AG Erkelenz zu Anwaltskosten bei mehreren Geschädigten

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Auch das Amtsgericht Erkelenz (Urteil vom 13.09.2018, Az. 6 C 194/18) hält die Anwaltskosten sowohl für den Fahrzeugeigentümer als auch für den Insassen jeweils für erstattungsfähig. Erneut kassiert die VHV eine Niederlage zu dem Thema.

Das Urteil gibt es hier zum Download.


Hier der Volltext der Entscheidung:

6 C 194/18

Verkündet am 13.09.2018

Amtsgericht Erkelenz

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

In dem Rechtsstreit

Klägerin,

Prozessbevollmächtigte:

Rechtsanwälte Busch & Kollegen,
Schafhausener Straße 38, 52525 Heinsberg,

gegen

die VHV Allgemeine Versicherung AG, vertreten durch den Vorstand,
Constantinstraße 90, 30177 Hannover,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte BLD, Kaiserin-Augusta-Allee
104-106, 10553 Berlin,

Beklagte,

hat das Amtsgericht Erkelenz

im vereinfachten Verfahren gemäß § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung am
13.09.2018

durch die Richterin Lütke

für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 83,54 €nebst Zinsen i.H.v. 5
Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.06.2018
zu zahlen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Ohne Tatbestand (gemäߧ 313a Abs. 1 ZPO).

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte gemäß §§ 7 Abs. 1 StVG, 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG
einen Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten i.H.v. 83,54
€.

Die Haftung dem Grunde nach ist zwischen den Parteien unstreitig.

Ausgehend von einem Gegenstandswert von 290,00 € hat die Klägerin einen
Anspruch auf Erstattung von Rechtsanwaltsgebühren jedenfalls i.H.v. 83,54 € (1,3
Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VV RVG, Auslagen gemäß Nr. 7002 VV RVG und
Mehrwertsteuer nach Nr. 7008 VV RVG).

Es kann vorliegend dahinstehen, ob es sich bei der anwaltlichen Vertretung durch
den klägerischen Prozessbevollmächtigten der Klägerin sowie ihrem Sohn
gegenüber um eine Angelegenheit im Sinne des§ 7 RVG handelt.

Selbst wenn man nämlich der Argumentation der Beklagten folgen wollte, wonach es
sich bei der hier vorliegenden Geltendmachung einmal des in Person des Sohnes
der Klägerin eingetretenen Sachschadens und einmal des
Schmerzensgeldanspruchs der Klägerin um eine Angelegenheit handelt, besteht der
geltend gemachte Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Bei
Berücksichtigung einer Beauftragung des klägerischen Prozessbevollmächtigten
durch zwei Auftraggeber unter Zugrundelegung eines Gesamtgegenstandswerts von
bis zu 13.000,00 € hätte eine Erhöhung der Geschäftsgebühr auf eine 1 ,6 -fache
Gebühr erfolgen müssen (Nr. 1008 VV RVG). Unter diesem Gesichtspunkt ergäbe
sich dann ein Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von
insgesamt 1.173,82 €. Dieser Anspruch ist auch nicht durch Erfüllung,§ 362 BGB,
erloschen; hierauf hat die Beklagte nämlich lediglich 958, 19 €an den Sohn der
Klägerin, berechnet anhand einer 1,3 -fachen Geschäftsgebühr, gezahlt.

Dennoch ist der Prozessbevollmächtigte der Klägerin vorliegend nicht in derselben
Angelegenheit für die Klägerin und ihren Sohn tätig geworden, sodass eine
Streitwertaddition gemäß § 7 Abs. 1 RVG § 20 Abs. 1 RVG nicht erfolgt.
Anwaltliche Leistungen betreffen dann dieselbe Angelegenheit, wenn zwischen ihnen
ein innerer Zusammenhang besteht und sie nicht als auch der Zielsetzung so
weitgehend übereinstimmen, dass von einem einheitlichen Rahmen der anwaltlichen
Tätigkeit gesprochen werden kann (BGH, Urteil vom 2010, Az. VI ZR 152/09).
Maßgeblich bei der Beurteilung sind der Inhalt des erteilten Auftrages und die
Umstände des Einzelfalls.

Vorliegend wurde der klägerische Prozessbevollmächtigte auf Grundlage zweier
Vollmachten für die Klägerin und ihren Sohn tätig. Er legte zwei Aktenzeichen an und
korrespondierte mit der Beklagten in verschiedenen Briefen (vgl. auch AG Hannover,
Urteil vom 20.08.2011, Az. 26 C 3807/11 ). Gegenstand der Tätigkeit für den Sohn
war zudem die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen aufgrund der
Beschädigung des Fahrzeuges durch den Verkehrsunfall vom 05.02.2008 in
Hückelhoven. Hiervon abweichend machte er für die Klägerin
Schmerzensgeldansprüche gegenüber der Beklagten geltend. Darüber hinaus hätte
es der Klägerin freigestanden, einen weiteren Prozessbevollmächtigten zu
beauftragen, dessen Kosten die Beklagte ebenfalls hätte erstatten müssen
(vergleiche zu allem Vorstehenden AG Eschweiler, Urteil vom 16.08.2018, Az. 27 C
55/18).

Auf diesen eigenständigen und nicht nur in Gesamtgläubigerschaft mit ihrem Sohn
bestehenden Anspruch der Klägerin hat die Beklagte bislang keinerlei Zahlung
erbracht.

Die zugesprochenen Zinsen rechtfertigen sich unter dem Gesichtspunkt des
Verzugs, §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 BGB.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 Nr. 11, 711,
713 ZPO.

Der Streitwert wird auf 83,54 EUR festgesetzt.

Rechtsbehelfsbelehrung:
[…]

Lütke