Beitrag vom 22.05.2012:
Das LG Aachen, Az. 8 O 29/11, hat mit Urteil vom 15.05.2012 einen KFZ-Händler zur Rücknahme eines gebrauchten Fahrzeugs unter Abzug einer Nutzungsentschädigung verurteilt. Das Fahrzeug war vor dem Verkauf fast drei Jahre lang als Fahrschulfahrzeug, allerdings nebenberuflich, genutzt worden. Hierüber klärte der Verkäufer nicht auf. In dieser Nutzung sah das Gericht einen Sachmangel. Es hat sich hierbei auf ältere Entscheidungen des OLG Köln (Urteil vom 29.05.1996, Az. 13 U 161/95 und vom 20.11.1998, Az. 19 U 53/98) gestützt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der unterlegene Verkäufer hat schon im Rechtsstreit im Angesicht der Niederlage angekündigt, diese Frage durch alle Instanzen klären zu lassen. Dies bleibt abzuwarten. Dann wird auch geklärt werden, ob das LG zu Recht die geltend gemachten Untersuchungs- und Rechtsanwaltskosten nicht zugesprochen hat. Das Gericht hat wohl angenommen, dass diese nur bei Vorliegen der Verzugsvoraussetzungen ersatzfähig seien, was aber nicht zutreffend sein dürfte.
Hier das Urteil:
Verkündet am 15.05.2012
Landgericht Aachen
Im Namen des VolkesUrteil
In dem Rechtsstreit
Klägerin,Rechtsanwälte Busch & Kollegen,
Schafhausener Straße 38, 52525 Heinsberg,gegen
Beklagte,
hat die 8. Zivilkammer des Landgerichts Aachen
im schriftlichen Verfahren mitSchriftsatzfrist bis zum 24.04.2012
durch den Richter Goldbach als Einzelrichter
für Recht erkannt:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin .11.190,38 € nebst
Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen
Basiszinssatz seit dem 16.02.2011 zu zahlen, Zug um Zug
gegen Rückgabe und Rückübereignung des Kraftfahrzeugs
BMW .118d, FahrgestellnummerWBAUG310XOPU11570.
. . Es wird festgestellt, dass sich di~ Beklagte mit der Rücknahme
· des Kraftfahrzeugs BMW 11 Sd, Fahrgestellnummer
in Verzug befindet.
Im Übrigen wird die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreites tragen die Klägerin zu 20% und
die Beklagte zu 80%.
Das Urteil ist vorläufig . vollstreckbar; für die Klägerin nur
gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu
vollstreckenden Betrages. Die Klägerin kann die Vollstreckung
durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des ·auf Grund·
des. Urteils vollstreckbaren _Betrages abwenden, wenn nicht die
Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in HQhe von 120%
des jeweils zu vollstreckenden Bettages leistet.Tatbestand
Die Klägerin erwarb von der Beklagten am 17.08:2010 einen gebrauchten BMW 118d
zu einem Kaufpreis von 13.950,- €. Das Fahrzeug hatte zum Zeitpunkt der Übergabe
eine Kilometerlaufleistung von 97 .258 km. Die Klägerin zahlte an die Beklagte einen
Betrag von 3.000,- €und finanzierte den restli~hen Kaufpreis über die Santander-Bank,
wobei es sich nicht um ein verbundenes Geschäft gehandelt hat. Das Fahrzeug wurde
der Klägerin am 20.08.2010 übergeben. Mit anwaltlichen S<::hreiben vom 16.09.201 O
wurden seitens der Klägerin Mängel gerügt und eine Frist zur Nachbesserung bis zum
23.09.2010 gesetzt Die Klägerin hat das Fahrzeug am 23.09.20120 dem ADAC im
Rahmen einer Gebrauchtwagenuntersuchung vorgeführt. Es sind insoweit Kosten in
Höhe von 108,- € angefallen. Mit Schreiben vom 13.10.2010 hat die Klägerin gegenüber
„ dem Beklagten den. Rücktritt vom Kaufilertrag erklärt. Das Fahrzeug wurde im Februar
2005 erstmals zugelassen und im März 2008 von der Firma , die das Fahrzeug
· von der Firma Auton:iobile erworben hatte, an die Beklagte veräußert. Der Zeuge
hat das Fahrzeug in den Jahren 2005 bis Ende 2007 u.a. 33 Monate lang als
Fahrschulwagen genutzt. Der Klägerin wurde im Rahmen der Vertragsverhandlungen
mitgeteilt, dass der Beklagten der Vorbesitzer, der Zeuge , nicht bekannt sei und die
Firma Automobile das Fahrzeug von diesem erworben hat. Die Beklagte hatte
keine Kenntnis von der Nutzuhg des streitgegenständlichen Pkw’s als Fahrschulwagen.
