AG Geilenkirchen: Regulierungsfrist 2-3 Wochen

Das Amtsgericht Geilenkirchen hat mit Beschluss vom 13.5.2023 (Az. 2 C 29/23) die Kosten eines Rechtsstreits der verklagten niederländischen Versicherung auferlegt. Der Geschädigte hatte in den Niederlanden mit einem niederländischen Unfallbeteiligten einen unverschuldeten Unfall erlitten. Die Schadenregulierung wurde über das in Köln ansässige, einschlägigen Fachkreisen bekannte Regulierungsbüro durchzuführen versucht. Obwohl im 1. Anspruchsschreiben alle wesentlichen Daten (Eigentümerstellung, Vorsteuerabzugsberechtigung, Schadensersatzpositionen etc.) angesprochen wurden, antwortete dieses Büro mit einem nichtssagenden Formschreiben, in dem der Geschädigte aufgefordert wurde, zu seiner Eigentümerstellung, der Berechtigung zum Vorsteuerabzug usw. vorzutragen. Die Anfrage wurde sofort zurückgewiesen, da die entsprechenden Informationen bereits erteilt worden waren. Da auch trotz weitere Fristsetzung keine Zahlung erfolgte, erfolgte Klageerhebung (Unfall 26.12.2022, Klageerhebung 6.2.2023).

Das Gericht hat der Versicherung die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Interessant an der Begründung ist, dass das Gericht grundsätzlich von einer Regulierungsfrist von 2-3 Wochen im Standardfall ausgeht (obwohl der Unfall im Ausland stattfand!) und sinnlose Nachfragen beim Geschädigten den Eindruck vermitteln, man würde sein Begehren nicht ernst nehmen und daher zu einer kurzfristigen Klageerhebung berechtigen.

Die Entscheidung kann wie immer hier heruntergeladen werden und ist nachstehend im Volltext veröffentlicht.


2 C 29/23

Amtsgericht Geilenkirchen

Beschluss

In dem Rechtsstreit

Klägerin,

Prozessbevollmächtigter: Herr Rechtsanwalt Jürgen Frese,
Siemensstr. 12, 52525 Heinsberg,

gegen

Beklagte,

ZU-Bevollmächtigter:

hat das Amtsgericht Geilenkirchen
am 13.04.2023
durch die Richterin am Amtsgericht Mühleisen
beschlossen:

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt (§ 91a ZPO).

Der Streitwert wird auf 4.816,94 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Parteien haben den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt
erklärt.

Gemäß § 91a ZPO konnte demnach durch Beschluss, der keiner mündlichen
Verhandlung bedarf, über die Kosten des Verfahrens entschieden werden.
Unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes entspricht die
tenorierte Kostenfolge billigem Ermessen.

Nach dem bisherigen Vorbringen der Parteien bestehen an der ursprünglichen
Berechtigung der Klageforderung in der Hauptsache keine Bedenken. Es war daher
davon auszugehen, dass die beklagte Partei im Wesentlichen unterlegen wäre.
Unter Berücksichtigung der zwischen Fälligkeit und Erfüllung der Forderung
verstrichenen Zeit war Klageanlass gegeben.

Haftpflichtversicherern ist eine angemessene Regulierungsfrist einzuräumen, die
auch in einfach gelagerten Schadensfällen, je nach Umständen des Einzelfalls, 2-3
Wochen nicht unterschreiten sollte und unter Berücksichtigung der Umstände des
Einzelfalls zu bemessen ist. Zweifelsfrei ist die klägerseitig mit Schreiben vom
04.01.23 gesetzte Frist denkbar knapp bemessen. Dessen ungeachtet hat die
Beklagte indes durch ihr Verhalten im vorliegenden Fall nach diesseitiger Ansicht
Anlass zur Klage gegeben. Die Klägerseite hatte im anwaltlichen Schreiben vom
04.01.23 sämtliche maßgeblichen Punkte umfänglich adressiert. So ergibt sich neben
dem Vortrag zur Schadenhöhe auch Vortrag zur Aktivlegitimation, zur
Bevollmächtigung, zum Umfang der für das klägerische Fahrzeug bestehenden
Versicherung sowie zur Frage des Vorsteuerabzuges. Es ist der Klägerseite insoweit
zuzugeben, dass für die beklagtenseits gestellten Rückfragen bei sorgfältiger
Auseinandersetzung mit dem Aufforderungsschreiben schlicht kein Bedarf bestand.
Der Klägervertreter hat hierauf zudem unverzüglich repliziert und auf diesen
Umstand deutlich hingewiesen sowie mit weiterem Schreiben vom 19.01.2023
zudem die Klageerhebung ausdrücklich angekündigt. Eine Reaktion der Beklagten,
die eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem konkreten Fall, der Einstandspflicht
und/oder den geltend gemachten Schadenspositionen erkennen lässt und aus der für
die Klägerseite nunmehr verbindlich, plausibel und transparent erkennbar wird, wie
und gegebenenfalls mit welchem Ermittlungs- und Zeitbedarf die weitere Bearbeitung
des Haftpflichtfalles beim Versicherer erfolgt, erfolgte nicht. Dieses
Regulierungsverhalten kann von einem Geschädigten letztlich – nicht anders als das
gänzliche Ausbleiben einer Reaktion – nur dahingehend verstanden werden, dass auf
dem eingeschlagenen Weg keine substantielle Regulierung erwirkt werden kann.
Insoweit war im vorliegenden Fall bei ungeachtet der Auslandsberührung
überschaubarer Komplexität der im Raum stehenden Regulierungsfragen und ohne
sonstige, in der Sache begründete Umstände, die eine längere Regulierungsfrist
geboten erschienen ließen, ein Zeitraum von sechs Wochen bis zur Klageerhebung
ausreichend, die Klageerhebung zu diesem Zeitpunkt sicher zügig, indes keinesfalls
rechtsmissbräuchlich, wie beklagtenseits in den Raum gestellt. Die Beklagte hat
ihrerseits keine in der Sache liegenden Gründe dargetan, die eine Regulierung erst
nach Ablauf der zuletzt bis zum 26.01.23 gesetzten Frist begründen können. Dem
folgt die Kostenentscheidung zu Lasten der Beklagten.

Rechtsbehelfsbelehrung:

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