BGH: 1,3-fache Geschäftsgebühr bei durchschnittlichem Verkehrsunfall und 20 % Toleranz

Beitrag vom 08.03.2011:

Nach einer Mitteilung der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im DAV hat der BGH entschieden, daß bei einem durchschnittlichen Verkehrsunfall die 1,3-fache Gebühr gem. Nr. 2400/2300 VV RVG nicht unbillig ist. Damit dürfte der seit Inkrafttreten des RVG bestehende, von den Versicherungen provozierte Streit zu den Akten gelegt werden dürfen. Ich kann mir wohl sehr gut vorstellen, daß nun der Streit beginnt, was denn ein “durchschnittlicher” Verkehrsunfall ist. Bis dahin sollte man fleißig alle Argumente sammeln, die die Ermessenskriterien des § 14 RVG ausfüllen. Für Mitglieder des DAV gibt es im Anwaltsforum einen schönen Beitrag zu diesem Thema.

Allerdings sollte man nicht davor zurückscheuen, auch einmal eine höhere Gebühr zu verlangen; ich nehme insbesondere den Angriff auf die 1,3-fache Gebühr zum Anlaß, von einer überdurchschnittlichen Angelegenheit auszugehen. Es ist verfehlt, jetzt nur noch pauschal eine 1,3-fache Gebühr anzusetzen.

Update 08.03.2011:

Der BGH hat im Urteil vom 13.1.2011, Az. IX ZR 110/10, in durchschnittlichen Rechtssachen als Regelgebühr den Ansatz einer 1,3-fachen Vergütung als berechtigt angesehen. Der Ansatz der 1,5-fachen Vergütung wurde vom BGH ebenfalls nicht beanstandet, weil dem Rechtsanwalt als sog. Toleranzgrenze ein Spielraum von 20 % zusteht. Hält sich ein Anwalt innerhalb dieser Grenze, ist die von ihm festgelegte Gebühr jedenfalls nicht im Sinne des § 14 Abs. 1 S. 4 RVG unbillig und vom ersatzpflichtigen Dritten hinzunehmen.

Update 11.01.2012:

Das OLG Celle verweigert dem BGH die Gefolgschaft:

“Ein Rechtsanwalt kann nur dann die Erhöhung der 1,3-fachen Geschäftsgebühr auf eine 1,5-fache Gebühr verlangen, wenn die Voraussetzungen von Nr. 2300 der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG vorliegen, d. h. die Tätigkeit umfänglich oder schwierig war. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, unterliegt der gerichtlichen Überprüfung.”

Quelle: juris

Update 29.05.2012:

Der VI. Zivilsenat hat in seinem Urteil vom 08.05.2012, Az. VI ZR 273/11, nicht beanstandet, dass bei einem durchschnittlichen Verkehrsunfall, der grundsätzlich den Ansatz einer 1,3-fachen Vergütung rechtfertigt, der Ansatz einer 1,5-fache Gebühr nicht unangemessen ist. Dem Anwalt stehe ein Toleranzbereich zu, der nicht überprüfbar sei. Den abweichenden obergerichtlichen Auffassungen der OLG Jena, Celle, Koblenz erteilte der BGH eine deutliche Absage. Da die Versicherungswirtschaft in beinahe allen Fällen die Schadenspositionen durch Kürzungen streitig stellt, ist die Abwicklung eines Verkehrsunfall mindestens durchschnittlich. Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn in Zukunft die 1,5-fache Gebühr angesetzt wird. Ausreden hiergegen gibt es nicht mehr, nachdem die obergerichtlichen Auffassungen verworfen wurden oder bezüglich der anderen Urteile frech behauptet wurde, diese beträfen nicht das Unfallrecht. Wahrscheinlich wird aber jetzt versucht, Unfallsachen als unterdurchschnittlich einzustufen.

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