Die Klägerin behauptet, dass das Fahrzeug bei Übergabe_ mehrere Mängel aufgewiesen
habe. Der Keilrippenriemen sei zweimal – einmal kurz ·nach der Übergabe des
Fahrzeugs – abgesprungen. Aufgrund eines Defektes des Lenkradschlosses würde im
Cockpit eine Warnmeldung angezeigt. Die Gelenkköpfe seien mangelhaft und es ~abe
eine Beschädigung des Reifenprofils vorgelegen. Am 11.04.2011 habe das Fahrzeug .
eine Gesamtkilometerlaufleistung.Von 114.226 km gehabt.
Die Klägerin hat ursprünglich beantragt, den Beklagten zu verurteile·n, an die Klägerin
4.008,- € nebst Zinsen zu zahlen sowie an die Santander Bank in Mönchengladbach
weitere 10.050 €zu zahlen Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung. des
streitgegenständlichen BMW. Mit Schriftsatz . vom 08.03.2012 hat die Klägerin die
Klageanträge teilweise geändert, die Klage teilweise zurückgenommen und eine
Klageerweiterung vorgenommen. Die Beklagte hat der teilweisen Klagerücknahme
dadurch konkludent (vgl. hierzu Greger in: Zöller, ZPO, 29. Aufl., 2012, § 269 Rdnr. 15
m.w.N.) zugestimmt, dass sie im Schriftsatz 28.03.2012 Klageabweisung hinsichtlich
der Klageanträge gemäß Schriftsatz der Klägerin vom 08.03.2012 beantragt hat und
somit zu erkennen gegeben hat, dass auch sie nur diese Anträge als
streitgegenständlich ansieht.
Die Klägerin beantragt nunmehr,
die Beklagte zu verurteilen, an die ·Klägerin 12.942,- € nebst Zinsen in
Höhe von 8 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem
17.08.201.0 zu zahlen, Zug um Zug gegen ·Rückgabe und
Rückübereignung des .Kraftfahrzeugs BMW 118d, Fahrgestellnummer
die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin von außergerichtlichen
Rechtsanwaltsvergütungsansprüchen der Rechtsanwälte Busch u~d
Kollegen . aus 52525 Heinsberg in Höhe von 837 ,52 € nebst Zinsen in
Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem
21.10.2010 freizustellen sowie
festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs
seit dem 20.10.2010 in Verzug befindet.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, dass Mängel bei Übergabe des Fahrzeugs nicht vorhanden
. .
·gewesen seien. Der Zeuge habe den Wagen nur im Rahmen eines Nebenjobs als
Fahrschulwagen genutzt und der Wagen habe in dieser Eigenschaft nur ca. 28.500 km
zurückgelegt. Fahrschüler seien mit dem Wagen nur ca. 6.600 km, höchstens jedoch
15.000 km, gefahren. Der Klägerin sei die gewerbliche Nutzung des Fahrzeugs bewusst
gewesen, da ein Mehrwertsteuerausweis vorgelegen habe. Sie ist der Ansicht, dass die
nur vorübergehende Nutzung als Fahrschulwagen keinen Sachmangel darstelle.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten
Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist überwiegend begründet.
1.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 11 .190,38 €
gemäß §§ 346 Abs.1 , 323 Abs.1, 437 Nr.2, 433 BGB.
Die Klägerin ist wirksam von dem zwischen den Parteien geschlossenen Kaufvertrag
zurückgetreten, da das verkaufte Fahrzeug zum Zeitpunkt der Übergabe ~inen
Sachmangel i.S.d. § 434 Abs.1 S.2 Nr.2 BGB aufgewiesen hat. Nicht nur tatsächlich
vorliegender übermäßiger Verschleiß, sondern schon das Risiko erhöhten Verschleißes
durch eine besondere Art der Vornutzung kann einen Sachmangel begründen.
