltarif in Höhe von 20 % angemessen, um die Besonderheiten der Kosten und
Risiken des Unfallersatzfahrzeuggeschäfts im Vergleich zur “normalen”
Autovermietung angemessen zu berücksichtigen.
(1)
Ein sog. Unfallersatztarif ist dann ein ersatzfähiger Schaden im Sinne von § 249 Abs.
_l Bi
C
2 S :1BGBwenn dieser besondere Tarif im konkreten Fall objektiv oder subjektiv
erforderlich ist.
f!!J
Objektive Erforderlichkeit ist gegeben, wenn die Zusatzkosten des Tarifs mit
Rücksicht auf die Unfallsituation einen gegenüber dem Normaltarif höheren Preis
aus betriebswirtschaftlicher Sicht rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des
Vermieters beruhen, die durch die besondere Unfallsituation veranlasst und daher
zur Schadensbehebung erforderlich sind, zum Beispiel die Vorfinanzierung, das
Risiko eines Ausfalls mit der Ersatzforderung wegen falscher Bewertung der Anteile
am Unfallgeschehen durch den Kunden oder das Mietwagenunternehmen und
ähnliches (Vgl. BGH, Urt. v. 13.06.2006, Az. VI ZR 161/05, zitiert nach juris Rn. 8).
Die Darlegungs- und Beweislast für die Frage, ob der Aufschlag auf einen
günstigeren “Normaltarif’ wegen konkreter unfallbedingter Mehrleistungen des
Vermieters objektiv zur Wiederherstellung erforderlich war i.S. des § 249 BGB, trägt
dabei nach allgemeinen Grundsätzen des Beweisrechts der Geschädigte, da es sich
um Voraussetzungen für die Höhe seines Schadensersatzanspruchs handelt (Vgl.
BGH, NJW 2006, 1506, 1507).
Im vorliegenden Fall ist eine objektive Erforderlichkeit zu bejahen, da die Klägerin
unbestritten vorgetragen hat, nicht in der Lage gewesen zu sein, ein Mietfahrzeug
vorzufinanzieren sowie, dass die Streitverkündete auf Kaution verzichtet sowie die
Rechnung vorläufig gestundet habe.
Q Die Ermittlung der gerechtfertigten Erhöhung kann in Form eines pauschalen
Aufschlags auf den Normaltarif erfolgen, dessen Höhe wiederum der bei der
Schadensabrechnung besonders freigestellte Tatrichter gemäß § 287 ZPO schätzen
kann (BGH NJW 2006, 360, 361). Die Kammer veranschlagt den pauschalen
Aufschlag auf den Normaltarif hier mit 20 % und folgt damit der Rechtsprechung des
Oberlandesgerichts Köln (NZV 2007, 199 f.)
(2)
Nur ausnahmsweise ist nach § 254 BGB ein niedrigerer Schadensersatz zu leisten,
wenn feststeht, dass dem Geschädigten ein günstigerer “Normaltarif’ in der
konkreten Situation “ohne weiteres” zugänglich war (Vgl. BGH, Urt. v. 24.06.2008,
Az. VI ZR 234/07, zitiert nach jurls Rn 25 f.). Dies hat nach allgemeinen Grundsätzen
der Schädiger darzulegen und zu beweisen. Hierzu haben die Beklagten jedoch
ee)
Der erstattungsfähige Aufwand errechnet sich auf der Grundlage der vorstehenden
Ausführungen wie folgt:
1 x Wochenpreis
1 x 3 Tagespreis
2 x Tagespreis a 82,36 €
Zzgl. 20 % Mehraufwand
Zustellung und Abholung a je 25,00 €
1 x Wochenpreis Vollkaskoversicherung
1 x 3-Tagespreis Vollkaskoversicherung
2 x Tagespreis Vollkaskoversicherung
12 x Winterbereifung
Gesamt
467,50 €
255,00 €
164,72 €
177,44 €
50,00 €
108,00€
54,00 €
36,00 €
180,00€
1.492,66 €
7.
Vom Schadensersatz umfasst sind grundsätzlich auch die vorgerichtlich
entstandenen Anwaltskosten. Ausgehend von einem Schadensersatzanspruch
inklusive Schmerzensgeld in Höhe von 9.148,11 € beläuft sich die Vergütung, wie
klägerseits zutreffend berechnet, auf 775,64 €. Da eine Zahlung seitens der Klägerin
noch nicht erfolgt ist, kann sie nur Freistellung verlangen.
8.
Die Zinsentscheidung folgt aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 1 BGB. Die
Beklagten befinden sich seit dem 14.04.2007 mit der Schadensersatzzahlung und
seit dem 30.06.2007 mit der restlichen Schmerzensgeldzahlungin Höhe von 200,00
€ in Verzug, da sie vorgerichtlich mit Schreiben vom 30.03.2007 zur Zahlung des
materiellen Schadens bis zum 13.04.2007 und mit Schreiben vom 22.06.2007 mit
Fristsetzung bis zum 29.06.2009 zur Zahlung des Schmerzensgeldes aufgefordert
worden sind.
__1
I. Die Nebej1eoJ§’gheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1 S. 1, 100 Abs. 4, 101, 708 Nr.
11,709 S. 1, S. 2, 711 ZPO.
10.
Der Streitwert wird bis auf 6.000,00 € festgesetzt.
Im Verhältnis zur Streitverkündeten wird der Streitwert auf 1.206,86 € festgesetzt.
Vorstehende Ausfertigung wird der Klägerin zum Zwecke der Zwangsvollstreckung
e.rteilt.