HUK: Keine Verweisung bei unklarem Preis

Das Amtsgericht Heinsberg hat der Klage eines Geschädigten stattgegeben, der sich gegen die typische Kürzung der HUK-Coburg auf der Basis eines Prüfberichts und Verweisung auf eine andere Werkstatt in Erkelenz gewehrt hatte (Urteil vom 07.12.2022, Az. 19 C 161/22).

Diese Werkstatt berechnet die Lackierkosten mit einem anderen System (AZT). Das macht die sowieso schon fast nicht durchschaubare Kalkulation der Reparaturkosten im Prüfbericht überhaupt nicht nachvollziehbar.

Ich fordere daher schon seit langem, dass eine Verweisung nur dann zulässig ist, wenn ein verbindliches Angebot der angeblichen Verweiswerkstatt vorgelegt wird. Dann wäre nämlich auch endlich Schluss mit dem ständigen Ärgernis, dass die angegebenen Stundenverrechnungssätze teilweise gar nicht stimmen, UPE-Aufschläge (wie auch hier) unterschlagen werden usw.

Nachfolgend das Urteil im Volltext, Download ist hier möglich:


19 C 161/22

Amtsgericht Heinsberg

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

In dem Rechtsstreit

Klägers,

Prozessbevollmächtigter: Herr Rechtsanwalt Frese, Jürgen,
Siemensstraße 12, 52525 Heinsberg,

gegen


HUK-Coburg Allgemeine Versicherungs AG, vertreten durch den Vorstand,
d.vertr.d.d. Vorsitzenden Klaus-Jürgen Heitmann
, Bahnhofsplatz 1, 96442 Coburg,

Beklagte,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte BLD Bach Langheid
Theodor-Heuss-Ring 13-15, 50668 Köln,

hat das Amtsgericht Heinsberg
auf die mündliche Verhandlung vom 16.11.2022
durch den Richter am Amtsgericht Dr. Heinemann
für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 287,13 € nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der
Europäischen Zentralbank seit dem 11.07.2022 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Ohne Tatbestand (gemäß § 313a Abs. 1 ZPO).

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und begründet.

Dem Kläger stehen gem. §§ 7, 18 StVG, 115 VVG, 249 ff. BGB noch restliche
Schadenersatzansprüche in Höhe der tenorierten Summe zu.

Hinsichtlich der Sachverständigenkosten trug die Beklagte als Haftpflichtversicherin
der Schädigerin das Prognoserisiko. Vor diesem Hintergrund kam es nicht (mehr)
darauf an, ob der Gutachter gegenüber dem Kläger zur Geltendmachung
der einzelnen Positionen berechtigt war. Entscheidend war vielmehr, dass der Kläger
die Gutachterkosten gezahlt hat, ohne dass sich ihm als juristischem Laien eine
fehlende Grundlage für einzelne Rechnungspositionen geradezu hätte aufdrängen
müssen.

Soweit die Beklagte den Kläger auf eine kostengünstigere Reparatur in der Werkstatt
des Zeugen Ptes verwiesen hat, galt Folgendes:

Grundsätzlich ist es dem/der Schädigerin im Rahmen einer fiktiven Abrechnung
unbenommen, dem/der Geschädigten eine kostengünstigere aber gleichwertige
Reparaturalternative aufzuzeigen. Dass eine Reparatur im Betrieb der Firma P
letztlich günstiger ausfallen würde, als vom Privatgutachter kalkuliert, konnte
indes nicht festgestellt werden. Der Zeuge hat im Rahmen seiner Vernehmung die
von ihm verwendeten Kalkulationswege glaubhaft dargelegt. Einen daraus konkret
abzuleitenden Stundensatz hat er indes verneint. Vielmehr hat er dargetan, dass bei
der von ihm verwendeten Kalkulation des Lackiermaterials die Fläche einen
maßgeblichen Anteil hat. Vor diesem Hintergrund wäre ein Verweis auf die Firma
Pe als Referenzwerkstatt nur dann tauglich, wenn – wie es der Klägervertreter
bereits im Schriftsatz vom 23.9.2022 ausgeführt hat – die Lackierkosten dort komplett
neu kalkuliert würden. Dies ist indes nicht geschehen. Der Prüfbericht gab im Lichte
der vom Zeugen geschilderten Kalkulationsweise keinerlei Möglichkeiten, die
tatsächlich im Falle einer Reparatur entstehenden Kosten nachzuvollziehen.

Soweit die Beklagte auf den als Anl. B 1 vorgelegten Prüfbericht Bezug genommen
hat, war zu berücksichtigen, dass Grundlage der Klage die als Anl. K 5
vorgenommene Nachkalkulation des Privatgutachters war. Diese endete mit
Nettoreparaturkosten iHv. 2.858,55 €. Sie enthielt diverse der beanstandeten
Positionen nicht mehr, z.B. Verbringungskosten oder Desinfektionskosten. UPEAufschläge
werden auch in der benannten Referenzwerkstatt erhoben.

Der Klage war hiernach in vollem Umfang stattzugeben.

Die Nebenforderungen ergaben sich aus §§ 280, 286, 288 BGB; die
Nebenentscheidungen aus §§ 91, 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Der Streitwert wird auf 287,13 EUR festgesetzt.

Rechtsbehelfsbelehrung:

[…]

Dr. Heinemann

Verkündet am 07.12.2022