Voraussetzung hierfür ist eine atypische Vorbenutzung mit der der Käufer nicht rechnen
musste. Ob eine atypische Vorbenutzung des Fahrzeugs zu einer Beeinträchtigung
bzw. Wertminderung geführt hat und somit ein Sachmangel i.S.d. § 434 BGB vorliegt,
hängt von dem jeweiligen Einzelfall ab. Entscheidend ist dabei auf Kriterien wie z.B.
Alter, Fahrleistung, Art des Motors und Dauer der atypischen Vorbenutzung abzustellen
(vgl. OLG Köln, Urt. v .. 29.05.1996, Az.: 13 U 161/95 m.w.N. – zitiert nach juris).
Jedenfalls bei einem mehrjährigen Einsatz als Fahrschulwagen liegt ein Sachmangel
vor (vgl. OLG Köln, Urt. v. 20.11.1998, Az.: 19 U 53798 – zitiert nach juris). Auch
vorliegend ist unter Berücksichtigung des Einzelfalls von einem Sachmangel
auszugehen. Es ist unstreitig, dass der Wagen 33 Monate – mithin fast 3 Jahre – im
Rahmen eines Nebenjobs als Fahrschulwagen benutzt wurde. Dies stellt eine
erhebliche, langjährige Zeitspanne dar in der mit dem Fahrzeug ca. 95.000 km gefahren
worden sind. Bei der Bewertung ist es uherheblich, dass das Fahrzeug neben der
Nutzung als Fahrschulwagen auch privat genutzt wurde, da eine gewerbliche Nutzung
unstreitig über die gesamte Zeit erfolgte. Schon nach dem Vortrag der Beklagten hat 33
Monate lang eine regelmäßige Nutzung als Fahrschulwagen an den Wochenenden
stattgefunden, so dass es darauf wie viele Kilometer im Rahmen dieser Nutzung
zurückgelegte worden sind, nicht ankommt. Bei der Bewertung, ob eine Wertminderung
und somit auch ein Sachmangel eingetreten ist, ist weiter zu berücksichtigen, dass der
Wagen als Fahrschulwagen und gerade nicht als Taxi oder Mietwagen genutzt worden
ist. Hierbei ist zu bedenken, dass bei der Nutzung als Fahrschulwagen, anders als bei
der Nutzung als Mietwagen oder Taxi, Fahranfänger den Wagen fahren und hiermit
nach der allgemeinen Lebenserwartung eine erhöhte Abnutzung einhergeht.
Fahranfängern unterläuft beim Schalten öfters als einem geübten Fahrer ein Fehler und
auch das „Abwürgen” des Motors kommt häufiger vor. Darüber hinaus ist zu beachten,
dass bei einem Fahrschulwagen ein zusätzliches Gaspedal („Fahrschul-Doppelpedale”)
eingebaut werden muss und schon wegen des erfolgten Rückbaus ein merkantiler
Minderwert eintritt. Alleine die Nutzung als Fahrschulwagen führt dazu, dass das
Fahrzeug nicht zum Marktpreis eines privat genutzten Fahrzeugs erworben worden
wäre (vgl. OLG Köln, Urt. v. 11.05.1990, Az.: 3 U 212/89 – zitiert nach juris). Es liegt
somit vorliegend eine atypische Nutzung vor die einen Sachmangel begründet.
Eine Kenntnis der Klägerin gemäß § 442 BGB lag nicht vor. Soweit die Beklagte darauf
abstellt, dass ein Mehrwertsteuerausweis vorgelegen habe und es der Klägerin daher
bewusst gewesen sein muss, dass es sich um ein gewerblich genutztes Fahrzeug
gehandelt hat, kann dem nicht gefolgt werden. Von einer Privatperson, auch einer
solchen mit geschäftlicher Erfahrung, kann nicht erwartet werden, dass sie alleine aus
dem Umstand, dass ein Mehrwertsteuerausweis vorliegt, einen Rückschluss auf eirie
gewerbliche Nutzung zieht. Darüber hinaus kommt es für die Frage, ob ein Sachmangel
vorliegt, entscheidend auf die oben dargelegten Kriterien an. Ein Rückschluss darauf,
dass der Pkw zuvor 33 Monate als Fahrschulwagen genutzt wurde, ist aber gerade
nicht möglich gewesen. Zuletzt hatte die Beklagte selbst keine Kenntnis von der
Nutzung als Fahrschulwagen. Wenn aber ohne weiteres festzustellen war, dass eine
gewerbliche Nutzung erfolgt ist, so wäre es Aufgabe der Beklagten gewesen weitere
Informationen einzuholen und die Klägerin über die gewerbliche Nutzung aufzuklären,
da es sich ersichtlich um einen verkaufswesentlichen Umstand handelt (vgl. OLG Köln,
Urt. v. 20.11.1998, Az.: 19 U 53/98 m.w.N.).
Auf die Frage, ob das streitgegenständliche Fahrzeug auch aus anderen Gründen bei
Gefahrübergang mangelhaft gewesen, kommt es nicht an.
Eine Fristsetzung ist vorliegend gemäß § 326 Abs.5 BGB wegen der Unmöglichkeit der
Mängelbeseitigung entbehrlich (vgl. hierzu: OLG Hamm, Urt. v. 09.02.2012, Az.: 28 U
186/10 – zitiert nach juris).
Folge eines wirksamen Vertragsrücktritts ist, dass die wechselseitig empfangenen
Leistungen gemäß § 346 Abs.1 BGB an die Gegenseite zurückgewährt werden
müssen. Damit ist die Beklagte grundsätzlich verpflichtet, den Kaufpreis zurück zu
erstatten. Unstreitig hat die Klägerin den Kaufpreis. teilweise – unabhängig von der
Beklagten – bei der Santander Bank finanziert. Es hat sich aber· nicht um ein
verbundenes Geschäft gehandelt, so dass die Klägerin nunmehr Zahlung an sich
verlangen kann, da selbst eine Zahlung der Bank direkt an die Beklagte als Leistung der
Klägerin zu werten wäre (vgl. hierzu OLG Koblenz, Urt. v. 08.03.2007, Az.: 5 U 1518/06
– zitiert nach juris). Bezüglich des gezahlten Kaufpreises in Höhe von 13.950,- € ist
aber zu berücksichtigen, dass die Klägerin die von ihr gezogenen Nutzungen nach
deren Natur nicht herausgeben kann, so dass gemäߧ 346 Abs.2 Nr.1 BGB Wertersatz
zu leisten ist. Für die Pkw kann die Nutzungsentschädigung gemäß § 287 ZPO nach
der zu erwartenden Gesamtlaufleistung für je 1.000 km zu berechnen. Auszugehen ist
insoweit von einer linearen Wertschwundberechnung, wobei der Gebrauchsvorteil dem
Bruttokaufpreis multipliziert mit den gefahrenen Kilometer geteilt durch die mutmaßliche
Gesamtlaufleistung entspricht (vgl. OLG Frankfurt, Urt. v. 17.06.2010, Az.: 4W12/10;
OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.01.2008, Az.: 1 U 152/07 – jeweils zitiert nach juris). Im
vorliegenden Fall bedeutet dies, dass ein Abzug in Höhe von 2.759,62 €vorzunehmen
ist. Hierbei ist davon auszugehen, dass die Klägerin mit dem Fahrzeug 16.968 km
. (114.226 km – 97.258 km) gefahren ist. Den aktuellen Kilometerstand hat die Klägerin
– 7 –
substantiiert unter Vorlage eines Lichtbildes vorgetragen, so dass das pauschale
·; Bestreiten der Beklagten unbeachtlich ist. Bei dem hier verkauften Fahrzeug ist von
einer Laufleistung von 200.000 km .auszugehen, so dass die voraussichtliche
Restlaufleistung 85.774 km beträgt. Dies ergibt, dass ein Abzug in Höhe von 2.759,62 €
vorzunehmen ist (13.950,- € x 16.968 km : 85.774 km), so dass ein Anspruch in Höhe
von 11.190,38 €verbleibt.2.
Die Zinsentscheidung ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs.1 BGB. Eine weitergehende
Zinsforderung gemäß §§ 286 Abs.1, 288 Abs.1 BGB besteht nicht, da sich die Beklagte
mit der Rückzahlung des Kaufpreises nicht in Verzug befunden hat. Die Klägerin ist mit
anwaltlichem Schreiben vom 13.10.2010 vom Vertrag zurück getreten und hat der
Beklagten eine Frist mitgeteilt innerhalb derer die Bereitschaft zur Rückabwicklung des
Kaufvertrages mitzuteilen war. Nach Ablauf der Frist ist der Rückzahlungsanspruch
aber erst fällig gewesen. Eine anschließende verzugsbegründende Mahnung erfolgte
nicht. Die Beklagte hat nach ihrem eigenen Vortrag bei Abschluss des Kaufvertrages
als Privatperson gehandelt, so dass sich die Höhe des Zinssatzes aus § 288 Abs.1
BGB ergibt.Die Feststellungsklage ist im Hinblick auf die Zwangsvollstreckung (§§ 756, 765)
begründet. Die Klägerin hat mit dem Vortrag in der Klageschrift, sie begehre die
Rückabwicklung des Kaufvertrages unter Berücksichtigung ihres Klageantrages, der
u.a. die Rückgabe des Fahrzeuges beinhaltet, der Beklagten das Fahrzeug “wörtlich”
i.S.v. § 295 BGB angeboten. Die Beklagte hat das wörtliche Angebot abgelehnt, indem
sie in der Klageerwiderungsschrift die Auffassung vertreten hat, die Klägerin habe
keinen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages (vgl. LG Oldenburg, Urt. v.
01.02.2012, Az.: 6 0 2527/11 – zitiert nach juris).
4.
Die Klägerin hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von 108,- € gemäß
§§ 280 Abs.1, Abs.3, 284 BGB. Im Zeitpunkt der Beauftragung der Prüfung des
Wagens hat sich die Beklagte jedenfalls noch nicht in Verzug mit einer
Mängelbeseitigung befunden, da eine Frist bis zum 23.09.2010 gesetzt worden ist und
somit Verzug erst am 24.09.2010 eingetreten ist. Die Prüfung wurde aber bereits am
23.09.2010 in Auftrag gegeben. Die Überprüfung des Fahrzeugs ist auch unabhängig
von der Beschaffenheit als Fahrschulwagen gewesen, so dass eine Fristsetzung auch
nicht entbehrlich gewesen ist.5.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Freistellung von den
vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 837 ,52 € gemäß §§ 280 Abs.1,
Abs.2, 286 BGB, da sich die Beklagte bei Beauftragung des späteren
Prozessbevollmächtigten noch nicht in Verzug befunden hat. Auch ein Anspruch aus §
280 Abs.1 BGB· scheidet aus, da ein Verschulden des Beklagten nicht ersichtlich ist.
Der Beklagte konnte sich auf den Bericht des Sachverständigen Beaugrand verlassen,
so dass die Verschuldensvermutung bzgl. der behaupteten Mängel widerlegt ist.
Bezüglich der Nutzung als Fahrschulwagen hatte die Beklagte keine Kenntnis.
6.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf§§ 92, 269 Abs.4, 708 Nr.11, 709,
711 ZPO.
Streitwert: bis zum12.03.2012:
danach:
Goldbach
14.058,-€
13.942,-€”
Update 25.02.2013:
Das OLG Köln hat mit Urteil vom 19.02.2013, Az. 8 O 29/11, die Entscheidung des LG Aachen aufgehoben und die Klage abgewiesen. Nach der Beweisaufnahme stünde fest, dass das Fahrzeug nur in einem geringem Umfang (jedenfalls was gefahrene Kilometer angeht) als Fahrschulfahrzeug genutzt worden sei. Dies stehe dem Rücktrittsverlangen entgegen, da diese Benutzung nicht “erheblich” im Sinne des § 323 Abs.5 BGB sei.
Ich halte die Entscheidung des OLG nicht für zutreffend. Das LG hat lebensnah und verbraucherfreundlich entschieden. Das passiert halt, wenn Familienrechtssenate solche Streitigkeiten entscheiden.
Hier der Wortlaut der Entscheidung:
“I-14 U 15/12
8 0 29/11
Landgericht AachenVerkündet am 19.02.2013
OBERLANDESGERICHT KÖLN
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
In dem Rechtsstreit
Beklagten und Berufungsklägerin,
gegen
Klägerin und Berufungsbeklagte,
Rechtsanwälte Busch &Kollegen,
Schafhausener Straße 38, 52525 Heinsberg,
hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln
auf die mündliche Verhandlung vom 08.01.2013
durch den Richter am Oberlandesgericht Schlemm, den Richter am
Oberlandesgericht Thiesmeyer und die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Reimann
für Recht erkannt:Auf die Berufung der Beklagten wird das am 15. Mai 2012 verkündete
Urteil des Landgerichts Aachen – 80 F 29/11 LG Aachen – abgeändert.Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Am 17. August 2010 hatte die Klägerin von der Beklagten einen gebrauchten PKW
der Marke BMW, Typ 118 d, mit einer Laufleistung von 97.258 Kilometern zum Preis
von 13.950 €erworben. Bei der am 18. August 2010 durchgeführten Hauptuntersuchung
nach § 29 StVZO wurden keine Mängel festgestellt. Nachdem die Klägerin mit
anwaltlichem Schreiben vom 16. September 2010 das Abspringen eines Rippenriemens
von der Riemenscheibe bemängelt und eine Frist zu r Mangelbeseitigung bis
zum 23. September 2010 gesetzt hatte, führte sie das Fahrzeug am 23. September
2010 dem ADAC-Prüfzentrum in Aachen zur Untersuchung vor. Die im Untersuchungsprotokoll
aufgeführten Beanstandungen machte sie mit Anwaltsschreiben vom
28. September 2010 bei der Beklagten als zu beseitigende Mängel geltend. Mit
Schreiben vom 13. Oktober 2010 hat die Klägerin den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt.
Im vorliegenden Rechtsstreit hat die Klägerin ihr Rückabwicklungsverlangen zudem
darauf gestützt, dass der Wagen als Fahrschulwagen benutzt worden sei. Die Beklagte
hat das Vorhandensein von Mängeln zum Zeitpunkt der Übergabe bestritten.
Von der Nutzung als Fahrschulwagen habe sie keine Kenntnis gehabt, im Übrigen
sei diese Nutzung auch nur in geringem Umfang erfolgt.
Durch das angefochtene Urteil ist die Beklagte weitgehend antragsgemäß dahin verurteilt
worden, 11.190,38 €, das ist der Kaufpreis abzüglich einer Nutzungsentschädigung,
nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs zu zahlen. Ferner
ist festgestellt worden, dass die Beklagte sich mit der Rücknahme des Fahrzeugs in
Verzug befindet. In den Gründen ist ausgeführt, dass die Klägerin wegen der f\Jutzung
des Wagens als Fahrschulwagen zur Rückabwicklung des Vertrages berechtigt
sei. In dieser Nutzung, die über fast Jahre erfolgt sei, liege ein Mangel, auch wenn
der Wagen nur im Rahmen eines Nebenjobs als Fahrschulwagen gelaufen sei.
Immerhin sei in dem Zeitraum eine Strecke von etwa 95.000 km zurückgelegt worden.
Kenntnis von dieser Nutzung habe weder die Klägerin noch die Beklagte gehabt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil des Landgerichts
Bezug genommen.
II.
Die Berufung der Beklagten ist begründet, die Klage ist nicht begründet. Der Klägerin
steht kein Anspruch auf Rückabwicklung des. Kaufvertrages zu. Ein solcher Anspruch
nach§§ 346 Absatz 1, 437 Nr. 2, 440, 323 BG’B ist nur dann gegeben, wenn zum
Zeitpunkt des Gefahrübergangs ein zum Rücktritt berechtigender Mangel vorgelegen
hätte .
. Eine Sache ist frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte
Beschaffenheit hat, § 434 Absatz 1 Satz 1 BGB. Eine solche Beschaffenheitsvereinbarung
haben die Parteien im Kaufvertrag nicht getroffen. Die im Formularvertrag
vorgesehene Rubrik „Das Kraftfahrzeug wurde lt. Vorbesitzer als Taxi/Miet-/Fahrschulwagen
genutzt” ist weder bei ja noch bei nein angekreuzt. Ist eine Beschaffenheit
nicht vereinbart, ist die Sache gemäß § 434 Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 BGB frei von
Sachmängeln, wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit
aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer
nach der Art der Sache er\Aiarten kann.· Der Rücktritt ist nach§ 323 Absatz 5 Satz 2
BGB allerdings ausgeschlossen, wenn die Pflichtverletzung der nicht vertragsgemäßen
Erfüllung nur unerheblich ist.
Im vorliegenden Fall ist ein zum Rücktritt berechtigender Sachmangel nicht gegeben.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hat zwar eine Nutzung des gekauften
Fahrzeugs als Fahrschulwagen stattgefunden. Dabei kann im vorliegenden Rechtsstreit
offenbleiben, ob eine solche Nutzung aus technischer Sicht überhaupt die Beschaffenheit
des Fahrzeugs verändert und ob die auf dem PKW-Markt vorhandene
negative Einschätzung solcher Fahrzeuge nicht eher auf einer gefühlsmäßigen Abneigung
beruht (so Reinking/ Eggert, Der Autokauf, 11. Auflage,’Rdn. 3188). Mit dem
in der Rechtsprechung entschiedenen Fall, dass eine langjährige ununterbrochene
Nutzung als Fahrschulwagen einen Mangel der Kaufsache darstellt (vgl. Reinking/
Eggert a.a.0. Rdn. 3207 mit weiteren Nachweisen), ist der hier zu beurteilende
Sachverhalt nicht vergleichbar. Die Nutzung kann im vorliegenden Fall C:UJQftS.i.chls
ihres geringen Umfangs nicht als Mangel bezeichnet werden.
Der Zeuge hat bei seiner Vernehmung vor dem Senat glaubhaft geschildert, dass
er das Fahrzeug zwar als Fahrschulwagen gekauft habe, insbesondere wegen des
dadurch erheblich günstigeren Kaufpreises. Er sei aber fast ausschließlich zu seiner
Arbeitsstelle damit gefahren, was auch die relativ hohe Kilometerzahl erkläre. Er sei
nebenberuflich auch als Fahrlehrer an Wochenenden tätig gewesen. Der dazu benötigte
Wagen sei von der jeweiligen Fahrschule gestellt worden. Nur ganz ausnahmsweise
habe er gelegentlich auf seinem eigenen Wagen geschult. Es könnten vielleicht
5.000 km auf diese Nutzung entfallen sein, wenn überhaupt. Die von der Klägerin
behauptete langjährige, ununterbrochene Nutzung als Fahrschulwagen be-
stand danach nicht. Angesichts der gesamten Laufleistung von 98.000 km fällt die
geringfügige Nutzung als Fahrschulwagen nicht ins Gewicht.
Auch soweit die Klägerin ihr Rückabwicklungsverlangen auf eine Pflichtverletzung bei
Vertragsabschluss stützen will, ist ihre Klage nicht begründet. Die Beklagte traf keine
Verpflichtung darüber aufzuklären, dass sie das Fahrzeug nicht von dem zuletzt in
· den Fahrzeugpapieren eingetragenen Halter erworben hatte. Die von der Klägerin zitierte
Rechtsprechung (OLG Brandenburg v. 12.1.2011, zitiert nach juris; OLG Bremen
NJW 2003), 3713) betrifft Fallgestaltungen, in welchen der Verkäufer das Auto
von einem ihm nicht bekannten und nicht identifizierbaren ,,fliegenden Zwischenhändler”
erworben hatte. In’ einem solchen Fall besteht redlicher Weise eine Aufklärungspflicht,
weH der Verdacht naheliegt, dass eine Manipulation am Tachometer des
Fahrzeugs vorgenommen worden sein könnte und deshalb der abgelesene KilomE:’.terstand
wesentlich geringer als die tatsächliche Laufleistung sein könnte. Diese Fallgestaltung
liegt hier jedoch nicht vor. Die Zwischenhändler sind bekannt, die Kaufver- ·
träge sind vorgelegt. In einem solchen Fall besteht kein Grund von dem Verkäufer zu
verlangen, ungefragt sich darüber zu erklären, dass er den Wagen nicht von dem zuletzt
in den Papieren eingetragenen Halter erworben hat (so auch Rinking/Eggert,
a.a.O. Rdn. 3227 f).Die Angabe im Kaufvertrag, dass im Brief (gemeint wohl die Zulassungsbescheinigung
Teil II gemäߧ 12 FZV) nur ein Halter eingetragen ist, trifft zu und begründet
keine Haftung für den Umstand, dass es nicht eingetragene Zwischenerwerber gibt.
Soweit die Klägerin vorgerichtlich und in erster Instanz technische Mängel des Fahrzeugs
gerügt hatte, ist sie darauf in der Berufungsinstanz nicht mehr zurückgekommen.
Es ist schon aus diesem Grund davon auszugehen, dass es.sich allenfalls um
geringe Mängel handelt, die nach § 323 Absatz 5 Satz 2 BGB keine Rückabwicklung
des Vertrages rechtfertigen .Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Absatz 1 Satz 1, 708 Ziffer 10, 713 ZPO.
Streitwert: 12.190,38 €”